Morbius - Kino-Special

Sonys Superhelden-Identitätskrise

Artikel Video Joel Kogler

Die Superhelden-Filme rund um Spider-Man haben eine interessante Geschichte. Obwohl heute fast jeder Blockbuster zu Marvels Superhelden gehört, sah der Comic-Verlag in den 1990ern ganz anders aus. Da war Marvel nämlich sehr nahe am Bankrott und musste Lizenzen für einige seiner beliebtesten Helden verkaufen. Die "X-Men" und "Fantastic Four" gingen an Fox, während sich Sony "Spider-Man" krallte. Fox gehört mittlerweile, wie auch Marvel selbst, zu Disney. Die Rechte an "Spider-Man" liegen folglich noch bei Sony. Tatsächlich ist Sony auch massgeblich für die heutige Welle an Superheldenfilmen verantwortlich, denn die "Spider-Man"-Trilogie der frühen 2000er zeigte zusammen mit dem ersten "X-Men", dass Marvels Superhelden auch für Erwachsene zur Unterhaltung taugen.

Spider-Man ohne Spider-Man

Inzwischen hat Spider-Man selbst den Weg aber zurück ins Marvel Cinematic Universe gefunden - dank einem Deal zwischen Sony und Disney, der ein Crossover zwischen beiden Welten erlaubt. Das hat allerdings einen Haken: Ohne Einverständnis beider Parteien kann keine der beiden Firmen Spider-Man benutzen. So kommt es, dass Sonys eigenes Studio sowohl für "Spider-Man: No Way Home" als auch für das spinnenlose "Venom" verantwortlich ist. Nachdem mit "Spider-Man: Homecoming" klar wurde, dass Marvel schlichtweg bessere Filme als den unbeliebten "The Amazing Spider-Man 2" machte, versuchte sich Sony stärker abzugrenzen, ohne aber auf den Trend der Superhelden zu verzichten. 2018 erschien "Venom". Der gleichnamige Protagonist ist eigentlich ein Bösewicht und das Gegenstück zu Spider-Man, die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft war aber im Film nirgends zu sehen. Stattdessen versuchte Sony eine erwachsenere Zielgruppe anzusprechen, indem man den Film etwas düsterer und brutaler hielt, ohne aber direkt die Route von "Deadpool" einzuschlagen. "Venom" war trotz mässiger Fachkritiken ein Hit beim Publikum und erhielt prompt 2021 einen Nachfolger, der es aber nicht schaffte, den Erfolg fortzusetzen.

Screenshot

Auch der Protagonist aus Sonys neuestem Film "Morbius" ist eigentlich ein Antagonist aus den "Spider-Man"-Comics. Der Wissenschaftler Michael Morbius leidet an einer seltenen, durch Blut übertragenen Krankheit und kann nur sehr eingeschränkt leben. Mithilfe von Fledermaus-DNA gelingt es ihm aber, ein Heilmittel zu finden, nur dass es ihn in eine Art Vampir verwandelt und er fortan menschliches Blut trinken muss. Als das Heilmittel dann auch noch an seinen ebenfalls erkrankten Kindheitsfreund gerät, kommt es zum Showdown zwischen beiden Vampiren. Das klingt nicht nur nach Klischee, dieser Film hält sich auch tatsächlich so strikt an bekannte Superhelden-Muster, dass man ihn glatt für eine Parodie halten könnte. Eine Kritik ist an dieser Stelle wohl kaum mehr nützlich, da der Film bereits seit einiger Zeit in den Kinos lief und absolut unterging. Mit schrecklichen 17 % auf der Bewertungsplattform Rotten Tomatoes und leeren Kinos sind sich alle einig: "Morbius" ist völliger Mist.

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