Es ist sicher keine Übertreibung, Dan Trachtenberg als den Mann zu bezeichnen, der das "Predator"-Franchise quasi im Alleingang rettete. "Predator - Upgrade" war 2018 tatsächlich eher ein Downgrade, und irgendwie schien die Saga um die Alien-Antipoden mit den markanten Kiefern auserzählt. Da kam Trachtenberg mit "Prey" um die Ecke, eine Art Steinzeit-Variante mit der interessanten Prämisse, dass eine menschliche Jägerin und Sammlerin auf ein mächtiges Sci-Fi-Monster trifft.
Die Animationsreihe "Predator: Killer of Killers" zementierte die so geschaffene Basis und machte einem weltweiten Publikum Lust auf mehr. Trotzdem ist "Predator: Badlands" ein mutiges Projekt, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Es fängt schon damit an, dass im gesamten Film kein einziges menschliches Wesen vorkommt. Wo bleibt das Identifikationsobjekt, wenn die handelnden, na ja, Personen ausschliesslich aus Androiden und Monstern bestehen? Hier können wir schon mal klar Entwarnung geben: "Predator: Badlands" zieht einen ab Minute 1 voll in den Plot und lässt einen mit seinen Protagonisten leiden und kämpfen.

Hier eine maximal kurze - wie bei uns üblich Spoiler-freie - Zusammenfassung: Dek (Dimitrius Schuster-Koloamatangi), Sprössling eines Predator-Klans, hat auf seinem Planeten mit familiären Problemen zu kämpfen. Aufgrund derer sieht er sich genötigt, seinen Führungsanspruch geltend zu machen, indem er auf dem Dschungelplaneten Genna ein gigantisches Urzeitwesen zur Strecke bringt. Dabei läuft er einer ziemlich lädierten Androidendame namens Thia (Elle Fanning) über den Weg, deren Raumschiff auf Genna abgestürzt ist. Sie hat wiederum ihre eigene Agenda und ebenfalls diverse "Familienangelegenheiten" zu regeln, was die beiden vor die Frage stellt, ob Konfrontation oder Kooperation hier die richtige Vorgehensweise ist. Sozusagen als weiterer Protagonist kommt der Planet selbst hinzu, der mit allerlei irrsinnigen Lebensformen irgendwo zwischen Tier- und Pflanzenreich aufwartet. Der Wald behauptet damit seine Position als zentrales Motiv der ganzen Reihe, angefangen mit McTiernans Original von 1987, wo die mexikanische "Grüne Hölle" zum Jagdrevier eines anarchotechnischen Wesens wird, bis hin zum Survival-Duell von Mensch und Monster in Trachtenbergs Erstaufschlag "Prey".
Wo der Wald zum Monster wird, muss das Monster zum Helden werden

Mutig ist auch, was Trachtenberg aus diesem Setting macht. Sowohl bei Predatoren als auch bei Androiden ging man bislang davon aus, dass sie relativ humorlos ihren unverrückbar festgelegten Zielen folgen und dabei ordentlich Blut und Schrottteile regnen lassen. Um euch zu beruhigen: Letzteres ist natürlich auch in "Predator: Badlands" der Fall. Allerdings gesteht Trachtenberg seinen Figuren das Recht zu, ihre Meinung und ihre Taktik zu ändern und somit als Personen im eigentlichen Sinn zu handeln, indem sie das infrage stellen, was man von ihnen erwartet. "Sowohl Thia als auch Dek sind mit dem belastet, was ihre eigentliche Bestimmung ist, und sehen sich plötzlich konfrontiert mit dem, was sie wirklich tun müssen oder tun wollen", erklärt Trachtenberg im Gespräch mit GAMES.CH. "Ich habe die Idee, dass Charaktere Zyklen durchbrechen, schon immer geliebt. Das bewegt mich am meisten. Ich denke, das ist die heldenhafteste Tat, die jemand vollbringen kann: einen Zyklus zu durchbrechen." Bezogen auf "Predator" gehe es ihm nie primär darum, der Saga einen weiteren Teil hinzuzufügen, sondern darum, eine Geschichte zu erzählen, die bisher noch nicht erzählt worden sei. "Der Freund, der Kumpel oder eben die Kreatur, das bösartige Monster, sie sind meist nur Sidekicks, aber eben nicht die Hauptfiguren. Das war mein Ausgangspunkt. Indem ich den Predator zur Hauptfigur machte, stellte ich sicher, dass das nicht nur etwas Neues für die 'Predator'-Reihe sein würde, sondern auch für sich genommen ein origineller Film, vielleicht sogar etwas Neues für das gesamte Science-Fiction-Genre."

Damit ergibt sich für den Film, der eigentlich als harter Action-Reisser mit durchaus humorvollen Einlagen konzipiert ist und insofern echtes Popcorn-Kino darstellt, eine hochinteressante Konstellation. In Filmen wie "Gaia - Grüne Hölle" (Südafrika, 2021) oder "In the Earth" (UK, 2021) wurde der Dschungel zuletzt als eine Art metaphysische Urgewalt inszeniert, die den Menschen nicht besiegt oder vernichtet, sondern ihn transformiert und auf eine neue Bewusstseinsebene hebt. In "Predator: Badlands" treffen nun archaische Gewalt und hoch entwickelte Technologie aufeinander. Natürliche Mutation und künstliche Intelligenz stehen sich als zwei extrem anpassungsfähige Systeme gegenüber - mit ungewissem Ausgang. Der Predator als Vertreter eines primitiven, auf dem Recht des Stärkeren basierenden Stammesprinzips gerät dabei zwischen die Fronten. Er ist der unfreiwillige Vertreter einer alten Ordnung, der nun zwischen Naturgewalt und Hightech beweisen muss, dass er in der Lage ist, sich neuen Bedingungen anzupassen. Das Schöne ist: Der Film funktioniert selbst dann, wenn einem diese Ebene der Geschichte herzlich egal ist. Putzige Monsterwelpen, sarkastische Dialoge und jede Menge humoristische Einlagen machen das Ganze fast zu einer Art Disney-Familienfilm, obschon die teils drastische Gewaltdarstellung einer niedrigeren Altersgrenze letztlich im Weg stehen dürfte.
