StarCraft II: Wings of Liberty

Es ist wie mit den Frauen – schwererer Anfang, dann grosse Liebe

Test Benjamin Kratsch getestet auf PC

Hell, it’s time. 12 unfassbar lange Jahre haben wir auf „Starcraft 2“ gewartet. Während Blizzard nahe Los Angeles seelenruhig an ihrem Meisterwerk tüfteln, erlebt die Welt den verheerendsten Terroranschlag aller Zeiten, stürzt die mächtigste Nation dieser Zeit in ihr zweites Vietnam und macht uns ein Typ mit Schlabberpulli zu willigen Apple-Lemmingen.

Als die Installation abgeschlossen ist, springen förmlich Maus und Tastatur auf meinem Schreibtisch – seit „Napoleon: Total War“ und „Dawn of War 2“ haben sie kein vernünftiges Strategiemenü mehr serviert bekommen. Eines noch vorweg: „Wings of Liberty“ bereitet den Start einer Trilogie und rückt die Terraner in den Fokus – die Geschichten von Protoss und Zerg will Blizzard in weiteren Spielen 2011 und 2012 nachliefern. Ferner legen wir unseren Fokus klar auf die Einzelspielerkampagne, ein Multiplayertest macht erst nach vielen Wochen laufenden Betriebs Sinn. Und damit rein in die Kampagne: In einer exzellent gemachten Zwischensequenz sitzt Raynor nach den Ereignissen in „Starcraft“ und „Brood War“ und an einem Tresen. Er betäubt sich mit Alkohol und sieht verbittert im TV, wie die Regierung ihre Jagd auf ihn und seine Privatarmee startet.

In Sachen Story zieht Blizzard mal wieder alle Register. Kein anderes Team versteht es so virtuos Handlungsfäden zu verknüpfen, aber auch Zwischensequenzen wie einen Kinofilm zu inszenieren. Musik, Intonierung, Charaktere, Bildkomposition – der Hammer. Anstatt müde Missionsbeschreibungen zu präsentieren, setzt Blizzard auf gerenderte Umgebungen, in denen Hot-Spots anwählbar sind. Wie in einem Grafikadventure starten wir beispielsweise die Jukebox, betrachten Plakate, die von den Schlachten in „Brood War“ erzählen. Das ist alles ein bisschen wie nach Hause kommen. Aber: Dann folgt der erste grosse Dämpfer: Der Beginn ist ziemlich schwach, 

**Schwieriges 1. Date
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Die ersten drei Missionen sind schlicht zu leicht, dienen zum Einheitenkennenlernen und sind unserer Meinung nach vollkommen überflüssig – schliesslich hat so ziemlich jeder die "Starcraft-2"-Beta gespielt, wenn er nicht gerade das letzte Jahr im Urwald verbracht hat. Soll das jetzt das grosse „Starcraft 2“ sein? Das Spiel der Strategiegötter Blizzard? Keine Panik, es wird. Nach ich-trau-mich-nicht-Kennenlernphase gibt die feine Lady Starcraft nämlich richtig Gas. Da müssen Züge abgefangen werden, die immer wieder über die Map fahren. Da klettert Terraneranführer Tychus in einen riesenhaften "Odin"-Kampfroboter und muss eskortiert werden. Lava überströmt immer wieder bestimmte Bereiche des Levels – wer hier seine Ernter nicht in Sicherheit bringt, hat schnell ein Ressourcenproblem. Blizzard versteht es neue Einheiten und Gebäude durch besondere Ereignisse ankündigen – die Feuerwalze lädt zum Austesten der neuen fliegenden Terraner-Gebäude ein. Kurzum: Die Vielfalt der Missionen lädt schwer verwundete Strategieherzen, die zuletzt unreifen Müll wie „C&C4“ ertragen mussten einfach nur strahlen. Heldeneinheiten wie in „Warcraft 3“ gibt es nicht, stattdessen stehen Massenschlachten auf dem Programm. Die wechseln sich aber in steter  Regelmässigkeit mit Solomissionen ab, in denen wir beispielswiese als Elitesoldat unterwegs sind und nur von einer starten Kampfeinheit wie einem Mech oder Luftunterstützung unterwegs sind – hier muss man wirklich jede Aktion genau planen. Wer die ganze strategische Tiefe von „Starcraft 2“ auskosten möchte, sollte auf hart spielen. Das ist dann aber auch wirklich knüppelhart und nichts für Süsswassergeneräle.

 

**Nicht alles Gold, was glänzt
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Auch „Starcraft 2“ hat Macken und ist kein perfektes Spiel. Blizzard hat sich für 3D-Sichtlinien der Truppen entschieden. Das hat Vor- und Nachteile: Viele Truppentypen können sich nicht wehren, wenn sie von Oben unter Feuer geraten. Das kann ziemlich nerven, soll aber den strategischen Aspekt in die Höhe treiben. Man sollte immer ein paar Rächer in deinem Zug mitnehmen, denn die Jet-Pack-Soldaten sind das effektivste Mittel gegen Überraschungsangriffe von oben. Höhenunterschiede spielen nicht selten eine entscheidende Komponente. Alternativ empfehlen wir Gleiter oder Vikings, die neuen Einheiten verwandeln sich Transformers-like vom Roboter in Kampfflugzeuge und wieder zurück. Witzig und ein probates Mittel: Ghosts dürfen eine Gegnereinheit per Psi-Kraft steuern. Phantome wiederum lähmen biologische Gegner und so weiter, und so fort. Durch die zahlreichen Einheiten haben sich leider einige böse Bugs eingeschlichen – so reagieren die Einheiten nur sehr selten auf Sniper-Beschuss. Generell hapert’s hin und wieder an der Wegfindung, die eigenen Armeen laufen gerne mal schnurstracks in Feindgebiet. Augen auf beim Angriffslauf!

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