Zwischen Kontrolle und Chaos
Im Gegensatz zur anfänglich dezent trägen Geschichte startet "Dragon Age: The Veilguard" in Sachen Gameplay voll durch. Rook ist kein namenloser Held, der erst sein Handwerk lernen muss. Vielmehr bringt der Hauptcharakter bereits Erfahrung mit und muss innerhalb der Handlung überraschend Verantwortung übernehmen. In den ersten Spielstunden fühlten wir uns daher mit dem von uns gewählten Elfenmagier geradezu übermächtig. Früh kontrollierten wir das Schlachtfeld mit Feuerwällen und Blitzattacken.
Im Gegensatz zu früheren Spielen verzichtet das aktuelle "Dragon Age" auf einen umfangreichen Taktikmodus und reduziert die Anzahl der Gruppenmitglieder auf lediglich zwei. Diese agieren selbstständig und sind obendrein unsterblich. Über Kurzbefehle oder den Pausenmodus aktivieren wir Spezialaktionen oder weisen ihnen Ziele zu. In der Anfangsphase benötigt man die Mitstreiter kaum, später allerdings stellen sie eine notwendige Unterstützung dar. Auch wenn das neue "Dragon Age" nicht mehr so strategisch fordernd ist wie seine Vorgänger, sind die Kämpfe dennoch immer wieder intensiv und anspruchsvoll.
Rooks Bewaffnung hängt wiederum von der gewählten Klasse ab: Als Magier beispielsweise greift ihr zum Stab und attackiert so aus der Distanz, könnt allerdings auf kurze Entfernung auch mit einem Orb und einer scharfen Klinge angreifen. "Dragon Age: The Veilguard" spielt sich deutlich actionreicher als seine Vorgänger. Flotte Blocks und Ausweichmanöver sind an der Tagesordnung. Gelegentlich geht in der Flut an Feinden auch gern mal die Übersicht verloren.
Gerade im späteren Spielverlauf warten sie mit immer mehr Tricks auf, die es zu erkennen gilt: Panzerung oder auch Barrieren müssen mit den richtigen Aktionen attackiert werden, um sie möglichst schnell auszuschalten. Gerade der Mix aus aggressiven Fernkämpfern und schwer gepanzerten Widersachern macht einem daher das Leben immer wieder schwer. Insgesamt spielt sich "Dragon Age: The Veilguard" deutlich schneller als seine Vorgänger. Das ist zweifellos eine Umstellung.
Das Einbinden der Kameraden funktioniert ordentlich, jedoch gehen aufgrund von deren Unsterblichkeit ein wenig Dramatik, Wir-Gefühl und Teamwork verloren. Emmrich, Taash, Lucanis und Co sind eben auch dabei, drücken den Kämpfen aber weit weniger einen Stempel auf als die Begleiter in früheren "Dragon Age"-Spielen. Störend fallen hier zudem die Smalltalk-Oneliner während der ruhigen Erkundungsphasen auf. Wenn wir zum tausendsten Mal hören, wie Harding Taash über das Feuerspucken ausfragt, geht uns der Hut hoch.
So schön ist Thedas
"Dragon Age" bietet dabei nicht eine grosse, offene Spielwelt. Der Leuchtturm dient als Hauptquartier der Gefährten, von dem aus ihr über die Kreuzung und magische Spiegel (sogenannte Eluvianer) in grössere Gebiete wie etwa die Hauptstadt Minrathos oder Treviso gelangt. Sehr schön: Alternativ könnt ihr die Schauplätze auch per Schnellreise über das Kartenmenü ansteuern. Dadurch hält sich die Laufarbeit trotz der beachtlichen Grösse der Areale dennoch in Grenzen.
Die Orte strotzen vor Details und sind allesamt wunderschön anzuschauen - mal düster und bedrohlich, mal strahlend hell und majestätisch. Der Grafikstil eines "Veilguard" unterscheidet sich deutlich von dem der Vorgänger und wirkt insgesamt ein wenig bunter und Cartoon-artiger. Auch dadurch entsteht - trotz des brachialen Spielstarts - zunächst eher das Gefühl eines grossen Abenteuers denn des nahenden Weltuntergangs. Doch obschon das zunächst einen kleinen Kulturschock bedeutet, ist die Präsentation des Action-Rollenspiels erstklassig.