Fable 3

Was würdest du opfern, um Albion zu retten?

Test Benjamin Kratsch getestet auf Xbox 360

Wer „Fable 3“ in seine Konsole einlegt, fühlt sich ein bisschen wie in der eigenen, gerade frisch renovierten Wohnung. Du wachst auf, wankst schlaftrunken ins Bad und findest den Weg, ohne dir den kleinen Zeh an der fiesen Tischkante des Glastischs zu stossen – denn du weisst ja wo der fiese Glastisch steht.

„Fable 3“ fühlt sich im ersten Moment vertraut an, öffnet sich aber nach und nach und zeigt immer mehr und grossartige Neuerungen. Es ist so als würde sich die Studentenbruchbude von einst zum Designer-Appartement verwandeln. Und so ganz nebenbei klingt die schönste Geschichte aus den 5.1-Boxen, die je ein Rollenspiel erzählt hat. Episch, sinnlich, mitreissend, voller Gefühl und endlich, endlich mal ohne Schwarz-Weiss-Gut-und-Böse-Malerei. Eine Geschichte von einem Knaben oder einer Prinzessin (je nachdem wen ihr spielen wollt), der seinen Bruder König Logan herausfordert. Denn Logan ist König von Albion, ein Tyrann wie er im Buche steht. Er unterdrückt das Volk, presst immer höhere Steuern aus den leeren Bäuchen seiner Untertanen und tötet, wer sich widersetzt. Dein Ziel ist es eine Revolutionsarmee aufzustellen, Logan zu stürzen und selbst König zu werden. Aber nein, dort endet das Spiel nicht. Erst dann warten die grossen Aufgaben, doch dazu in Kürze mehr.

Jetzt erst mal rein ins Heldendrama von Sir Peter Molyneux. Das Spiel beginnt im Schloss zu Bowerstone. Ein kurzes Intro gibt den Ton und die Stimmung vor; wie alles im Game komplett deutsch und von sehr professionellen Sprechern vertont. In dem Renderfilmchen kämpft ein Huhn ums Überleben, soll erst geschlachtet werden, flüchtet sich dann aber im letzten Moment durch eine Gasse und eine Manufaktur der nun industriellen, mit Schornsteinen und Dreck

überzogenen Stadt. Herrlich und witzig. Im Hintergrund spricht Heldenmentorin und Zauberin Theresa, die Fans bereits aus dem letzen Teil kennen, von Lebenskampf, Revolution und dem Sinn des Seins. Das macht nachdenklich. Denn schon nach dem Intro zeigt sich, dass sich etwas geändert hat: Das hier ist nicht mehr so quietschbunt wie noch „Fable 2“, sondern wirkt weit düsterer. Schloss und die Stadt bilden einen starken Kontrast – wo im königlichen Garten schillernde Farben und bunte Kulissen von Prunk und Verschwendung erzählen, wirkt die Industriestadt Bowerstone matt, verblasst, farblos, hoffnungslos. Alles ist dreckig und siffig, Russ und Rauch hängen wie eine Dunstglocke über Bowerstone. Und damit gleich rein in die erste Mission, eine von vielen, die sehr nachdenklich macht und eine gewisse Tragik versprüht: Als die Arbeiter den Aufstand proben, lässt König Logan auf sie feuern. Der Prinz wirft sich in den Weg und Logan gibt euch die Wahl: Soll der Pöbel sterben … oder lieber eure wunderschöne Freundin Elise, mit ihrer lieblichen Stimme, die dir gerade noch einen zarten Kuss aufgedrückt hat?

Flucht und Heldengeburt
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Richtig oder falsch gibt es hier nicht, beides hat seine Folgen. Was folgt ist die Flucht durch die Geheimgänge und Abwasserkanäle von Bowerstone, die ziemlich clever als langgestrecktes Tutorial angelegt sind. Immer dabei sind Sir Walther, der Mentor und Zieh-Onkel des Prinzen und sein treu ergebener Butler Jasper, der urkomisch von John Cleese synchronisiert wird. „Mir deucht in diesem Etablissement wurde lange nicht mehr staub gewischt“, sagt er zu den Abwasserrohren. Seine chronische Angst vor Fledermäusen und das ständige Verstecken vor Gegnern quittiert er mit einem: „Das ist eine japanische Tarntechnik, zum Ablenken. Alles Taktik, aber davon verstehen sie ja nichts werter Sir Walther“. Die Sticheleien zwischen den beiden sind stellenweise urkomisch.  Anschliessend geht’s in die ersten Scharmützel mit hohlen Männern. Nein, das sind keine Hohlköpfe, sondern normale Skelettkrieger mit Axt, Schwert, Pfeil und Bogen. Bei der Steuerung vertraut Lionhead auf altbewährtes, setzt das Ganze aber deutlich zackiger und edler inszeniert um. Immer noch läuft der Blaublüter mit dem linken Stick, die X, Y- und B-Taste zücken Schwert, Axt oder Hammer, Gewehr und Pistole und aktivieren verschiedene Magiefähigkeiten vom 0815-Flammenball bis zum flammenden Inferno. Wir haben in München die meiste Zeit mit dem Gewehr um uns geballert, schon allein weil die Animationen so cool sind. Insbesondere mit einer weiblichen Heldin hat das fast schon etwas von Bayonetta, wenn die Lady über den Steg stolziert und locker leicht über den Rücken ein paar Gegner niederballert, die Bleispritze über dem Kopf herumwirbelt und aus der Hüfte Wölfe und hohle Menschen noch ein bisschen hohler macht.
Für ein Fable erstaunlich blutig fallen ausserdem die Finisher aus. Rast der Lebensbalken eines Gegners in den Keller, schmeisst sich der Held auf  seinen Rücken, macht einen Salto nach Vorn und rammt ihm die Klinge aus der Sprungbewegung direkt ins Herz.
Das Waffenarsenal dafür wächst und wächst: Schwerter, Hämmer, Keulen und Äxte. Dazu kommen Steinschloss- und Halbautomatikflinten und jede Menge Pistolen. Das sind zunächst Waffen von der Stange, wie sie jeder Händler verkauft. Doch du kannst sie zu etwas besonderem machen. Sprich: Je nachdem ob du gut oder böse handelst und welche Kreaturen du verdrischst, verändern sich deine Argumentationsverstärker. Sie beginnen zu leuchten oder finster zu funkeln, verschlanken oder werden breiter, tragen Verzierungen oder Kerben davon. Hinzu gesellen sich epische Waffen wie das Geisterjägergewehr, welches bei Nacht um bis zu 30 Prozent mehr Schaden macht. Oder sogar ein Hammer mit den Insignien von Sir Peter Molyneux- na da kann ja nichts mehr schief gehen.

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