Blue Prince - Test / Review

Die Zwiebel unter den Videospielen

Test Video Fabrice Henz getestet auf Xbox Series X/S

Eigentlich jedes Jahr gibt es ein oder ein paar Games von unabhängigen Entwicklern, die in der Szene wie eine Bombe einschlagen. 2024 war es etwa das Poker-Roguelike "Balatro" des Solo-Entwicklers LocalThunk, das Spieler und Presse gleichermassen vollkommen begeisterte. Dieses Jahr kommt mit "Blue Prince" ebenfalls ein zum grössten Teil von nur einer Person, Tonda Ros, entwickeltes Puzzle-Spiel, das für die nächsten Jahre einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird.

Es ist ein Game, das vielleicht nicht von der ersten Minute vollends überzeugen kann, einen aber ab einem gewissen Punkt nach kurzer Spielzeit nicht mehr loslassen wird.

Ein Erbe mit Bedingungen

Simon P. Jones hat das absolute Glückslos gezogen. Als Grossneffe von Herbert S. Sinclair steht ihm das gigantische Anwesen des Verstorbenen als alleiniger Erbe in den Bergen zu. Dazu gehört eine riesige Villa mit stattlichen 45 Zimmern. Damit Simon das Erbe erhält, muss er aber zuerst noch eine Aufgabe lösen, die er von seinem Grossonkel bekommen hat. Er muss innerhalb eines Tages das mysteriöse 46. Zimmer des Hauses mit 45 Zimmern finden. Gelingt ihm das nicht, kann er zwar am nächsten Tag wieder von vorn anfangen, doch jeglicher Fortschritt vom Vortag geht verloren und das komplette Anwesen verwandelt sich. Oder so scheint es zumindest.

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Viel mehr als diese grundlegende Prämisse sollten und wollen wir an dieser Stelle auch gar nicht verraten. Es ist ein einfacher Ausgangspunkt, der einen in die übergreifende Geschichte hineinziehen kann. Dem roten Faden der Handlung zu folgen, bleibt dabei offensichtlich genug. Wer jedoch allen Handlungssträngen folgt, fleissig alle Dokumente liest und sämtliche Puzzleteile mental zusammensetzt, bekommt viel mehr präsentiert als nur ein einzelnes grosses Geheimnis. Sich mit der kompletten Story, die wir selbst noch lange nicht ganz entwirrt haben, auseinanderzusetzen, macht das Gesamtpaket deutlich attraktiver. Es ist die erste Schicht dieser faszinierenden Zwiebel.

Und täglich grüsst ein neuer Grundriss

Schon diese Prämisse lässt allerdings einige Fragen aufkommen. Wieso hat ein Haus mit 45 Zimmern einen 46. Raum? Und wie verwandelt es sich jeden Tag aufs Neue? Was es storytechnisch damit auf sich hat, wollen wir wirklich nicht verraten, doch umso mehr, welchen Einfluss es auf das Geschehen hat.

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Man startet jeden Tag aus der Ego-Perspektive in der Eingangshalle von Mt. Holly. Dort gibt es in alle Himmelsrichtungen eine verschlossene Tür und die Eingangstür, durch die man hereingekommen ist. Öffnet man eine der verschlossenen Türen, bekommt man die Wahl aus drei Zimmern, die man einsetzen kann. Das können Gänge mit mehreren weiteren Türen sein, ein Puzzlezimmer, ein Raum mit sammelbaren Gegenständen oder jede Menge weitere Räume, die alle ganz verschiedene Effekte haben. Das Anwesen ist in ein 5-x-9-Raster aufgeteilt, und das Ziel ist ein auf der Karte markiertes Vorzimmer ganz im Norden dieses Rasters. Im Verlauf stellt man sich ein Haus zusammen - mit immer neuen Räumen und Rätseln auf dem Weg zu seinem Ziel. Dabei ist jedoch auch Vorsicht geboten. Es gibt Zimmer, die zwar Belohnungen versprechen, aber in einer Sackgasse enden. Ausserdem können auch Zimmer mit Türen in einer Sackgasse enden, je nachdem, wo sich in ihnen die weiterführenden Türen befinden. Obendrauf können nicht alle Zimmer frei platziert werden, denn für gewisse Räume mit zusätzlichen Vorteilen oder Effekten müssen Edelsteine investiert werden, die man finden kann. An unserem ersten Tag in "Blue Prince" ging das Abenteuer in weniger als zehn Minuten zu Ende, weil wir die Zimmer ohne jegliche Planung platzierten, weshalb es schon nach kürzester Zeit keine weiterführenden Türen mehr gab. Doch je länger man spielt, desto eher weiss man, wie der Grundriss in etwa aussehen soll. Und dass bestimmte nützliche Räume nur an bestimmten Orten platziert werden können oder andere Zimmer benötigen, um ihre Rätsel lösen zu können. Es ist ein cleveres System, das von Roguelikes und Deckbuildern inspiriert ist oder an analoge Spiele wie "Betrayal at House on the Hill" erinnert. Schicht um Schicht kommen wir zum Kern des Games.

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Man kann sich auch nicht frei durch das Haus bewegen. Jedes Mal, wenn man ein Zimmer betritt, verliert man einen von anfangs 50 Schritten. Wer einen wichtigen Raum ganz zu Beginn des Grundrisses platziert und später dorthin zurückkehren muss, braucht viele Schritte, um überhaupt dorthin zu kommen. Es gibt zwar Möglichkeiten wie Essen oder bestimmte Raumtypen, die einem Schritte zurückgeben, es ist jedoch Vorsicht geboten. Ausserdem lassen sich Upgrades finden, die eben doch nicht jeden Tag zurückgesetzt werden. Man startet zwar jeden Tag wieder frisch, wer bestimmte Aufgaben löst, kann allerdings Abkürzungen an bestimmten Orte freischalten oder täglich mit einer kleinen Menge an Münzen starten.

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