GameRights

Resumé zur Fachtagung in Uzwil

News Roger

Letzten Freitag fand im Gemeindesaal Uzwil die Fachtagung „Darstellungen und mögliche Auswirkungen von Gewalt in Games und Medien auf Kinder und Jugendliche“ zur „Killerspiele“-Problematik statt.

An dem gut besuchten Event  (es waren ĂŒber 300 Besucher vor Ort) referierten Peter ZĂŒger, PrĂ€sident der SIEA, Marc Bodmer, Dozent am Institut fĂŒr angewandte Psychologie und Journalist beim Tagesanzeiger, Thomas Merz-Abt, MedienpĂ€dagoge und Dozent fĂŒr Medienbildung an der PĂ€dagogischen Hochschule ZĂŒrich sowie GameRights-PrĂ€sident Thomas Riediker.

Viele interessante Aspekte und Argumente wurden dem interessierten Publikum, unter welchem sich auch mehrere Mitglieder des Kantonsrates St. Gallen befanden, der am 26. Mai 2009 dem Bund eine Standesinitiative fĂŒr eine totales Verbot von Gewalt inszenierenden Games ĂŒberreichte, prĂ€sentiert und dargelegt. Unter dem Strich kann man ein Ă€usserst positives Fazit ziehen.

Folgend eine kleine Zusammenfassung mit den SchlĂŒsselpunkten der verschiedenen Referate.

**BegrĂŒssung und Einleitung durch die Veranstalter
Hans-Peter Amann
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Die Fachtagung wurde durch Hans-Peter Amann, Leiter des Mitveranstalters Jugendheim Platanenhof in Oberuzwil, eröffnet. Doch schon im Vorfeld hat Adrian von Allmen, der als Telaran bekannte Leiter der Taskforce Events, Interessierten in der Eingangshalle verschiedene Spiele vorgezeigt, Fragen beantwortet und somit auf die Diskussion eingestimmt.
In seiner kurzen Einleitung musste Hans-Peter Amann schon gleich die erste negative Nachricht verkĂŒnden: Die höchste St.Gallerin, KantonsratprĂ€sidentin , Frau Elisabeth Schnider, liess sich entschuldigen. Als VizeprĂ€sidentin im OK des Parlamentarier-Skirennens war sie in in Wangs-Pizol engagiert. Danach stellte er alle vier Referenten sowie RegierungsrĂ€tin Karin Keller-Suter (FDP), Vorsitzende des Sicherheits- und Justizdepartementes des Kantons St. Gallen, welches Mitveranstalter der Fachtagung ist, vor und drĂŒckte seine Dankbarkeit fĂŒr deren PrĂ€senz aus. In seiner EinfĂŒhrung ins Thema zitierte er Passagen aus dem Bundesratsbericht „Jugend und Gewalt“ vom 20. Mai 2009 und dem Tages-Anzeiger Artikel ĂŒber die Auswertung von 125 AmoklĂ€ufen durch Klaus Hurrelmann. Er betonte dabei besonders die Aussage Hurrelmanns, dass es weiterhelfen wĂŒrde, wenn gewisse Spiele schwerer erreichbar wĂ€ren aber ein Verbot nicht sinnvoll sei.

Nach einer weiteren Danksagung an Publikum und Referenten ĂŒbergab er
RegierungsrĂ€tin Keller-Suter das Wort. Diese erinnerte sich zurĂŒck an ihre Kindheit, als Erziehen noch einfacher gewesen sei. Sie erzĂ€hlte dem Publikum, wie ihre Eltern ihren Fernsehkonsum kontrollierten, indem sie die WohnzimmertĂŒre absperrten. Die ausgebildete PĂ€dagogin wies daraufhin, dass die neuen Medien die Erziehung nicht einfacher machen. Die Kontrolle der Eltern schwindet was bei vielen angesichts der neuen Schwierigkeiten grosse Besorgnis erregt. Von hier aus schlug Sie eine BrĂŒcke zur Standesinitiative des Kantons St. Gallen. Intensiv diskutiert worden sei die Thematik, wobei sich nur wenig Widerstand geregt habe. Wahrscheinlich um nicht als Gegner des Jugendschutzes da zustehen, wie RegierungsrĂ€tin Keller-Suter vermutete. Die Diskussion hĂ€tte aber zur Erkenntnis gefĂŒhrt, dass das Problem nicht mit einem Patentrezept gelöst werden kann.

