Die GAMES.CH Kolumne #04-2017

Über die Vor- und Nachteile der Virtual-Reality-Apokalypse

Kolumne Video Michael

Soziale Anonymität

Screenshot
Kolumne

Wade und damit auch der Leser erfährt über lange Strecken nicht, wie die robuste, clevere und taffe Art3mis wirklich ausschaut. Oder welche Beziehung das wortkarge Ninja- und Samurai-Paar verbindet. Selbst die reale Persona von Wades bestem Kumpel Aech ist im Grunde ein Mysterium verborgen hinter einem Polygonschleier. Schliesslich treten sie nur als Avatare auf, offenbaren sich in Dialogen, Taten und Entscheidungen. Alleine Persönlichkeit, Charakter und Intellekt definieren in der OASIS eine Person. Eben das, was wirklich zählt; was einen Menschen ausmacht. Hautfarbe, Geschlecht, Körper und Nationalität spielen eigentlich keine Rolle. Der Avatar ist nur ein Projektionsfläche; eine eigens gefertigte Reflexion eines Selbst- oder Wunschbildes. Er kann sowohl Orientierung sein als auch ein Trugbild. Alles kann sich dahinter verbergen. Damit zeigt „Ready Player One“, dass es möglich wäre, über unsere engstirnigen Vorurteile und kulturellen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg zu denken. Nicht einfach so – aber mittels eines Filters. Nämlich virtueller Welten – in denen sich Menschen ihre Identität schaffen und dabei von Anfang bis Ende selbstbestimmt definieren können.

Screenshot
Kolumne

Tatsächlich sehen wir das schon jetzt ansatzweise: Nämlich in Onlinerollenspielen wie „World of Warcraft“ oder dem auch gerne verspotteten „Second Life“. Es ist nicht selten, dass Menschen hier andere Menschen – mit denen sie vielleicht unzählige Stunden verbringen – alleinig in Form ihrer Avatare, Sprache oder Textnachrichten kennen lernen. Klar. Aber erst mit der Virtual Reality könnten derartige Erlebnisse wirklich zu parallelen Welten heranreifen. Vollumfängliche Erfahrungen, die nicht durch den Blick weg vom Bildschirm beschnitten und dadurch wahrhaftig werden. „Project Sansar“ von den „Second Life“-Machern von Linden Lab, das gerade erst in die Open Beta gestartet ist, könnte derartiges vielleicht schon im Kleinen ermöglichen. Hier können die Spieler mit HTC Vive oder einer Oculus Rift in virtuelle Themenwelten eintauchen, die sich graphisch durchaus sehen lassen können – und etwas an „Ready Player One“ erinnern. Aber mit 100 gleichzeitigen Besuchern ist das noch recht einengend. Das muss aber nicht so bleiben. Denn andere Studios und wohl auch die grossen Konsolenhersteller arbeiten an ähnlichen Plattformen.

Kommentare

Kolumnen Artikel