Doom - Test

Mehr als nur ein ultra schneller, ultra brutaler Gewaltporno

Test Benjamin Kratsch getestet auf PC

Fazit

Okay wow, wie bewertet man einen Shooter, der gefühlte 20 Jahre in der Tiefkühlkammer geschlafen hat und das Design moderner Spiele ignoriert, sich aber teuflisch gut anfühlt? „Doom“ ist ein Rausch, wie wir ihn selten erlebt haben. Mit einem Flow, der vor allem aus dem perfektem Leveldesign, Timing und Mechaniken besteht. Es gab einen Punkt, da sind wir gefühlt nur noch auf Gegner zugesprungen, haben ab gewisser Höhe einfachem Gekröse mit der Super-Shotgun die Birne weggebrutzelt und uns sonst auf die dicken Dinger konzentriert. Ihr bleibt nie stehen, ihr geht nicht in Deckung, ihr schaltet immer voll auf Angriff. Zumindest bis zu dem Augenblick, wo euch auffällt, das „Doom“ eben kein „Call of Duty“ ist und der Doomguy keine tausend Schuss Munition rumschleppt. Dann müsst ihr euch plötzlich rückwärts springend entsinnen, wo die verdammten Magazine rumliegen. Gnade euch Gott, wenn ihr dann nicht den entsprechenden Scan-Perk des Anzugs freigeschaltet habt. Wer darauf abfährt, also dieses Skill-lastige Abmetzeln von riesigen Horden, die euch brutal durch die Gänge scheuchen, der sollte sich „Doom“ kaufen. Denn ihr werdet damit eine geile Zeit haben. Müsst allerdings nicht selten ein Auge zudrücken, weil die Levelstruktur von „Doom“ schon arg simpel aufgebaut ist. Es gibt leider nur sehr wenige Setpieces, sehr wenige grosse denkwürdige Skript-Momente. Stattdessen besteht gerade die Zeit auf der Mars-Station daraus immer wieder in diesen vierstöckigen Levels irgendwelche Keycards zu finden und sich bei der ganzen tobenden Action daran zu erinnern, wo jetzt nochmal was rum lag. Die Hölle ist atmosphärisch abwechslungsreicher, strukturell aber ähnlich.

„Doom“ ist ein Shooter, weil er ein Shooter sein will und das macht ihn Besonders. ID Software pfeift weitestgehend auf Dramaturgie, es gibt keinen Charakteraufbau, nur einen Mann, dem man ein Arsenal an Waffen in die Hand drückt und ihn tun lässt, was er am Besten kann. Der Multiplayer ist kompetent und spassig, haut aber nicht ganz so rein wie die Kampagne. Es gibt einige schöne Ideen, insbesondere dieses „No Risk, No Fun“-System der Teleportgranate, aber gerade die Möglichkeit seine Waffen so bunt und schräg einzufärben wie mittlerweile in „Call of Duty“ üblich, wirkt irgendwie unpassend und deplatziert. Eine fantastische Idee ist hingegen der Revenant: Das ist eine Rune, die euch für kurze Zeit für exakt 60 Sekunden in einen schwebenden, fast vier Meter grossen Dämon verwandelt, der Schwarmraketen von seinen Schultern aus verschiesst und locker ein Match drehen kann. Gerade hier zeigt sich die Brillanz der Balance von id Software: Tötet ihr den Revenant, lässt er das Power-Up fallen, ihr könnt dann seine Rolle einnehmen. Aber nur, wenn ihr schnell genug seid. Nimmt es einer aus seinem Team auf, erweist ihr eurer eigenen Gruppe einen heftigen Bärendienst, denn dann darf der Feind 120 Sekunden, also satte zwei Minuten und damit ein Drittel der Gesamtspielzeit einer Runde mit einer übermächtigen Einheit Punkte sammeln. Doch wie lässt sich der Revenant besiegen? Definitiv nicht im Nahkampf und nicht alleine, vielmehr müsst ihr smarte Teamtaktiken anwenden. Vielleicht müssen sich sogar ein oder zwei Spieler opfern, indem sie das Biest ablenken, während die anderen versuchen mit ihren Scharfschützengewehren in eine bessere Position zu kommen. Ja doch, die Oldies von id Software wissen noch, wie man Shooter entwickelt. Und solltet ihr ein gutes Händchen für Leveldesign haben, liefert Bethesda als Schmankerl auch gleich noch einen mächtigen, eingängigen und komfortabel bedienbaren Leveleditor mit, in dem ihr sogar die Lichtstimmung selbst definieren könnt.

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