Sie erklĂ€rte dem Publikum, dass sie wĂ€hrend ihrer pĂ€dagogischen Ausbildung noch gelernt hatte, dass „nur dort ein Risiko besteht, wo schon ein Risiko besteht“ und dass sie jetzt gespannt darauf sei zu sehen inwiefern dieser Punkt heutzutage noch unterstĂŒtzt wird. Nachdem auch sie sich bei Publikum und Referenten fĂŒr das zahlreiche Erscheinen bedankt hatte, begann die Fachtagung mit dem ersten Referat.

**Ehrlicher, nachhaltiger und langfristiger Jugendschutz
GameRights-PrÀsident
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Thomas Riediker hatte die Ehre als erster Referent auf das Parkett zu treten. In seiner PrĂ€sentation „Videogames und Gewalt - Warum elterliche Kompetenz der beste Jugendschutz ist“ zeigte er Argumente gegen ein Verbot, den aktuellen Jugendschutz, die Wichtigkeit von elterlicher Medienkompetenz, die VorzĂŒge einer PEGI-Verankerung und die Tendenz zu Falschdarstellungen aus der Medien auf.
Zu Beginn zeigte er anhand des Buches „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann W. von Goethe und der Lesesucht im 18. Jahrhundert auf, dass negative Reaktionen gegenĂŒber neuen Medien durchaus ĂŒblich aber im RĂŒckblick vollkommen unverstĂ€ndlich sind. Im Anschluss zeigte er anhand der Spiele Death Race (1976) und Custer‘s Revenge (1982) gleich zwei Urgesteine der Videospielproblematik auf, was besonders im Falle des zweiten zu einigen herzhaften Lachern gefĂ€hrt hat. Dabei merkte Thomas an, dass Spiele wie Custer‘s Revenge erst durch die grosse Aufmerksamkeit, die die Medien dem Spiel schenkten, zu PopularitĂ€t kamen, war das Spiel bis anhin doch relativ unbekannt.
Doch schon kurz danach wechselte die PrĂ€sentation zu ernsteren Themen wie dem Amoklauf an der Columbine High School in Littleton, Michigan von 1999. Schnell wurden damals das Spiel Doom und die Musik von Schock-Rocker Marilyn Manson von den Medien fĂŒr dieses Massaker verantwortlich gemacht und viele Politiker sprangen auf den Zug auf. Wie Thomas dann aber erlĂ€uterte wurden dabei viele andere Fakten von den Medien verschwiegen, wie zum Beispiel die klar rassistische Haltung der TĂ€ter Eric Harris und Dylan Klebold, die psychischen Probleme der beiden Jugendlichen oder dass das Attentat am 110. Geburtstag von Adolf Hitler stattfand. Thomas zitierte daraufhin auch Marilyn Manson selber, der in einem Interview auf die Frage, was er gesagt hĂ€tte, wenn er die beiden TĂ€ter vor dem Massaker angetroffen hĂ€tte, antwortete, dass er nichts gesagt hĂ€tte, er hĂ€tte stattdessen den beiden zugehört, denn dies ist genau das, was niemand getan hat.
Kurze Zeit blieb Thomas noch bei dem Thema Medien und sprach weitere BeitrĂ€ge an. So zum Beispiel die GTA-IV-Szene, die mit dĂŒsterer Stimme hinterlegt im Club vom 24. MĂ€rz letzten Jahres zu sehen war oder die allgemeine Problematik der aus den Kontext gerissenen Spielszenen, wie etwa dem No-Russian-Level in Call of Duty: Modern Warfare 2.
Anschliessend wechselte das Thema zum Jugendschutz und Thomas erklĂ€rte die aktuelle Situation. Momentan ist die einzige Institution, die Jugendschutznormen im Bereich Videospiele aufsetzt die SIEA, die ĂŒber den Code of Conduct auch klare fĂŒr die Unterzeichnenden verpflichtende Richtlinien. Dies reicht jedoch nicht, so Thomas, man mĂŒsse eine klare gesetzliche Richtlinie erlassen um somit alle GeschĂ€fte zu belangen und hart zu bestrafen, egal ob sie den CoC unterschrieben haben oder nicht. Denn PEGI als Standard wĂ€re mehr im Sinne des Jugendschutzes als ein Verbot, bietet diese Altersklassifizierung doch viele weitere Informationen neben dem geratenen Alter.
UnumgÀnglich bei dieser Lösung wÀre jedoch, dass sich Eltern aktiv Informieren und ihre Medienkompetenz ausweiten. Denn nur Medienkompetenz garantiert kann verstehen, statt verboten werden und nur durch verstehen, kann ein ehrlicher, nachhaltiger und langfristiger Jugendschutz entstehen.

