Twelve Minutes - Test / Review

Gefangen in der Todesschleife

Test Benjamin Braun getestet auf Xbox Series X/S

Nur als Looper erfolgreich

In anderen Spielen mit Zeitschleife wäre es rein theoretisch möglich, direkt beim ersten Mal das Abenteuer komplett abzuschliessen, sprich zum vorgesehenen Ende zu gelangen. Das ist in "Twelve Minutes" keine Option, wobei die Anzahl der notwendigen Loops stark schwanken kann. Das bedeutet auch, dass in den einzelnen Loops teils nahezu identische Aktionen und Dialoge erneut ausgeführt werden müssen. Allerdings sind sie eben selten absolut identisch und in beinahe allen Fällen sehr schnell erledigt, weshalb "Twelve Minutes" auch längerfristig nicht langweilig wird, sondern die Spannung durchweg hochhält. Zudem bietet das Spiel bei verschiedenen Gelegenheiten an, die Zeit bis zum Eintreffen des Cops einfach zu überspringen, weshalb man nie dazu gezwungen ist, minutenlang untätig herumzustehen. Dialoge können meistens ebenfalls vorgespult werden. Ausserdem machen selbst die "falschen Lösungen" Spass und können euch als Alternative zur "richtigen" Vorgehensweise oft ebenfalls voranbringen, indem ihr dabei an relevante neue Infos gelangt. So besteht beispielsweise später die Möglichkeit, den Cop zu erschiessen oder sogar regelrecht mit dem Aggressor zu kooperieren.

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Twelve Minutes

Ob aber nun 15, 20 oder vielleicht sogar 30 Loops: Ihr kommt nicht umhin, zunächst bestimmte Dinge zu beobachten, damit der Held sie als Wissen abspeichern kann, das anders als alle sonstigen Fortschritte nicht verloren geht. Bestimmte Informationen respektive Stichworte nutzt ihr dabei in den folgenden Loops, um zum Beispiel die Ehefrau darauf anzusprechen und wiederum neue Infos an Land zu ziehen. Dadurch verändert sich wiederum der Zeitaufwand, um bestimmte Ereignisse auszulösen, was in Anbetracht des knappen Zeitfensters entscheidend ist. Ein simples Beispiel: Der Ehemann möchte seiner Frau beweisen, dass er in einer Zeitschleife gefangen ist. Zu Beginn nutzt ihr euer Wissen um den Babystrampler, den euch eure Frau als Geschenk überreicht, um sie zu überzeugen, dass ihr das alles schon mal erlebt habt. Wer bemerkt, dass kurz nach dem Betreten der Wohnung ein Gewitter beginnt, kann der Frau zudem den ersten Donnerschlag voraussagen. Später wisst ihr ganz andere Dinge, die eure Lebensgefährtin bislang vor euch verschwiegen hat, weshalb ihr sie von der Zeitschleifen-Sache leichter überzeugen könnt und dabei noch dazu eben für die Handlung zentrale Themen ansprecht, um sie bei Folgeaktionen gleich vertiefen zu können. Von Beginn an alles planen könnt ihr zwar nicht - manche Dinge müssen einfach zunächst ausprobiert werden. Die Struktur ist im Grossen und Ganzen aber in sich schlüssig. Lediglich bei den Dialogen kommt es stellenweise vor, dass man Themen in einer ganz bestimmten Reihenfolge durchgehen muss, damit am Ende eine neue Dialogoption hinzukommt. Nachvollziehbar ist "Twelve Minutes" in dem Bereich also nicht immer. Solche Mankos bleiben jedoch die Ausnahme.

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Durchwachsene Technik

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Audiovisuell glänzt "Twelve Minutes" mit sehr guten englischen Sprechern (deutsche Sprachausgabe gibt es nicht), wobei unter anderem Willem Dafoe und Daisy Ridley zum Einsatz kommen, und einem stilistisch gelungenen Ansatz, bei dem ihr das Geschehen überwiegend aus einer Vogelperspektive verfolgt. In bestimmten Situationen, beispielsweise, wenn ihr euch im Wandschrank versteckt und die Szene durch die halb geöffneten Lamellen hindurch beobachtet, wechselt das Spiel manchmal aber auch in die Ego-Ansicht. Mit der Präsentation sind wir dennoch nicht glücklich, was vor allem an einigen technischen Macken und anderen Schönheitsfehlern liegt. So fallen die Animationen überwiegend recht hakelig aus, die Texturen wirken gerade bei den Figuren teils sehr grob. Die gravierendste Schwäche betrifft jedoch die stark fehlerhafte Kollisionsabfrage. So greifen die Animationen höchst selten mal so korrekt ineinander wie bei einer kleinen Tanznummer der Eheleute. Stattdessen greifen Aktionen förmlich daneben - der Cop läuft halb durch die gefesselt am Boden liegende Ehefrau oder bleibt an irgendeiner Ecke hängen und springt dann einen Meter durch den Raum. Diese Probleme zeigte bereits die E3-Demo aus dem Jahr 2019. Uns ist es absolut unverständlich, dass sich in mehr als zwei Jahren daran offensichtlich nichts verbessert hat. Diese Umstände drücken entsprechend die Atmosphäre immer wieder unnötig. Allerdings reduzieren sie die Stimmung nicht so stark, dass sie das ansonsten stimmungsvolle und spannende Abenteuer stören könnten.

Fazit

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Twelve Minutes

Das grundlegende Spielkonzept von "Twelve Minutes" klang nicht nur bei der Ankündigung ziemlich verlockend, sondern kann seine Stärken auch in der finalen Version ausspielen. Der Zeitschleifen-Thriller ist durchweg spannend und bietet mit seinen erstaunlich vielen Möglichkeiten beim Vorgehen in den einzelnen Loops deutlich mehr, als wir das im Vorfeld erwartet hatten. Denn wir wären eher von zwei Stunden ausgegangen und nicht von etwa viereinhalb, die wir brauchten. Kleinere Macken innerhalb der Spiellogik gibt es zwar, die sind allerdings nicht so gravierend, dass sie dem Spiel-Erlebnis ernsthaft schaden könnten. Bei der technischen Umsetzung sieht das etwas anders aus. Es wäre zwar zu viel gesagt, dass "Twelve Minutes" diesbezüglich desaströs sei. Aber die insgesamt schwachen Animationen und die teils üblen Probleme bei der Kollisionsabfrage sorgen für deutliche Abzüge in der B-Note. Unterm Strich bleibt "Twelve Minutes" jedoch ein empfehlenswerter, sehr atmosphärischer Adventure-Thriller, der äusserst clever die Zeitschleifen-Mechanik zu seinem Vorteil nutzt. Besitzer des Xbox Game Pass müssen eh nicht überlegen, denn sie können das Spiel bis auf Weiteres kostenlos spielen und sollten es sich nicht entgehen lassen!

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