FIFA 10

Eine Sportkarriere auf dem Bildschirm

News Roger

Es ist der Traum von vielen jungen PC-Freaks: Eine Karriere als Videogame-Spieler. Der Buchser Thomas Temperli hat es im Computer-Fussball weit gebracht – und jetzt sucht er Nachwuchs.

Wer oft am Computer spielt, der bewegt sich nicht, stopft Chips in sich rein, geht nicht arbeiten und ist nicht gesellschaftsfähig. – Falsch, sagt Thomas Temperli aus Buchs und tritt den Beweis an: Der 21-Jährige ist sportlich, achtet auf seine Ernährung und steht als Fitnesstrainer mit beiden Beinen im Berufsleben. Und gleichzeitig gehört er zu den ganz wenigen, die die Schweiz an internationalen Videospiel-Turnieren vertreten. Er ist einer der gefragtesten Schweizer E-Sportler.

Erst Ende Jahr war Temperli unter seinem Spielernamen «Janthana» an der Game-Weltmeisterschaft in Südkorea dabei. Und kam in seiner Disziplin, der Fifa-Fussballsimulation, als Team-Captain der Schweizer immerhin bis in die Viertelfinals. «Wenn du gut bist, dann kommst du schon herum», meint er. Fünf Tage hat er dort verbracht, die Reise zahlte der Schweizer E-Sports-Verband SESF, der die Teams unter Vertrag hat. Ob Sportsimulation oder Shooter-Game – für jedes Spiel eine schlagkräftige Spielertruppe.

«So ziemlich alles gewonnen»

Einst ist Temperli bei den Junioren von GC oder FC Zürich noch selbst auf dem Rasen gestanden. Heute bestehen seine Spieler aus PC-Pixeln. Warum? «Ich spielte während meiner Schulzeit ohnehin jeden Abend am PC oder an der Konsole», erinnert er sich. Auch in den Trainingslagern hatte stets einer der Fussballkollegen eine Spielkonsole dabei. «Zu meinen Hardcore-Gamer-Zeiten habe ich täglich sieben Stunden trainiert», sagt er. «Heute reichen mir 16 Stunden pro Woche, um mein Wettkampf-Niveau zu halten.»

2004 hat Thomas Temperli an der «Playstation»-Konsole die ersten Wettkämpfe in Internet-Ligen bestritten und – «ich habe so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gab». Es folgte ein fast kometenhafter Aufstieg in die noch jungen Sphären des E-Sports. Bereits Anfang 2006 wurde er ins Nationalteam berufen, mit dem er in demselben Jahr den grössen «Fussball-Game»-Erfolg der Schweiz erreichte: Den 4. Rang an der Weltmeisterschaft (World Cyber Games) im italienischen Monza.

Seine Buchser Wohnung, die er zusammen mit seiner Freundin bewohnt, sieht nicht aus, wie das Klischee es vermuten lässt. Hell und ordentlich wirkt die Einrichtung, einzig die Gamecontroller auf dem Pult und ein rotes Sponsoren-Shirt an der Stuhllehne lassen auf die E-Sport-Karriere schliessen. «Wir trainieren meist online», sagt Temperli. Die Fifa-Simulation wird eins-gegen-eins gespielt, wobei jeder Spieler eine Mannschaft steuert. Im Internet sucht er sich seine Herausforderer.

«Es braucht Fleiss und Ehrgeiz»

Heute ist «Janthana» beim Clan «Snogards Dragons» unter Vetrag. Viel Geld lässt sich dabei, zumindest in der Schweiz, nicht verdienen. «Ich bekomme aber regelmässig Headsets oder die Gamecontroller gesponsert», erklärt er. Der ganz grosse Teil der E-Sports-Welt wird durch Sponsoren finanziert, die ihre Werbung auf T-Shirts oder Werbeflächen an den einschlägigen Veranstaltungen platzieren können – vorwiegend handelt es sich dabei um Betriebe aus der Unterhaltungselektronik, die auf diese Weise ihr Zielpublikum erreichen.

Derzeit gilt Temperlis Augenmerk als Team-Captain vor allem dem Nachwuchs im Nationalteam. Kommt ein Bewerber in die engere Auswahl, lädt er ihn in die «Dell-Arena» nach Affoltern ein. «Ein grosser Raum, in dem wir alle PCs, Spiele und Server zur Verfügung haben.» Dort trifft man sich, kann Strategien besprechen und Tipps geben. Der Auftrag vom Verband: «Ich suche Spieler, die Ende 2010 an der Weltmeisterschaft den 4. Platz von 2006 toppen.»

Und dabei weiss Temperli genau, was er von einem künftigen Nationalspieler erwartet: «Es braucht sicher Trainingsfleiss und Ehrgeiz. Dann sollte er die Sache genug ernst nehmen und neben dem regelmässigen Online-Training auch an allen Offline-Tagen in der Dell-Arena teilnehmen.» Er teste die Zuverlässigkeit der Kandidaten mehrere Wochen, bevor er sich entscheide.

Herzlichen Dank an den Zürcher Unterländer

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