Die Branche zeigt Initiative
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**Peter ZĂŒger
war der nĂ€chste Referent. Er begann seine PrĂ€sentation mit viel Witz und Humor als er einige klischeetrĂ€chtige Bilder von Gamer auftischte und das Publikum nach seinem Spielverhalten befragte (1/5 hatten schon mal Shooter gespielt, 2/3 ein Fun-Game und nur rund 10 bekennende Gamer befanden sich im Saal). Anschliessenden folgte ein Schwall an Statistiken und Zahlen, nicht ganz so unterhaltsam aber nicht minder interessant. Die Daten stammen aus der Studie „Video Gamers in Europe 2008“, verfasst durch das Marktforschungsinstitut Nielsen Games im Auftrag der ISFE. Hier hob er hervor, dass die grosse Mehrheit beim Spielen Unterhaltung und Spass sucht und findet, da Games spannend und herausfordernd sind. Insbesondere im Vergleich mit dem Fernsehen, Medium das die meisten Spieler zugunsten der Games vernachlĂ€ssigen.
Anschliessend widmete sich der SIEA-PrĂ€sident der PEGI. Er zeigte anhand einer Zeitachse die Entstehungsgeschichte der jungen Institution und anhand eines stark vernetzten Organigramms die komplexen Strukturen zwischen den sieben Gremien. Interessanter Fakt: Das Bundesamt fĂŒr Sozialversicherungen ist der PEGI-Vertreter in der Schweiz. Auch erklĂ€rte er den Laien im Publikum wie der Klassifizierungsprozess aussieht.

Danach widmete er sich den gesetzlichen Fragen. PEGI ist eine effektive Art der Selbstregulierung, welche Kriterien befolgt, die von den Mitgliedern bestimmt werden, eine gut vernetzte Infrastruktur besitzt, die schon vorhanden ist und von den meisten EU-Staaten schon direkt oder indirekt verankert ist, so ZĂŒger. Aus diesem Grund sollte man eine solche Institution ausnĂŒtzen und gesetzlich verankern und als verpflichtend erklĂ€ren. Als Beispiele nannte er daraufhin die Kantone Waadt oder die beiden Basel, dessen neue Mediengesetze einen solchen Ansatz befolgen. Er gab jedoch zu, dass die Bekanntheit von PEGI bei den Eltern steigen muss, kennen doch gemĂ€ss der oben genannten Studie nur Rund 20% der Schweizer Eltern das System.
Nach dem Thema PEGI wandte sich Peter ZĂŒger dem Vertrieb von Videospielen und insbesondere den Code of Conduct. Er erzĂ€hlte dem Publikum kurz und bĂŒndig wie der CoC entstand und welche Schwierigkeiten sie hatten ihn zu verfassen. Er gestand, dass der CoC nicht perfekt sei, doch wurde und wird dieser stĂ€ndig verbessert. Die PEGI lobt ihn als gutes Werk der Eigeninitiative und der Schweizerische Videoverband ĂŒbernimmt eine angepasste Version. Eine gesetzliche Verankerung der MĂŒhen der SIEA wĂŒrde dazu fĂŒhren, dass die rund 5% der nicht unterzeichnenden VerkĂ€ufer wie Toys’r’us auch belangt werden könnten.

Im Umfeld liegt die Lösung

Nach der Pause durfte Thomas Merz-Abt seine Anliegen den Anwesenden prÀsentieren.Der MedienpÀdagoge war der Referent, der das Thema am allgemeinsten fasste und an vielen Stellen von den Medien allgemein und nicht nur von Games sprach.
Ohne grosse Umschweife ging der Experte zur Sache: Dass das Wissen ĂŒber Medien der Eltern so gering ist im Vergleich zu dem ihres Nachwuchses ist höchst problematisch. Jedes Kinderzimmer gleiche heutzutage einer Medienzentrale. EindrĂŒcklich rechnete der Dozent vor wie ein 6. KlĂ€ssler im Schnitt 570 Stunden alleine mit Videospielen und 900 Stunden in der Schule verbringt. Weiter haben ca. 65% aller minderjĂ€hrigen Spieler schon ein Game gespielt, das nicht fĂŒr ihre Altersklasse gedacht wĂ€re und meistens herrscht nur Streit zwischen Eltern und Kindern betreffend die LĂ€nge des Konsums, aber selten ĂŒber den Inhalt. Alles Anzeichen der fehlenden Kontrolle und des geringen Engagements der durchschnittlichen Eltern.

