Das Potenzial, zur neuen Jump-'n'-Run-Ikone zu werden, hat der kleine Roboter bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Sein neues Abenteuer glänzt mit schöner Grafik, kreativen Ideen und präzisem Gameplay genauso wie mit einem Helden, der sich nun endgültig nicht mehr hinter Super Mario verstecken muss.
Mit "Astro Bot: Rescue Mission" lieferte Team Asobi vor nunmehr sechs Jahren den vielleicht besten VR-Platformer überhaupt ab. Das neue 3D-Jump-'n'-Run des japanischen Studios heisst schlicht "Astro Bot" und schliesst damit zu absoluten Genregrössen wie "Crash Bandicoot", "Super Mario Bros." oder "Rayman" auf. Was genau "Astro Bot" zum Pflichttitel für PS5-Besitzer macht, erfahrt ihr im folgenden Test und im oben eingebundenen Review-Video.
Kleine Parallelen und grosse Unterschiede
In "Astro Bot" beginnt zunächst alles so ähnlich, wie man das auch aus dem VR-Vorgänger "Rescue Mission" kennt: Ein fieses Alien zerstört das Raumschiff des titelgebenden kleinen Roboters und verstreut die wichtigsten Bauteile quer im Weltraum. Und nicht nur die, sondern auch ganze 300 seiner Roboterfreunde. Die ähneln dem Astro Bot aber nicht wie die Klonkrieger aus "Star Wars" einander. Stattdessen sind viele davon an bekannte Figuren aus PlayStation-Titeln angelehnt und verleihen euch zudem mitunter coole Spezialfähigkeiten, die ihr in den wunderschönen und vor allem kreativen Levels zu eurem Vorteil einsetzen müsst.
Grundsätzlich kann der Astro Bot noch dieselben Dinge wie schon bei seinem ersten Auftritt in der 2014 für PS4 veröffentlichten Minispielsammlung "The Playroom". Der Kleine kann entsprechend springen und löst bei einem "Doppelsprung" seine Schubdüsen unter den Füssen aus, mit denen ihr die meisten Gegner im Überflug besiegen könnt. Ihr könnt auch zuschlagen und beim Gedrückthalten des Schlagknopfes eine Wirbelattacke auslösen, mit der ihr dann unter anderem auch Schraubenmuttern abdrehen oder fächerförmige Gewinde in Gang bringen könnt. Das funktioniert alles wie eh und je sehr präzise, weshalb selbst in den kniffligeren Passagen immer klar ist, dass es am Spieler und nicht an der Steuerung scheitert, wenn etwas nicht klappt.
Der Astro Bot kann nun aber deutlich mehr, was über die genannten Aktionen oder das Aufziehen eines Reissverschlusses hinausgeht. Konkret erhaltet ihr abhängig vom Level (neben speziellen Einmal-Items wie einem Magneten, mit dem ihr Metallobjekte einsammelt und dann auf Gegner oder Schalter werfen dürft) fast immer eine Spezialfähigkeit, die zur Bewältigung des aktuellen Spielabschnitts zwingend gebraucht wird. Eine, bei der sich euer Roboter bis zum Level-Abschluss eine PSVR anzieht, schaltet etwa ein Einfrieren der Zeit frei. So könnt ihr alles um euch herum entsprechend quasi pausieren. Das hilft allerdings nicht nur im Kampf mit Feinden, um etwa den Geschossen Feuerkugeln spuckender mechanischer Frösche besser auszuweichen zu können. So haltet ihr beispielsweise in einem Casino-Areal grosse Dartpfeile oder auch aus einem Automaten sprudelnde Pokerchips kurz an und könnt sie dann als Plattformen nutzen.
Darüber hinaus gibt es Boxhandschuhe, mit denen ihr mächtigere Schläge auch aus grösserer Entfernung ausführen könnt, euch an bestimmten Haltepunkten aber ebenso festhalten und mit Schwung auf eine Plattform (oder zum nächsten Haltepunkt) herüberschwingen könnt. Eine Art Hunde-Jetpack gibt euch Vorschub, wobei ihr die meisten Gegner in der Schussbahn gleich umhaut oder eben oft in Kombination mit normalem Sprung und/oder Schubdüseneinsatz eine weiter entfernte Plattform erreicht. Wir könnten sie jetzt auch alle einzeln aufzählen und detailliert beschreiben. Doch glaubt uns einfach, dass die Verwandlung in eine Metallkugel oder eine Schwammgestalt, bei der ihr mit Wasser aufgeladen riesenhaft anwachst, und vieles mehr für eine riesige Abwechslung sorgt. Letztere geht über die wunderbar vielfältige Gestaltung der Level-Umgebungen mit Dschungeln, Wüsten, japanisch anmutenden Städten, Lava-Landschaften und etlichen weiteren Abschnitten am Strand, unter Wasser oder mitten im Weltall sogar noch hinaus.
