Dying Light 2: Stay Human - Test / Review

Menschlichkeit im Blutbad

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Der letzte Rest von Menschlichkeit

Wie eingangs bereits angedeutet, müsst ihr in "Dying Light 2" immer wieder Entscheidungen treffen, von denen häufig das Schicksal einzelner NPCs oder sogar ganzer Fraktionen im Spiel abhängt. So erhaltet ihr nach dem Abschluss einer Story-Mission etwa den Hilferuf von zwei Charakteren, die euch zu einem früheren Zeitpunkt einmal geholfen haben. Welche kurz- oder langfristigen Konsequenzen das mitbringt, wisst ihr vorher selbstredend nicht. Dem einen zu helfen, bedeutet zudem nicht zwangsläufig, dass der andere stirbt. Womöglich aber, dass er euch irgendwann auch mal die Hilfe verweigert. Entscheiden müsst ihr darüber hinaus immer wieder, ob ihr zwielichtig anmutenden NPCs das Vertrauen aussprecht oder mit ihnen brecht, was ebenfalls im späteren Verlauf zu eurem Vorteil oder eben zu eurem Nachteil werden kann.

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Das Entscheidungssystem, das auch in Nebenmissionen immer wieder eine wichtige Rolle spielt - so könnt ihr einen im Sterben liegenden Peacekeeper-Soldaten mit gepflückten Kräutern retten oder dem Arzt sogar bewusst das falsche Mittel überreichen -, ist dabei durchaus komplex, wenn auch nicht gerade wie in einem "Detroit: Become Human". Es entfaltet aber lediglich im Ansatz ein Mehr an Dramaturgie. Der Grund dafür ist simpel: Im Spiel trefft ihr zwar auf eine Reihe interessanter NPCs, wobei sich auch anfängliche Gegenspieler teils als wichtige Verbündete entpuppen. Eine echte Bindung bauen wir zu ihnen aber nie auf, denn unterm Strich wirken sie alle recht austauschbar, woran auch die meist gut inszenierten Dialoge mit ihnen wenig bis gar nichts ändern.

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Spielerisch von Bedeutung ist das Entscheidungssystem dann aber doch und verändert mitunter auch die Spielwelt deutlich. Denn immer wieder beansprucht ihr zum Beispiel Stromwerke oder Wassertürme für euch, die ihr dann zwingend einer der Fraktionen zuweisen müsst und dafür unterschiedliche Perk-artige Vorteile kassiert. Das grösste Problem, weshalb das Entscheidungssystem im Grossen und Ganzen seine Wirkung verfehlt, ist aber tatsächlich das extreme Gewaltpotenzial der Welt. Wenn man gerade ein paar Banditen in ihre Einzelteile zerlegt hat oder (ohne gewaltärmere Alternative) einen Turm in die Luft sprengt, kommt es einfach etwas plump daher, die ohnehin auf Dauer nicht aufrechtzuerhaltende Menschlichkeit in den Fokus zu rücken. Einzig Aidens unbedingter Willen, auch wenn es seinen eigenen Tod bedeuten sollte, seine Schwester zu finden, rechtfertigt halbwegs den verwunderlichen Untertitel des Spiels. Denn er deutet eine Art von Tiefgang an, der schlichtweg nicht vorhanden ist oder dessen Ansätze in der ultrabrutalen Gewaltdarstellung einfach gnadenlos untergehen.

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