Brut@l - Special

Retro-Action für Abgebrühte!

Artikel Video Ulrich Wimmeroth

Prozedural generierte Level, keine Lademöglichkeit von Speicherständen, Permadeath und eine Spielwelt aus ASCII-Zeichen. Klar, die Rede ist von dem Dungeon-Crawler "Rogue", das vor gut 35 Jahren entwickelt wurde und seitdem eine Vielzahl an Spielen inspirierte. Zum Beispiel "Diablo", "Enter the Gungeon", "The Binding of Isaac", "Spelunky". Und ja, auch das phänomenale "No Man´s Sky" weist einige Merkmale des – für Computerspiele – urzeitlichen Vorbildes auf.

Das schottische Entwicklerstudio Stormcloud Games belässt es bei ihrem Erstling "Brut@l" nicht bei ein paar Anleihen, sondern präsentiert gleich eine Neuinterpretation des genredefinierenden "Rogue". Und wenn ihr in die ganz klassisch aus ASCII-Zeichen bestehenden Dungeons eintaucht und euch 26 Stockwerke tief bis zum knackschweren Dungeon-Guardian durchackert, dann bekommt ihr dabei alle Bestandteile eines Rogue-likes geboten.

Ihr bekommt prozedual generierte Dungeons. Das bedeutet, die Kerker genannten Spielabschnitte, inklusive Gegenständen, Schätzen und Gegner, werden immer wieder neu erstellt. Gefällt euch ein Bereich allerdings besonders gut, könnt ihr euch die Nummer (Kern oder Seed genannt) am oberen linken Bildschirmrand merken. Wie auch bei "Minecraft" könnt ihr dann in den Bereich zurückkehren. Eure Helden können Fähigkeiten erlernen, Waffen anfertigen und diese mit Elementareffekten ausstatten und Getränke brauen. Und sterben. Sterben werdet ihr oft, denn nach dem eher zahmen Beginn, der euch in scheinbarer Sicherheit wiegt, wird es derbe.

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Die Gegner rücken euch in Massen zu Leibe und schon der kleinste Fehltritt oder schlecht getimte Sprung befördert euch ins digitale Nirvana. Und da bleibt ihr dank Permadeath auch. Es geht von ganz vorne wieder los. Mit gähnend leerem Inventar. Das war dann den Schotten von Stormcloud doch ein wenig zuviel des Retro-Guten und es gibt ein paar Erleichterungen. So könnt ihr durch Pausieren des Spiel euren Fortschritt speichern und an einem Altar eure gesammelten Punkte gegen ein Zusatzleben eintauschen. Achtung, bietet ihr den Göttern zuwenig von eurer Beute an, sind diese beleidigt, zerstören den Altar und ihr guckt Extraleben-technisch in die Röhre. Nein, einfach machen es die Entwickler euch nicht.

Immer noch interessiert? Prima! Dann könnt ihr eigentlich direkt loslegen und euch als Amazone, Krieger, Magier oder Ranger in den Kampf begeben. Für welche Figur ihr euch entscheidet, ist dabei noch nicht mal so wichtig. Zwar kann der Magier mit seinem Zauberstab aus sicherer Entfernung auf die Monster ballern, die Amazone mit Pfeil und Bogen umgehen, der Krieger dafür im Nahkampf ordentlich austeilen und auch deutlich mehr Schaden einstecken, aber im Verlauf könnt ihr mit jeder Figur nahezu alle Fertigkeiten erlernen, die passenden Waffen finden und immer weiter aufbessern. Das lässt die anfänglichen Unterschiede zwischen den Klassen verblassen.

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Sucht wirklich jeden Winkel der Kerkeretagen ab. Überall finden sich Gegenstände, die ihr zerstören könnt. Jeder kaputte Pott gibt Punkte und die braucht ihr, um euer Level zu erhöhen, oder wie erwähnt Extraleben zu erwerben. Ausserdem gibt es Blaupausen für neue Waffen, Sprüche mit denen ihr die Waffen verzaubern könnt und beispielweise Eis- oder Feuerelementarkräfte hinzufügt. Ihr könnt Tränke brauen, die Lebensenergie spenden oder giftig sind. Es gibt Schlüssel für Türen in verschlossene Abschnitte und möglicherweise ergiebige Schatztruhen. Und ihr findet hoffentlich genug Nahrungsmittel, denn das Spiel verfügt gemeinerweise auch noch über eine Hungeranzeige, die ihr nur durch reichhaltiges Essen wieder auffüllen könnt.

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Was sich noch in den ASCII-Labyrinthen befindet sind Fallen und Abgründe. Jeden Schritt, jeden Blick um eine Ecke, solltet ihr mit bedacht machen, sonst fallt ihr in einen Abgrund oder werdet von einer Explosion dahingerafft. Tod an allen Ecken. Und wir haben noch gar nicht über die Gegner gesprochen. Über Trolle, Zombies und Orcs, die euch nach dem Leben trachten. Jede Gattung hat ihre eigene Angriffstechnik, die ihr genau studieren solltet. Zwar könnt ihr nicht nur austeilen, sondern auch ausweichen, blocken und springen, aber jeder neue Gegner stellt eine neue Herausforderung dar. So wie das geflügelte Biest, das einfach den Pfeilen ausweicht und immer aus der Reichweite von Schwert und Prügel bleibt. Aber so hart das alles klingt, "Brut@l" bleibt fair. Jeder Dungeon ist zu schaffen.

Wenn ihr gerne das Abenteuer mit einem Freund gemeinsam angehen wollt, auch kein Problem. Ein lokaler Koop-Modus für zwei Spieler ist vorhanden. Hat aber auch so seine Tücken. Zum Beispiel könnt ihr einen gefallenen Kumpel auf der Stelle wieder beleben, verliert dabei aber die Hälfte eurer Lebensenergie. Oder ihr könnt warten, bis ihr dessen ASCII-Leichnam im nächsten Kerker findet. Dann ist das Wiederbeleben billiger, aber möglicherweise das wertvolle Inventar fort. Nein, leicht machen es die Jungs von Stormcloud wirklich nicht.

Dafür spendieren diese euch aber nicht nur eine herrliche Retro-Optik, die trotz 3D-Umgebungen wirklich nur aus ASCII-Zeichen besteht und mit den neonfarbenen Applikationen der Helden der schwarz-weissen Grundgrafik einen Touch von Tron, dem Original von 1982 natürlich, verpasst. Nein, ihr bekommt auch gleich noch einen umfangreichen Level-Editor dazu. Eure Eigenkreationen könnt ihr dann online mit der "Brut@l"-Fangemeinde teilen.

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