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Haufenweise PlayStation-Helden
In "Astro Bot" war es bislang immer so, dass es eine ganze Reihe an Referenzen auf Sony-Hardware und auf andere Spielreihen gab, vor allem klassische PlayStation-Marken. Das ist im neuen "Astro Bot" aber noch ein bisschen stärker der Fall. Denn euer Raumschiff, das zu Beginn des Abenteuers wieder mal von einem fiesen Alien zerstört wird, sieht wie eine PS5-Konsole aus. Euer kleiner Raumgleiter ist ziemlich offensichtlich dem DualSense-Controller nachempfunden. Obendrauf kommen in "Astro Bot" zudem reihenweise zu rettende Bots (insgesamt gibt es 300), die bekannten Spielfiguren nachempfunden sind. Wir können sie unmöglich alle aufzählen und wollen sie auch nicht alle verraten. Doch neben Schrauber Ratchet und sein aus "Ratchet & Clank: Rift Apart" bekanntes weibliches Gegenstück Rivet sind Figuren wie Biker Deacon St. John aus "Days Gone" oder Charaktere aus nicht Sony-eigenen Serien wie Solid Snake aus "Metal Gear Solid" mit an Bord.
Ein paar dieser Bots stechen dabei deutlich heraus. Denn Nathan Drake aus Naughty Dogs "Uncharted", Aloy aus "Horizon" und Kratos aus "God of War" sind nicht nur dabei, sondern in speziellen Levels quasi spielbar. Wir möchten dabei nicht zu sehr ins Detail gehen, immerhin sollt ihr das am besten selbst erleben. Im Level mit Schatzsucher Nathan Drake erklingt allerdings nicht nur passende Musik, und ihr entdeckt zahlreiche Elemente aus dem Vorbild wie das gestrandete deutsche U-Boot aus dem ersten Serienteil. Euer Nathan-Bot nutzt in diesem Abschnitt zudem eine Knarre als spezielles Gadget, die auch im besonders andersartigen Bosskampf am Ende eine wichtige Rolle spielt. Bei Kratos und Aloy sieht das indes recht ähnlich aus. Um daran Spass zu haben, muss man kein ausgewiesener Fan der genannten Serien sein. Die Levels sind auch so toll. Doch wer die Vorlagen kennt, dürfte, ähnlich wie wir, besonders begeistert davon sein.
Ein Boss folgt dem anderen
Bosskämpfe gibt es in "Astro Bot" natürlich auch wieder eine ganze Menge, darunter eine Reihe alter Bekannter aus "Rescue Mission", denen ihr euch hier aber auf ganz andere Art und Weise entledigt. Dabei spielen besagte Spezialfähigkeiten ebenfalls eine wichtige Rolle. Im Kampf mit einer Riesenschlange habt ihr etwa ein Huhn auf dem Rücken, mit dem ihr euch wie eine Rakete senkrecht nach oben in die Luft schiessen könnt. Das ist im genannten Bossfight nicht nur wichtig, um einem Schlag mit dem Schlangenschwanz zu entgehen, sondern ebenso, um im richtigen Moment einen Kristall unter das Kinn des Schlängelbosses zu rammen. Während ihr in diesem Kampf zwei Wiederbelebungen habt (ansonsten sterbt ihr wie gehabt nach einem Treffer, wobei die Checkpoints in den regulären Levels überaus fair gesetzt sind), gibt es auch Bossfights, die ihr an einem Stück mit nur einem Leben schaffen müsst. Dazu zählt beispielsweise ein Piratenroboter, an dem ihr nur mit dem aus dem vorinstallierten PS5-Titel "Astro's Playroom" entlehnten affigen Kletter-Skill mit Anteilen der Bewegungssteuerung hochkommt.
Ihr trefft darüber hinaus auf einen orientalischen Flaschengeist, dessen Level wie so viele andere umfassend thematisch angepasst ist. Die normalen Widersacher erinnern etwa ans antike Ägypten, und, wie bereits angedeutet, sind auch bekannte Grossgegner am Start. Da wäre zum Beispiel der Riesenkraken oder der entfernt an King Kong erinnernde Riesenaffe, dem ihr einmal mehr, wenn auch anders, in luftiger Höhe die Zähne ausschlagen müsst. Beim ebenfalls aus dem VR-Vorgänger bekannten Riesenvogel kommt mit einem Skill, mit dem ihr euch in eine äusserst widerstandsfähige Metallkugel verwandelt, ebenso eine der Spezialfähigkeiten zum Einsatz. Bei einem Chamäleon in einer angenehm dynamischen Kampfarena wiederum hilft euch die Zeitverlangsamung, um am Ende die Oberhand zu behalten. Das klappt nicht immer im ersten Anlauf, aber relativ schnell. Genre-Experten werden hier zwar nicht unter-, allerdings auch nicht gerade überfordert. Eine ganze Menge an (prinzipiell optionalen!) Challenge-Levels sorgt hier jedoch eindeutig für Abhilfe.
