Sleeping Dogs: Definitive Edition - Test

GTA 5 trifft auf Mafia 3 und „Der Pate“ im Lande der Triaden

Test Benjamin Kratsch getestet auf

Fazit von Benjamin Kratsch

Ich hatte sehr viel Spass mit „Sleeping Dogs: Definitive Edition“, weil das Spiel unfassbar detailverliebt ist und vor allem viel Respekt vor der asiatischen Kultur präsentiert. Wo in „GTA“ das ganze Homey und „Yo Brother“-Getue eher aufgetragen wirkt wie in den meisten „East Coast-West Coast“-Hollywood-Streifen, hat United Front Games hier Charaktere aufgebaut, die nicht nur richtig gut geschrieben, sondern eben auch tief verwurzelt sind in der Kultur der Triaden. Das sind zwar sehr brutale Gangs, die aber letztlich doch einen gewissen Ethos haben und denen Ehre und Respekt über alles geht. Als in einer Szene die Braut eines Triaden-Bosses erschossen wird, entschuldigt sich sogar der Feind bei der Familie und liefert den Mörder aus, damit er gerichtet werden kann. Dieser Respekt zieht sich durchs ganze Spiel. Dates beispielsweise laufen anders ab als in „GTA“. Es wird nicht einfach nur ein bisschen geflirtet und gevögelt, sondern die Frauen werden als Persönlichkeit vorgestellt, denen Wei imponieren möchte.

Screenshot

ScreenshotKlar, mitunter ist das schon auch etwas Klischee-beladen, etwa weil eine will das wir in einer „Fast & the Furious: Tokyo Drift“-Manier illegale Strassenrennen gewinnen, andere erzählen aber auch mal von Problemen zu Hause und man hat das Gefühl der Protagonist interessiert sich mehr für die Mädels. Als er betrunken mit zwei Frauen gleichzeitig zu sich nach Hause will, erntet er nur Ohrfeigen von den Ladies und muss sich eine Standpauke über Moral anhören. Witzig gemacht und eben detailverliebt, so wie ganz Hong Kong. Egal wo ihr lang lauft, ihr werdet immer Gespräche mitbekommen. In der runtergekommenen Bude, in der Wei zu Beginn haust, rauchen vor der Tür beispielsweise Prostituierte, die sich über ihre Freier austauschen und gegenseitig Tipps geben, wie man sich mit amerikanischem Pfefferspray schützen kann. Oder ein Fisch-Verkäufer um die 80 Jahre erzählt gerne mal einen Schwank aus der Jugend.

Robust gibt sich der Titel auch in seinen Spielmechaniken. Zwar ist mir persönlich das Fahrgefühl der unterschiedlichen Autos etwas zu eindimensional - hier bietet GTA deutlich mehr Abwechslung -, aber die Drive-by-Shootings und irren Aktionen wie Sprünge aus dem fahrenden Auto auf ein anderes oder das Hollywood-mässige raushängen bei 150 km/h um den Gegner in Bullettime die Räder zu zerschiessen, machen schon richtig Laune und nehmen regelmässig US-Blockbuster wie „Mr. and Mrs. Smith“ mit Angelina Jolie und Brad Pitt auf den Arm, die ja auch Auftragskiller spielen. Bleibt noch das Kampfsystem, das richtig schön „punchy“ ist. Es wird in den ersten Stunden relativ wenig geschossen, deshalb gibt’s auch wenige Pay&Spray-Missionen wie sonst in diesem Genre üblich. Stattdessen warten Ninjas mit schwarzem Gürtel als Zwischenbosse oder Sumo-Ringer, die so dick sind, dass Wei sie unmöglich greifen und irgendwo gegen schleudern kann, wie er das sonst immer tut. Die extrem brutale Inszenierung hätte „Sleeping Dogs: Definitive Edition“ übrigens nicht gebraucht, es wäre auch ohne ein empfehlenswertes NextGen-Spiel, dass mir persönlich sogar mehr Freude gemacht hat als „Watch Dogs“.

Über die Grafik habe ich schon viel geschrieben und die Screenshots auf diesen Seiten sprechen für sich. Es gibt nur wenige Spiele im gesamten Markt, die derart scharf gezeichnete und liebevoll ausgearbeitete Charaktere haben und so virtuos mit Lichtstimmungen, Regen und Wind arbeiten. Die Autos könnten noch eine Nuance plastischer und echter aussehen, aber ansonsten mausere ich mich langsam zum Fan von Remaster-Editionen für die NextGen, vor allem wenn sie von Square Enix kommen. Denn schon "Tomb Raider" sieht auf der PS4 absurd gut aus. Und mit absurd gut meine ich beinahe den gleichen technischen Standard wie auf einem PC für mehrere tausend Franken. Einziger Vorteil auf dem PC: 4k-Unterstützung und TresFX-Haarsimulation von Lara.

Kommentare

Sleeping Dogs Artikel