Dead Letter Dept. - Test /

Der Horror der Dateneingabe

Test Fabrice Henz getestet auf PC

Wenn man den Mainstream-Spielemarkt anschaut, dann kann alles sehr schnell wie eine homogenisierte Masse aussehen. Wie so oft kommen unabhängige Entwickler daher, um sonst ignorierte Nischen zu bedienen. Typing-Games, das heisst Spiele, in denen es in irgendeiner Form um Tastaturschreiben geht, sind dabei ein klares Beispiel einer Nische. Diese dann noch mit Horror zu mischen, verkleinert das Zielpublikum umso mehr. Doch genau dieser ganz klare Fokus ist eine der Stärken von "Dead Letter Dept.".

Jemand muss den Job ja machen

Büroarbeit kann unglaublich monoton sein. Die Eingabe von endlosen Daten kann einen dabei psychisch zermürben, aber es ist ein Job, der gemacht werden muss. Für jemanden, der gerade frisch in eine grosse, namenlose Stadt gezogen ist und dringend Geld braucht, um die Miete für eine schäbige, kleine Wohnung zu bezahlen, also genau die richtige Art von Arbeit, um über die Runden zu kommen.

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Bei den Daten, die man eingeben muss, handelt es sich um unzustellbare Post. Briefe mit unleserlichem Gekritzel oder Adressen, die nicht ganz korrekt sind. Ein hilfreiches Computersystem hebt dabei den Text, den man eingeben muss, hervor und versorgt einen immerzu mit neuen Dokumenten, die man analysieren und übertragen muss.

Eigentlich ein oberflächlich ziemlich simpler Job. Doch schon bald wird die Arbeit immer komischer. Einige Briefe scheinen direkt an uns, den Protagonisten und den Spieler, gerichtet zu sein. Man transkribiert die perfekt leserliche Adresse der eigenen Wohnung. Dokumente, die nur aus den Worten "Geh nach Hause" bestehen. Die gruselige Stimmung am unpersönlichen Arbeitsplatz, an dem man nie jemanden anderen sieht, hilft dabei definitiv nicht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Je länger man die Arbeit ausführt, desto merkwürdiger wird sie.

Man muss dafür gemacht sein täglich in einen Bildschirm zu schauen

Die obige Zusammenfassung der Story steht gleichfalls für die Zusammenfassung des Gameplays. Man bekommt Briefe und Dokumente auf einem virtuellen Bildschirm zu sehen und tippt dann ab, was das System für einen gelb markiert. Auf Tastendruck kann man die beiden Seiten der Post ansehen oder auf den Text zoomen, weil dieser manchmal extrem schwer zu lesen ist. Ein automatisches Ausfüllsystem kann zusätzlich helfen, eine bestimmte Adresse zu finden, wenn einem vom Text her zu wenig Informationen zur Verfügung stehen. Neben diesen Aufgaben folgen im Verlauf eines Spieldurchgangs noch kleine Puzzles, die man auch in der Form der Texteingabe lösen muss. Diese können einen manchmal im ersten Moment sehr verwirren, was für ein wenig Frust sorgen kann.

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Es ist ein extrem simples Konzept, das dank der fantastischen Atmosphäre aber perfekt funktioniert. Anfangs sind die Kuriositäten, die man zur Arbeit bekommt, noch relativ unauffällig. In unserem ersten Durchgang erhielten wir jedoch beispielsweise ungefähr 10 Dokumente nacheinander, die alle an eine gewisse Eryn Nunley adressiert waren. An und für sich zwar kurios, aber nicht weiter auffällig. Aber wenn man sich bewusst ist, dass man sich hier in einer bizarren Horror-Geschichte befindet, sorgt alleine diese Tatsache für ein mulmiges Gefühl. Brief um Brief, alle für Eryn Nunley und bei jedem weiteren Brief nur die Hoffnung, dass etwas anderes kommt. "Dead Letter Dept." nutzt sein Konzept gekonnt aus. Mit wenigen, oft komplett mondänen Mitteln wird eine gruselige Stimmung der Sonderklasse geschaffen. Ein Durchgang durch die Geschichte, deren Inhalt in vielen Aspekten offen zur Interpretation ist, dauert dabei etwa zwei bis drei Stunden. Dabei kann mit den Standardeinstellungen nur einmal gespeichert werden, denn das Spiel ist am effektivsten, wenn man sich in die Arbeit vertieft und nicht ständig zwischen Desktop oder anderen Apps hin und her wechselt. Wem das nicht passt, kann jedoch in den Einstellungen unendlich viele Speichermöglichkeiten aktivieren.

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