Dieses Erstlingswerk schreibt Rollenspielgeschichte: Das Debütspiel des französischen Entwicklers Sandfall Interactive heimst Höchstwertungen ein. Der Test verrät, ob "Clair Obscur: Expedition 33" diesem Anspruch auch gerecht wird.
"Clair Obscur: Expedition 33" entführt euch auf die Fantasy-Insel Lumiére. In dem durch die französische Belle Époque inspirierten Szenario kommt es alljährlich zur sogenannten "Gommage". Seit 67 Jahren zeichnet nun schon eine mysteriöse Malerin eine sich jährlich verringernde Zahl auf einen Monolithen. Und jedes Jahr verschwinden die Menschen, deren Alter über der aufgezeichneten Zahl liegt.
Und ebenfalls jedes Jahr entsendet Lumiére eine Expedition, um die Malerin aufzuhalten und das grausige Ritual der "Gommage" zu stoppen. Ihr übernehmt "Expedition 33", angeführt von Gustave, der unter anderem von seiner Schwester Maelle und der Elementarmagierin Lune begleitet wird. Allerdings steht das Unterfangen bereits zu Beginn unter einem schlechten Stern. Die Gruppe wird von einem unbekannten, weisshaarigen Mann angegriffen und getrennt. Mehr möchten wir an dieser Stelle nicht verraten.
Emotionen pur!
Um es an dieser Stelle gleich klarzustellen: "Clair Obscur: Expedition 33" ist ein visuelles und akustisches Meisterwerk. Selten zuvor gingen Grafik und Sound derart stimmig Hand in Hand und kreierten eine gleichermassen wunderschöne wie malerisch-melancholische Spielwelt. Gegner- und Weltendesign sind bezaubernd. Da nehmen wir es mit angriffslustigen Karren und Puppen auf oder laufen durch ein fantastisch ausgeleuchtetes Korallenriff.

Doch "Clair Obscur" ist mehr als nur ein Grafikblender. Auch die Geschichte und ihre Figuren überzeugen und ziehen einen von der ersten Sekunde an in ihren Bann. Das Spiel kreiert mit seinem teils durch Chansons und Kirchenlieder geprägten Soundtrack eine gewisse Schwere. Themen wie Tod und Verlust sind ebenso allgegenwärtig wie Hoffnung und Freundschaft. Die englischsprachigen Dialoge sind erstklassig, wirken authentisch und gleichzeitig passend. Jede Figur besitzt ihre individuelle Hintergrundgeschichte und einen eigenen, klar erkennbaren Charakter, der weit über die klassischen RPG-Stereotypen hinausgeht. Mal lustig, mal traurig und manchmal auch rührend - es sind die kleinen Augenblicke, die hier eine Bindung zu dem Spiel und seinen Figuren erzeugen.
Hübsche Welt, durchschnittliche Steuerung
Im Gegensatz zu etwa "The Witcher 3: Wild Hunt" bietet "Clair Obscur" keine echte Open World. Stattdessen bewegt ihr euch auf einer Übersichtskarte immer wieder von einem Gebiet zum nächsten. Die Areale gestalten sich dabei vergleichsweise geradlinig und weisen nur gelegentlich versteckte Bereiche oder Nebenbeschäftigungen auf. Trotzdem: "Clair Obscur" ist überraschend geradlinig für ein Rollenspiel, wird euch aber mindestens 30 Stunden in seinen Bann ziehen. Wollt ihr wirklich alles sehen, kommt ihr sicher auf 50 und mehr Stunden.

Das Erforschen seiner Welt belohnt das RPG mit allerlei Sammelgegenständen und Extras. Beispielsweise entdeckt ihr immer wieder Audio-Tagebücher früherer Expeditionen sowie neue Waffen, sogenannte Pictos oder die Währung Chroma. Wenn man allerdings an "Clair Obscur" etwas kritisieren möchte, dann die Navigation: Die gelegentlichen Sprungpassagen sind unpräzise, und auch andere Spielelemente überzeugen nicht wirklich. Das Game ist genial, doch das Third-Person-Handling erweist sich als zu schwammig.