Die GAMES.CH-Kolumne #08-2020: Künstliche Intelligenz in Games

Wie künstliche Intelligenz die Entwicklung von Videospielen verändert

Kolumne Video Michael

Weder intelligent noch dumm

Über künstliche Intelligenz und die genaue Bedeutung lässt sich tatsächlich trefflich streiten. Viele haben bei dem Wort sicher erst einmal den Terminator, Data aus "Star Trek" oder Ava aus "Ex Machina" vor Augen. Aber derzeit sind moderne künstliche Intelligenzen vor allem Mustererkennungssysteme, die in Daten nach Strukturen suchen, sie finden und dann Aktionen ausführen. Erschaffen werden solche künstlichen Intelligenzen vor allem durch das maschinelle Lernen. Das existiert in verschiedensten Formen wie etwa "Supervised Learning" und "Deep Learning". Diese Prozesse unterscheiden sich vor allem darin, wie stark der Mensch dabei in den "Lernprozess" eingreift.

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Grundsätzlich werden die KIs hierbei mit Datensätzen aus speziell zusammengesuchten Bildern, Tabellen, Audio-Dateien, Spielzügen und anderen Daten "gefüttert". Das System sind meist ganz grob nach dem Vorbild des Gehirns gestaltete neuronale Netze, die aus den Datenbergen erkennbare Gesetzmässigkeiten, Muster und Logiken destillieren. Oder anders gesagt: Die künstliche Intelligenz sucht nach statischen Zusammenhängen. Das sind beispielsweise wiederkehrende Formen in einem Bild, das mit dem Schlagwort "Katze" versehen ist. Oder auch Spielzüge, die oft geschehen, wenn jemand in einer Schachpartie gewinnt oder verliert. Diese Erkenntnisse speichert eine künstliche Intelligenz in einem Modell - und kann sie dann "anwenden".

Diese Art von künstlicher Intelligenz erlebt seit rund zehn Jahren einen Boom, sagt Mike Cook von der Queen Mary University, der dort an künstlicher Intelligenz - insbesondere im Bereich der Videospiele - forscht. "Ich denke, [diese] künstliche Intelligenz ist jetzt für die Studios noch nicht so wichtig", meint er. Ein Grund sei, dass selbst Forscher und Entwickler diese künstliche Intelligenz, die mit Machine-Learning entsteht, noch nicht vollends verstehen. Das klingt merkwürdig, ist aber tatsächlich so.

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Wenn ein Programm selbstständig aus Daten lernt, dann erkennt es unter anderem Muster und Zusammenhänge, die einem Menschen verborgen bleiben. Diese lassen sich aber nicht einfach in einem Programmcode oder Ähnlichem einsehen. Daher treffen künstliche Intelligenzen entsprechend Entscheidungen, die für einen Menschen nicht nachvollziehbar sind, sondern sehr abstrakt und manchmal sogar irrational wirken. Das führt unter anderem dazu, dass beispielsweise eine künstliche Intelligenz auf einem Röntgenbild eine Krebserkrankung erkennt, die ein Arzt nicht sieht. Aber ebenso führt es dazu, dass ein Chatbot, der aus Gesprächen mit echten Menschen lernen soll, nach wenigen Stunden herumflucht und mit Hitler-Zitaten um sich wirft.

Methoden, um die Schlussfolgerungen einer künstlichen Intelligenz sichtbar oder nachvollziehbar zu machen, werden erforscht, aber bisher gibt es sie nicht. Daher gilt Machine-Learning selbst für viele Verfechter der KI als eine Art Blackbox: Man darf einer KI und ihren Entscheidungen nicht einfach blindlings vertrauen. "Und die Videospielindustrie, besonders die grossen Entwickler, können sich eine solche Unberechenbarkeit nicht leisten und tolerieren", sagt Mike Cook. Denn die Entwicklung und Implementierung von KI-Systemen sind schwierig - und nicht zuletzt teuer. Daher sei die Videospielindustrie sehr vorsichtig und wage sich nur in kleinen Schritten heran - darunter eben mit Forschungsteams wie Ubisoft La Forge. Aber dass "künstliche Intelligenz in Zukunft wichtiger und wichtiger" wird, davon ist Cook total überzeugt.

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