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Vielfältige Herausforderungen
In den fünf Hauptwelten (es gibt noch eine Bonuswelt, die ihr über so etwas wie Wurmlöcher in bestimmten Levels freischaltet) erwarten euch neben den regulären Storylevels und Bossfights noch einige andere Spielabschnitte - weitere gibt es im Hub-Level, auf den wir später noch genauer eingehen. Die unterscheiden sich deutlich von den (überwiegend) verpflichtenden normalen Abschnitten, denn anders als dort verfügen die durchweg optionalen Levels nicht über die überaus fair gesetzten Kontrollpunkte der "regulären" Schauplätze, sondern müssen an einem Stück absolviert werden. Allein das würde den angenehm herausfordernden, aber dennoch eher zurückhaltenden Schwierigkeitsgrad der Quasi-Pflichtabschnitte deutlich übertreffen, da ihr bereits bei einem Fehler ganz an den Anfang zurückgesetzt werdet. Ihr müsst jedoch auch abseits dessen weitaus genauer agieren und Sprünge, Schwünge, Schubdüsen-Einsatz etc. besser beherrschen.
Besagte Challenge-Levels sind allerdings nicht unfair, sondern einfach nur anspruchsvoller und deshalb gerade für die, die die "Astro Bot"-Reihe bislang als zu leicht oder zu verzeihend empfunden haben, die perfekte Ergänzung. Doch auch weniger Fortgeschrittene werden sich motiviert fühlen, die Herausforderungen zu bewältigen - nicht nur die, die es auf einen 100-Prozent-Abschluss anlegen. Denn so wesentlich kniffliger viele (nicht alle) der Challenges sein mögen: Ein erfolgreicher Versuch dauert im Regelfall weniger als eine Minute. Ja, die meisten von euch werden oft sterben, so wie wir. Aber das Ziel ist hier so nahe, dass ihr es, eben genau wie wir, wieder und wieder probieren werdet, bis die goldene Fahne am Challenge-Planeten hängt.
Die Challenges sind zudem noch vielfältiger als die normalen Levels, wenigstens in Bezug aufs Gameplay. Und im Grossteil davon sind Spezialfähigkeiten wie Hunde-Jetpack oder Zeitverlangsamung sehr zentral. Es gibt aber auch Challenges, die andere Schwerpunkte setzen und weniger stark Platforming, Kämpfe und Fähigkeiten-Einsatz betonen. Da wären etwa die sogenannten Bonanza-Levels. Dort trefft ihr eigentlich bloss auf eine kleine Kampfarena, in der ein paar Feinde zugegen sind. Die könnt ihr jedoch allesamt nicht direkt besiegen, sondern müsst ihnen mit euren Schubdüsen förmlich den Boden unter den Füssen wegreissen, damit sie in die Tiefe stürzen und ihr triumphieren könnt. Das ist aber etwa bei gleich drei "hüpfenden Glocken", die beim Aufprall auf den Boden tödliche Wellen aussenden, gar nicht mal so leicht. Denn ihr selbst dürft natürlich nicht durch den Boden fallen. Darüber hinaus gibt es Kampf-Challenges im Retro-Stil, bei denen die Gegner, wie etwa Gift spuckende Blobs, entsprechend als Klötzchenkonstrukt auf dem Bildschirm erscheinen. Die ersten Challenges dieser Kategorie sind noch relativ simpel, wobei das nicht heissen soll, dass man den Geschossen aus verschiedenen Richtungen einfach entgehen könnte. In den späteren Levels dieses Typs bricht allerdings nach einer relativ kurzen Zeit der Boden Stück für Stück weg. "Astro Bot" setzt euch also unter Zugzwang und lässt euch nicht alle Zeit der Welt.
Gerade für Genre-Einsteiger mag das bisweilen schon zu viel Anspruch sein. Aber Sony hält sein Versprechen, dass ihr diese und viele weitere Challenges nicht absolvieren müsst. Was ihr an geretteten Bots braucht, um sämtliche Welten freizuschalten und schliesslich auch den finalen Bosskampf angehen zu können (was übrigens bei den meisten nach grob sieben bis zehn Stunden der Fall sein dürfte), ist in jedem Fall auch allein über die regulären Abschnitte zu erreichen. Und zum Teil sogar über den Hub-Level, der mindestens genauso stark ist wie der Rest des Spiels.
