AppleTV+: Mythic Quest - Titan's Rift - Special

Die zweite Staffel der Apple-TV-Serie bietet gewohnte Qualität - und eine echte Entdeckung

Artikel Video Steffen Haubner

Wie gross Welten sind, hängt immer von den Relationen ab. Gemessen an der offenen MMO-Welt, die sie entworfen haben, wirkt das Arbeitsumfeld der "Mythic Quest"-Entwickler eher wie ein Kindergarten. Na ja, genau genommen ist es auch so etwas in der Art, nur dass es hier eben um Millionen Investitionskosten geht. Aus dem Kontrast zwischen digitalem Helden-Epos und realen Eitel- und Empfindlichkeiten sowie diversen kleinlichen Machtspielchen bezieht auch die zweite Staffel des Apple-Originals "Mythic Quest" einen Grossteil ihres Reizes. Nichts jedoch hat derart galaktische Ausmasse wie ein unbeschriebenes Whiteboard. Genau vor diesem sitzen ganz zu Anfang Poppy Li (Charlotte Nicdao), frisch zur Co-Kreativdirektorin ernannt, und ihr einstiger Chef Ian Grimm (Rob McElhenney). Es geht darum, für die neuen Geschäftspartner eine zugkräftige Erweiterung aus dem Hut zu zaubern, die nicht nur den Mutterkonzern in Montreal von den Hockern reisst, sondern den Spieler auch genug Geld aus der Tasche zieht.

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Prominente Unterstützung: Snoop Dogg sorgt mit einem Gastauftritt für frische Inspiration

Dass Ian nicht mehr der Alleinherrscher ist, sollte dem Mann, der genug Ego für fünf Chefsessel hätte, eigentlich komplett gegen den Strich gehen. Doch dank seiner Selbsterfahrungstrips in der Wildnis sowie einer gesunden Mischung aus Ignoranz und mangelndem Verantwortungsbewusstsein perlt die neue Rangordnung anscheinend komplett am Fitnessstudio-gestählten Körper ab. Schmerzlicher ist da schon, dass der überzeugte Tesla-Fahrer ("I have three Teslas because I care about the environment.") mit dem Steuern eines Porsches mit Schaltgetriebe komplett überfordert ist - und dabei auch noch gefilmt wird. Die Testerinnen Rachel (Ashly Burch) und Dana (Imani Hakim) outen sich indessen mutig als Liebespaar - und stellen entmutigt fest, dass das eigentlich niemanden so richtig interessiert.

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Zarte Bande im Motion-Capturing und ein kleiner Gruss an den Sponsor

Wie in Staffel 1 ähnelt der Studio-Alltag einer Selbsterfahrungsgruppe für Beziehungsgestörte, wirklich zu arbeiten scheint hier niemand. Dafür wird endlich einmal die Frage erörtert, was genau eigentlich den Unterschied zwischen "inspired" und "emotionally manipulated" ausmacht. Ernstere Probleme des "Immer mehr, immer schneller, immer besser"-Business wie Studiosterben, miese Bezahlung und Phasen extremer Überstunden, in der Branche "Crunch" genannt, bleiben dagegen abermals weitgehend aussen vor. Oder sie werden, wie etwa die systematische Benachteiligung von Frauen, ins Lächerliche gezogen, etwa wenn Ian Testerin Rachel die Verwirklichung ihrer persönlichen Vision anbietet und ihr daraufhin rein gar nichts einfällt. Währenddessen darf Poppy eine - natürlich von Ian verfasste - flammende Rede auf einem Event zum Thema "Women in Gaming" halten, die allerdings nach allgemeiner Überzeugung nur "a way to hide the ugly truth" ist.

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