Und diese PassivitĂ€t birgt Gefahren, da durchaus Risiken von Videospielen ausgehen. So listete er als Risiken ĂŒbermĂ€ssigen Konsum, die Einwirkung auf die körperliche Gesundheit durch schlechte Haltung oder auch falsche ErnĂ€hrung, der Inhalt mancher Games aus bereits bekannten GrĂŒnden, fehlende Lebenserfahrung und deren Folgen. Er machte jedoch deutlich, dass diese Risiken nur fĂŒr eine bestimmte Risikogruppe und im Zusammenhang mit anderen Risiken gefĂ€hrlich sind.
Diesen Punkt liess ich mir von Herrn Merz nach der Fachtagung noch etwas genauer erlĂ€utern. So antwortete er auf meine Frage, ob all diese Risiken schlussendlich nicht auf den ĂŒbermĂ€ssigen Konsum zurĂŒckzufĂŒhren sind mit einem Kopfnicken. Der Knackpunkt liege tatsĂ€chlich an der Menge des Konsums, so der MedienpĂ€dagoge, doch die Schwelle, ab wann es zu viel ist, sei schwer definierbar, da es von Mensch zu Mensch verschieden ist. Auch bestĂ€tigte er meine Vermutung, dass die Gefahr, die von diesen Risiken ausgeht, mit zunehmendem Alter geringer wird. Jedoch stellte er klar, dass eine „gesunde“ Erziehung hierbei eine nicht zu missachtende Voraussetzung sei.
ZurĂŒck zum Referat. Als nĂ€chstes widmete sich Prof. Dr. Merz der Wirkung der Medien zu. Er verneinte gleich von Anfang an, dass Medien eine direkte Wirkung auslösen wĂŒrden. Vielmehr hĂ€ngt die Wirkung der Medien von der Person und dessen Umfeld ab. Und hier ist der Punkt, an dem man gemĂ€ss Thomas Merz ansetzen muss: Dem Umfeld. Wie können wir die Voraussetzungen schaffen damit Kinder und Jugendliche trotz Medienkonsum. Psychisch wie auch physisch gesund und integriert heranwachsen.
Hierzu mĂŒsste man Kinder zur Resilienz erziehen. Resilente Kinder zeichnen sich gemĂ€ss Merz durch Empathie, gewaltfreie Konfliktlösung, KommunikationsfĂ€higkeit, Verantwortung fĂŒr eigenes Handeln, SelbstwertgefĂŒhl, können die Wirkung des eigenen Handelns auf andere einschĂ€tzen und pflegen den Kontakt zu Freunden und Bekannten. Die Förderung dieser Eigenschaften bei Kindern ist fĂŒr Merz eine grundlegende Aufgabe der Eltern und Schule. Besonders gegen letztere schiesst er kurz spĂ€ter scharf, als er erzĂ€hlt, dass beim Lehrplan fĂŒr das nĂ€chste Schuljahr Medienerziehung genau mit drei SĂ€tzen behandelt wurde: Im ersten wurde gesagt, dass es wichtig sei, im zweiten, dass es schwer definierbar sei und im dritten Satz fragten sie sich, ob Tastaturschreiben dazugehöre.
Zum Abschluss listete der Dozent der PĂ€dagogischen Hochschule ZĂŒrich die Handlungsfelder, die er als wichtig erachtet: Die Medienbildung im Schulwesen, UnterstĂŒtzung der Eltern durch AufklĂ€rung und UnterstĂŒtzung, die politische Diskussion sowie die Spieleindustrie, welche PEGI weiter ausbauen sowie ethische Grenzen in Spielen implementieren und alternativen zu Gewalt inszenierenden Spielen fördern sollte.
Nach der Fachtagung fragte ich den Experten auch, was er denn von einem Verbot hĂ€lt. Thema, dass er wĂ€hrend seinem Referat nicht ansprach. Er antwortete, dass ein Verbot nichts lösen wĂŒrde und weitere Massnahmen nötig wĂ€ren. Daraufhin fragte ich ihn, ob ein Verbot ĂŒberflĂŒssig sein wĂŒrde, wenn Massnahmen wie ein Ausbau von Medienbildung in der Schule, mehr UnterstĂŒtzung der Eltern sowie eine hĂ€rtere Jugendschutzregulierung umgesetzt werden wĂŒrde. Auch diese Frage bejahte er.