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Alle ziehen an einem Strang
Wie die beiden letzten Teile der Reihe verfügt "Astro Bot" auch über einen Hub-Level: der Wüstenplanet, auf dem zu Beginn euer Schiff abstürzt. Der Planet ist anfangs noch ziemlich leer, vom Kern des PS5-artigen Raumschiffs und der Startplattform für euren DualSense-Gleiter mal abgesehen. Der Ort füllt sich mit der Zeit aber immer mehr, insbesondere durch die geretteten Bots, die euch (in steigender Anzahl) bei jedem Besuch dort freudig begrüssen. Das ist schon allein aufgrund der wachsenden Masse an Bots ziemlich cool. Gerade die Tatsache, da sich auch Videospielhelden darunter befinden, macht die Sache besonders reizvoll. Und noch mehr, da ihr die Bots in der Hub-Welt "benutzen" könnt. An bestimmten Punkten könnt ihr sie hier zur Hilfe rufen, wenn ihr die Mindestanzahl an Helfern erfüllt, und die Roboterkumpel helfen dann unter anderem dabei, grosse Felsblöcke aus dem Sand zu hieven, oder bilden gar ein Klettertau, über das ihr in ein Bonusareal hinüberbalancieren könnt. Sind Crash, Solid Snake oder die Hauptfigur aus "Journey" bereits freigeschaltet, helfen sie genauso mit wie jeder andere Bot auch. Grossartig! An anderer Stelle halten eure Helfer kleine Steine wie eine Treppe für euch hoch, damit ihr problemlos ein zusätzliches Puzzle-Teil, das ihr ansonsten vor allem in den regulären Levels findet, ergattern könnt.
Diese Teile schalten dann zudem weitere Gebäude in der Nähe der PS5, ähm, eures Raumschiffs frei. Darunter befindet sich eine Ankleidekammer, in der ihr das Outfit von Astro Bot wechseln könnt - unter anderem auf ein rein goldenes Kostüm oder auch eines im Stil der Spielfigur aus "Bloodborne" (wann kommt endlich ein zweiter Teil, Sony?). In einem anderen wählt ihr eine alternative Lackierung für den Gleiter aus. Es gibt zudem ein "Safari"-Gebäude, in dem ihr Selfies mit anderen Bots und Kreaturen der Welt schiessen könnt. Natürlich erscheint mit als Erstes ein Gebäude, in dem ihr gesammelte Münzen (auch jede Level-Wiederholung bringt weitere) an einem Automaten in Belohnungen umsetzen könnt, wie eben Lackierungen oder Kostüme. Besonders gut von den knapp 170 Freischaltobjekten gefallen haben uns aber die, bei denen vor allem die Bots im Stil berühmter Videospielhelden in Szene gesetzt werden. Da wollen wir ebenfalls nicht zu sehr spoilern. Aber wenn ein bestimmter Charakter aus "Metal Gear Solid" einen Pappkarton spendiert bekommt und ihn nutzt, wissen wohl nicht nur Serienfans, warum das, wir können es leider nicht besser ausdrücken, einfach ziemlich geil ist.
Fazit
Wir machen es kurz: "Astro Bot" ist nicht weniger als einer der besten 3D-Platformer der letzten Jahre. Mit seiner spielerischen Vielfalt und den vielen kreativen Ideen glänzt der Titel genauso wie mit seiner wunderschönen Grafik und den unzähligen liebenswerten Referenzen auf seine Vorgänger, die PlayStation-Historie und Videospielhelden generell. Gerade mit den deutlich kniffligeren Challenges schliesst "Astro Bot" zudem mit verlockenden optionalen Inhalten eine Lücke für Genreprofis, denn gerade erstere liefern auf Abruf auch für sie eine angemessene Herausforderung. Ein klarer Pflichtkauf für den Genre-Fan mit PS5!
Wir könnten euch natürlich noch so viel mehr Szenen aus Astro Bot zeigen - besonders coole Levels, Spezialfähigkeiten oder einfach nur witzige Szenen, in denen wir hinter einer den Fotowände in den Levels posieren oder es uns mit dem Astro Bot auf einer Sonnenliege gemütlich machen und der liebenswerte Held wegdöst und dabei jede Körperspannung verliert. Doch das solltet ihr am besten alles selbst erleben in einem der schönsten und schlicht besten 3D-Platformer der letzten Jahre. Wenn ihr auch nur ein bisschen mit dem Genre anfangen könnt und eine PS5 euer Eigen nennt, solltet ihr unbedingt zuschlagen!