Elex II - Test / Review

RPG-Intensität mit Ecken und Kanten

Test Video Benjamin Braun getestet auf Xbox Series X/S

Motivierender Fortschritt, schwankende Balance

Das Charaktersystem von "ELEX II" funktioniert im Wesentlichen noch sehr ähnlich wie im Vorgänger. Ihr steigt also mit im Kampf und bei der Absolvierung von Quests erworbenen Erfahrungspunkten in Stufen auf und dürft dann Attributs- und Lernpunkte in Charakterverbesserungen investieren. Pro Stufe gibt es zehn Attributspunkte, die anfangs eins zu eins in die Erhöhung von Stärke, Geschick, Konstitution, Intelligenz und Gerissenheit umgemünzt werden können. Je höher das jeweilige Attribut bereits ausgebaut wurde, desto mehr Attributspunkte braucht ihr, um es um einzelne Punkte zu erhöhen. Ihr könnt euch entsprechend nicht innerhalb kürzester Zeit etwa zum Übermuskelprotz hochzüchten, der selbst stärkste Feinde im Nahkampf mit wenigen Schlägen umnietet. Die stärksten Waffen erfordern zudem im Regelfall hohe Werte in gleich zwei Attributbereichen, also etwa Kraft und Konstitution bei Nahkampfprügeln, Kraft und Geschick bei Bögen oder Geschick und Intelligenz bei Schusswaffen. Das System funktioniert trotz der sehr offenen Struktur des Spiels exzellent und sorgt insgesamt für eine angemessene Spielbalance. Zudem gelingt es dadurch trotz der vielen Freiheiten, an vielen Stellen "Gothic"-Flair zu erzeugen. Man kann zwar meist relativ leicht an Gegner vorbeilaufen oder mithilfe des Jetpacks entkommen. Für weniger fortgeschrittene Helden sind Feinde abseits der Hauptpfade allerdings lange Zeit kaum zu besiegen. Mit Trollen oder riesigen Mutanten könnt ihr euch also erst viel später mit guten Erfolgschancen messen.

Screenshot

Charakterverbesserungen erzielt ihr darüber hinaus neben besseren Rüstungen, Schilden und so weiter durch den Erwerb Perk-artiger Skills. Da gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Ihr könnt Schmieden und das Sockeln von Waffen erlernen sowie Chemiekenntnisse verbessern, um selbst Heiltränke oder sogar solche, die permanent einen Attributspunkt bringen, zu brauen. Ihr erlernt, Tieren Felle und andere Trophäen zu entreissen, die mitunter viel Geld bei Händlern bringen können, stärkt Trefferpunkte und Ausdauer oder schaltet eine leichte Selbstregeneration frei. Auch die Perks sind allerdings an einige Voraussetzungen geknüpft und kosten beim Erwerb zusätzlich viel Geld bei Lehrern. Das kann man sich ebenfalls erleichtern, indem man soziale Perks erwirbt, durch die geringere Kosten entstehen oder Ähnliches. Das Problem des an sich gut durchdachten Systems ist jedoch, dass es relativ unübersichtlich ist. Nur, wenn ihr bereits entsprechende Lehrer gefunden habt, könnt ihr sie auf eurer Karte zudem markieren lassen, um gezielt bestimmte Perks zu erlernen. Das Prinzip ist damit zwar typisch Piranha Bytes und wirkt realistischer als in vielen anderen RPGs. In einem Spiel anno 2022 hätte man es aber dennoch wenigstens optional komfortabler lösen können.

Screenshot

Schwächen in der Spielbalance tun sich allerdings nicht dadurch auf, sondern im Rahmen der hohen Nonlinearität - auch im Quest-Bereich. So können bereits im ersten Passus, also dem ersten Kapitel, wenn man es so nennen möchte, Aufgaben angenommen beziehungsweise aktiviert werden, die im ersten Akt bei normalem Stufenfortschritt nur schwer zu schaffen sind. Das gilt insbesondere für die Gefährtenmissionen mit Kampfeinsätzen, wo euch oft grössere Mengen an starken Gegner erwarten, die, wenn ihr Pech habt, nur schlecht einzeln oder in kleineren Gruppen angelockt werden können. Aber auch in den Haupt- und sonstigen Nebenmissionen kann es mal sehr knifflig werden. So wird zu Beginn des zweiten Passus etwa eure Basis von Skyands attackiert. Verhindern könnt ihr das nur, wenn ihr einem bestimmten NPC im Lager nicht zu nahe kommt. Denn sieht er euch, läuft er automatisch auf euch zu, wobei nach dem Dialog besagte Schlacht startet. Eher ungewohnt für die meisten Rollenspieler, ist trotz des regelmässig greifenden Autosave-Systems oft manuelles Speichern (auch Quicksaves sind möglich) sinnvoll und notwendig, um derartige Kämpfe sozusagen häppchenweise zu absolvieren, um sie am Ende nicht noch mal von vorn angehen zu müssen. Das ist für Piranha-Bytes-Liebhaber ebenfalls nicht Neues und im Zweifel kein Nachteil. Für viele andere Genre-Fans aber bedeutet es eine Umgewöhnung, die wohl eher auf ein geteiltes Echo innerhalb der Community stossen dürfte. Ähnliches kann man über das Kampfsystem sagen.

Kommentare

Elex 2 Artikel