**Ich stell‘ mal die Medien an den Pranger, ich bin von der Zunft und darf das
Marc Bodmer
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Der letzte Referent Marc Bodmer musste leider Aufgrund der kumulierten Verzögerung unter hohem Zeitdruck referieren. Dennoch liess der studierte Jurist einige Perlen fallen. So begann sein Vortrag mit einem Ausschnitt aus dem Spiel Uncharted 2: Among Thieves in welchem der Hauptdarsteller Nathan Drake im Kreuzfeuer von Söldnern von Lastwagen zu Lastwagen springen muss. Als der rund 30 Sekunden langer Clip fertig war, fragte Bodmer das Publikum, ob dies ein Videospiel sei. Die Evidenz dieser Frage verwirrte etwas das Publikum, das selbstverstĂ€ndlich selbige mit Ja beantwortete, was wiederum nur das KopfschĂŒtteln des Referenten auslöste. Ein Spiel setze InteraktivitĂ€t voraus, korrigierte er eindrĂŒcklich die Anwesenden. Der Betrachter kann einer Aufnahme nicht entnehmen, wie der Spieler sich darauf konzentrieren muss, rechtzeitig von Fahrzeug zu Fahrzeug zu springen, aus dem Kreuzfeuer der Gegner zu bleiben und diese gleichzeitig auszuschalten. Aus dieser Herausforderung heraus kann ein Spieler auch abwesend wirken, ist jedoch tatsĂ€chlich bloss konzentriert. Dem Betrachter wird sich somit nur ein kleiner Teil des Spiels zugĂ€nglich, vergleichbar mit einem Eisberg, von welchem man nur die Spitze sieht.
Es sei ein Problem des VerstĂ€ndnisses. Videospielen in heutigem Ausmasse und ist ein junges PhĂ€nomen und noch nicht etabliert. Marc Bodmer zitierte an dieser Stelle eine Passage aus Steven Johnsons Werk „Everything bad is good for you“ in welcher der Autor die Welt darstellt, wie sie hĂ€tte sein können, wĂ€ren Games ein etabliertes und anerkanntes Medium und BĂŒcher hingegen ein neues PhĂ€nomen, welches von vielen als Gefahr empfunden wird. Mit VorwĂŒrfen wie PassivitĂ€t oder Lesesucht stellt Johnson dabei den Konsum von Literatur in einem ganz schlechten Licht dar. Diesen Punkt der ĂŒbertriebenen Negativdarstellung greift auch der Journalist Bodmer auf. Die Medien schaffen ein falsches GefĂŒhl der Gefahr indem sie dem Publikum nicht nur einen SĂŒndenbock liefert, sondern diese Angst dahinter auch pusht. So nahmen nach den Attentaten des 11. Septembers 2001 in den USA die Nachrichtenmeldungen ĂŒber Gewaltdelikte um 473% zu, obwohl die reale Anzahl solcher Delikte um 15% abnahm. Entwicklung die man auch in geringerem Ausmasse in Europa beobachten kann.
Dabei begrĂŒndet auch die Wissenschaft nicht, dass Gewalt inszenierende Spiele als Gefahr gehandhabt werden. So zeigen viele Studien, die beweisen wollen, dass solche Spiele hoch schĂ€dlich sind, grosse methodische MĂ€ngel auf. Als Beispiel nannte Bodmer an dieser Stelle die Gesamtarbeit von Oberstleutnant Dave Grossman und insbesondere die „Mutter aller Meta-Studien“ von Dr. Prof. Craig Anderson, die vor kurzem erschien. Letztere wies vor allem MĂ€ngel bei methodischen Bewertung der ausgewĂ€hlten Studien, da solche, die von der Meinung Andersons abwichen, eine tiefere Bewertung und daher Gewichtung erhielten, wie auch schon im Forum angesprochen wurde.
Ausserdem wird bei den meisten Studien nie die Stimmung des Probanden bewertet, wobei dies wesentlichen Einfluss hat. Kurze Spielzeit mit einem unbekannten Spiel, in einer unbekannten Einrichtung und auf Kommando, also wenn man eigentlich keine Lust hierzu hat, können Frust, Unbehagen und Stress beim Probanden auslösen, was die Ergebnisse beeinflusst. Auch der Punkt Empathie sprach der Dozent der ZHAW an. Er erachte es als unlogisch, dass von einem Spieler auf dem Bildschirm die gleiche Empathie verlangt werde, wie er sie im realen Leben an den Tag zu legen habe. Schlussendlich zeige man auch im Sport nur bedingt MitgefĂŒhl mit dem Gegner. Auch dass Spiele als aggressionsfördernd gelten kann er sich nicht erklĂ€ren, werden doch Spiele im Anger Management (dt. Wut Verwaltung) erfolgreich verwendet.
Zum Abschluss Àusserte Herr Bodmer Kritik an den Verbotsbestrebungen, da sie ihm falsch und voreilig erschienen.

