Microsoft Flight Simulator - Special / Interview

Update Richtung Zukunft

Artikel Video Steffen Haubner

Der "Microsoft Flight Simulator" baut Schweiz, Österreich und Deutschland aus. Wir haben vorab mit dem Entwicklungschef Jörg Neumann gesprochen.

"Ich bin nicht schwindelfrei!" Ein erstaunliches Geständnis für jemanden, der sich mit Haut und Haaren dem Schweben über den Wolken verschieben hat. Bereits Anfang der 1980er-Jahre hatte Jörg Neumann, Mastermind des "Microsoft Flight Simulator", die Vision, es jedermann zu ermöglichen, das Gefühl des Fliegens am eigenen Leib zu erleben. Nach einigen Jahren Pause ist er nun wieder ganz in seinem Element: Die legendäre Software wurde 2020 zu neuem Leben erweckt und ist nach der PC-Version mittlerweile auch für die Xbox erschienen. Seither bauen Neumann und sein 250-köpfiges Team wieder an der authentischen 3D-Darstellung des Globus.

Abflug Richtung Schweiz

In regelmässigen Abständen bringt ein "World-Update" die zugrundeliegenden Daten auf den neuesten Stand, wobei einzelne Regionen eine besondere Aufwertung erfahren. Am 7. September soll es nach einer kurzfristigen Verschiebung nun wieder so weit sein. Diesmal sind Schweiz, Österreich und Deutschland an der Reihe. Natürlich waren das auch vorher keine weissen Flecken, doch nun werden die Städte überarbeitet. Es gibt vier neue Flughäfen, die in mühsamer Handarbeit nachgebaut wurden, und mehr als 100 bekannte Orte. "Falls es irgendwie möglich ist, sind wir selbst vor Ort, um Eindrücke zu sammeln und Fotos zu machen", berichtet Neumann, dem man in jeder Sekunde anmerkt, dass er ein Überzeugungstäter ist, der für sein Lebenswerk brennt.

"Wir verbessern Regionen auf der Grundlage neuer Satellitendaten, Luftaufnahmen und vieler weiterer digitaler Informationen über unsere Erde. Dass wir diesmal ausgezeichnetes Material aus der Schweiz bekommen haben, freut mich ganz besonders", so Neumann. Die Daten stammen zu einem grossen Teil vom Bundesamt für Landestopografie, kurz "Swisstopo", dessen Arbeit Neumann als "vorbildlich" preist. Die Informationen, die unter anderem von speziellen Flugzeugen per Infrarot eingesammelt werden, dienen eigentlich öffentlichen Projekten wie dem Netzausbau oder der Infrastrukturplanung. Die Leute vom "Flight Simulator" sind praktische Nutzniesser, die mit geografischen Instituten in aller Welt zusammenarbeiten und das oft spröde Datenmaterial in ihrer Simulation zum Leben erwecken. Und weil es schliesslich der "Microsoft Flight Simulator" ist, können Neumann und seine Leute auch auf die Unterstützung von Bing Maps bauen, wo hunderte Mitarbeiter nichts anderes tun als die Erde Breitengrad für Breitgrad zu vermessen und zu kartografieren.

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MS Flight Simulator 20: Landwasservidukt bei Filisur

Inzwischen sind es mehr als 37'000 Flughäfen, zwei Millionen Städte und 1,5 Milliarden Gebäude. Hand angelegt haben die Macher unter anderem an den Grindelwald, Kufstein, das Züricher Nationalmuseum, das Grossmünster, die Klosterbrücke in Luzern, die Kathedrale in Lausanne und den Airport St. Gallen-Altenrhein. Komplett in 3D zu bestaunen ist nun auch Wien samt Stephansdom und Riesenrad, das Holstentor in Lübeck, die Hamburger Elbphilharmonie, Schloss Marienburg, das Deutsche Eck und die berühmte Lorelei sowie markante neuere Gebäude wie die Allianz Arena in München.

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Die Burg Neukatzenelnbogen, kurz Katz, mit ihrem 40 Meter hohen Hauptturm wurde 1371 direkt vor dem Loreleyfelsen erbaut

Wer im Cockpit Platz nimmt und etwas sucht, findet unter Umständen sogar sein eigenes Wohnhaus. "Wir sehen auf den Luftbildern, dass an einem bestimmten Ort ein Haus steht", beschreibt Jörg Neumann den Entstehungsprozess solcher landschaftlicher Details. "Anhand des Daches können wir Rückschlüsse ziehen, was für eine Art von Haus das ist, und bauen das dann nach." Dabei hört der fast schon beängstigende Perfektionismus noch lange nicht auf. So gibt es Jahreszeiten, einen Tag-und-Nacht-Zyklus und neuerdings sogar authentische Wetterbedingungen. Dafür werden die Daten von 80'000 Wettermessstellen ausgewertet. "Wenn es anfängt zu schneien, wird Grindelwald Schnee haben. Wir wissen auch genau, wie hoch der Schnee ist. Zwei Meter Schnee in der Realität sind zwei Meter Schnee in der Simulation. Das ist schon irre, wenn man die Bäume im weissen Pulver versinken sieht und weiss: Das sieht dort in diesem Moment exakt so aus!"

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