FIFA 11

Der König bittet zum Rasenschach

Test Benjamin Kratsch getestet auf PlayStation 3

Mit PES 2011 und FIFA 11 verhält es sich wie mit Pepsi und Cola. Oder Danone-Fruchtjoghurt und der Billigvariante vom Discounter. Oder Burger King und McDonalds: Die Nuance macht den Unterschied. Bei letzteren ist beispielsweise das Fleisch gleich, aber beim einen ist das Burgerbrötchen knackiger als beim anderen. Übertragen auf FIFA 11 ist das Fleisch das Gameplay, welches sich erstaunlich stark in Richtung PES entwickelt, nein es sogar überflügelt.

Noch nie hat sich ein Fussballspiel so authentisch angefühlt. Du riechst das Leder, spürst den Schweiss und siehst erstmalig bei Regen wie die Stars wie bedröppelte Hunde umherlaufen.
Doch die neue Gameplayfreiheit haben wir Pro Passing zu verdanken. Neben der Position zum Ball und Timingfragen spielt vor allem die Spielerstärke eine wichtige Rolle. Wir zielen beim Pass auf den idealen Punkt – so wie der Pass idealerweise gespielt werden soll. Ob das Abspiel nun aber genau dort ankommt, hängt stark vom Können des Zockers und den Attributen des jeweiligen Kickers ab. Während ein Valentin Stocker die Kulle auch in Bedrängnis zentimetergenau spielt, ist der Radius der möglichen Spielrichtungen bei schlechteren Spielern deutlich höher. Dadurch spielt sich FIFA 11 gemächlicher, aber auch deutlich realistischer. Eine waschechte Simulation eben.

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Kontaktsport: Durchpumpen und Verwandeln**

Fussball ist eine Kontaktsportart und nichts für Ballerinatänzer. Hier werden schon mal härtere Bandagen ausgefahren und der Hitzkopf einiger Spieler blitzt durch. Um das entsprechend auf dem Platz abzubilden, haben die Experten von EA Vancouver Personality Plus entwickelt. Im Vorfeld hat EA stark damit geworben, so dass wir es gedanklich schon in der Schublade für Marketinggeblubber abgelegt hatten. Doch während des Spielens wird klar: Hey, die Kicker agieren ja wirklich komplett unterschiedlich. Während sich die Spielart in in FIFA 10 eher nach Nation gerichtet hat, also Engländer sind die aggressiven Bullen, Spanier die Schönspieler, wirft sich hier ein Puyol auch schon mal mit voller Körperkraft ins Getümmel, um einen wuchtigen Kopfball zu landen – Deutschland hat damit schmerzliche Erfahrung gemacht. Egal ob im Sturm, Mittelfeld oder Abwehr, die individuelle Klasse der Sportler entscheidet über Ballgewinn oder -Verlust. So haben schwächere Verteidiger nur einen gewissen Aktionsradius, lassen sich leichter umdribbeln und packen aus Frust schon mal die Sense aus, während ein Puyol millimetergenau grätscht, faire Tacklings spielt und dem gegnerischen Stürmer in letzter Sekunde die Kulle vom Stollen lupft.

Neues Torwart-Feature: Fliegen und siegen

Komplett neu ist die Funktion selbst den Torwart spielen zu dürfen. Ihr bewegt euch wie gewohnt per linken Stick, der rechte wiederum gibt die Richtung vor, in die der Keeper beim Angriff springen soll. Bei Flanken springt ihr in die Menge und drückt Y, um die Pille aus eurem Allerheiligsten zu boxen. Versucht der Stümer hingegen euch auszutänzeln, rutscht ihr ihm mit X entgegen, schnappt euch die Kugel so und begrabt sie unter euren Armen.  
Das ganze System wirkt sehr durchdacht, beispielsweise zeigt ein grüner Kreis an wo ihr am besten stehen solltet und ihr könnt per Knopfdruck den Schlussmann direkt dorthin beordern. Ausserdem zeigt ein leichter roter Strich an, wo ein Schuss ungefähr landen wird. Diese Hilfen lassen sich im Menü auch abschalten, wer es realistisch mag wird sogar mit einer Trophäe respektive Achievement belohnt. Ein gewisses Problem hat die Torwartfunktion aber: Es ist deutlich langweiliger als selbst zu kicken. Wer mit einem halbwegs starken Team und guter Abwehr spielt, wird vielleicht vier, fünf Mal im ganzen Match richtig gefordert. Um hier keine Langeweile aufkommen zu lassen, könnt ihr jederzeit in eine Art Schräg-Von-Oben-Kameraperspektive wechseln und euren Mitspielern Kommandos zuschreien: Drück A und hoffe dass der Typ abspielt. X hingegen steht für einen Schuss. Im Test hatten wir allerdings eher das Gefühl, dass das ein Mitten-drin-Feeling hervorrufen soll, die Kicker auf dem Platz sich aber nicht die Bohne für eure Anweisungen interessieren. Welcher Starstürmer hört schon auf seinen Torwart? Wer unbedingt in der letzten Sekunde noch ein Tor machen muss und das seinen Mannen nicht zutraut, darf wie im richtigen Fussball raus aufs Feld – sollte aber damit rechnen, dass irgendeiner ihm die Kulle mopst und mit einem straffen Schuss ins leere Tor befördert. Auch Freistösse dürft ihr als Keeper schiessen – müsst danach aber wieder zurück ins Tor rennen. Insgesamt also eine sehr gut durchdachte und herausfordernde Funktion, die allerdings mit schwachem eigenem Team deutlich mehr Spass macht.

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