Fazit von Autor Adrian
Sehr interessante Veranstaltung, die ĂŒberraschend positiv fĂŒr Adrian von
Allmen und Interessierte Verbotsgegner ausfiel. Die Haltung der SIEA und Peter ZĂŒger war GameRights zwar bereits bekannt, doch war es doch eine angenehme ĂŒberraschung zu sehen, wie Deckungsgleich die Bestrebungen von Industrie und Konsumenten sind. Ă€usserst positiv empfand ich Marc Bodmer, der das Thema locker und mit viel gesunden Menschenverstand anging, unbeeinflusst von retrograden Moralvorstellungen.
Hoch interessant war auch Thomas Merz, der als Nicht-Spieler und MedienpÀdagoge einen besonderen Fokus hat. Leider gab es einige missliche Formulierungen und er Àusserte sich erst zum Verbot auf Nachfrage.
SelbstverstÀndlich meisterte auch Thomas seine Aufgabe als Referent ohne Probleme und prÀsentierte unser Anliegen professionell und mit viel Selbstvertrauen.
Auch ein grosses Kompliment an den souverĂ€nen Adrian von Allmen, der sich der Horde fragwĂŒtiger Eltern und Politiker stellte.
Schade empfand ich jedoch, dass die Politiker nicht denselben Mut gezeigt hatten und nach der Fachtagung in Windeseile verschwanden. Fragen zur Standesinitiative waren leider keine möglich.

Fazit von Referent Thomas
Ich verbuche die Veranstaltung als Erfolg fĂŒr die Gamer und Verbotsgegner. Von mehreren Seiten wurde fundiert und umfassend argumentiert, dass man gewalthaltige Spiele nicht einfach als SĂŒndenbock fĂŒr reale Gewalt hinstellen kann. Vor dem Referat und in den Pausen wurden interessante Diskussionen gefĂŒhrt – von einem SVP-Kantonsrat SG wurde ich gefragt, ob ich mich nicht von der Industrie instrumentalisiert fĂŒhlen wĂŒrde. Hier zahlte es sich erneut aus, dass wir uns stets auf unsere Existenz als reine Konsumentenorganisation ohne Verbindungen zur Game-Industrie besonnen haben, was ich dem Herrn erklĂ€rt habe. Herr ZĂŒger sagte daraufhin, er habe mich heute das erste Mal gesehen.
Ein grosses Lob muss ich an an Adrian aka Telaran aussprechen, der ein komplettes Set-Up bestehend aus TV (freundlicherweise von Herrn Amann zur VerfĂŒgung gestellt), Playstation 3, Xbox 360, Notebook, E-Book Reader und ein paar Gaming-Memorabilia aufstellte und den Interessierten absolut kompetent Rede und Antwort stand. Auch kritische Fragen wurden von ihm souverĂ€n und problemlos entschĂ€rft und beantwortet.
Ich danke an dieser Stelle allen anwesenden Mitgliedern von GameRights – Ihr habt es toll gemacht, und ich habe mich gefreut, den einen oder anderen von Euch persönlich kennen zu lernen. Weiter so!

Originaltext stammt von GameRights (Adrian)
Weitere Informationen findet ihr wie ĂŒblich auf der offiziellen
GameRights Homepage

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