Die GAMES.CH Kolumne #05-2018

Kann „Metal Gear“ ohne Hideo Kojima funktionieren?

Kolumne Video Michael

Vor drei Jahren haben sich Hideo Kojima und Konami getrennt. Mit „Metal Gear Survive“ ist nun das erste „Metal Gear“ ohne den Einfluss seines Erfinders erschienen. Das hat wenig mit der Serie und dem, was sie so besonders macht, gemein.

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Es hat mich einiges an Überwindung und mehrere Anläufe gekostet. Aber nun habe ich reingespielt: „Metal Gear Survive“. Es ist der erste Ableger seit über einem Vierteljahrhundert, der gänzlich ohne die Aufsicht von Hideo Kojima entstand. 2015 hatten sich Kojima und Konami getrennt. Es war Scheidung im Streit, wie sich heute mit ohne Zweifel sagen lässt. Damit hat Kojima auch die „Metal Gear“-Reihe zurückgelassen, die er vor über drei Dekaden geschaffen hat. Denn bereits im Jahre 1987 war das erste „Metal Gear“ für den MSX2 und dann für andere Systeme erscheinen. Es hat das Stealth-Genre mitbegründet, wie wir es heute kennen. Abgesehen von „Snake's Revenge“ – das 1990 für das NES kam – war seitdem selbst bei kuriosen Ablegern wie „Acid“, „Social Ops“, „Touch“ und „Rising Revengence“ der prüfende Blick von Hideo Kojima und damit sein Segen garantiert. Das ist bedeutender als es vielleicht klingt. Denn „Metal Gear“ ist nicht nur eine Serie, sondern ein ganzes Universum aus Metaphern, Narrativen und Motiven – und das war eben seinem Schöpfer zu verdanken. „Metal Gear Survive“ ist nun das erste „Metal Gear“ einer Post-Kojima-Ära und ein Videospiel, das für den Fortlauf eben jenes Universums nicht viel Gutes ahnen lässt.

Natürlich: „Metal Gear Survive“ hatte nie die Chance auf eine wirklich objektive Betrachtung. So wie die Trennung von Kojima und Konami verlief, erscheint „Survive“ vielen Fans wie ein Stinkefinger in Richtung des Japaners, ein schnelle Zweitverwertung der teuren Fox-Engine und der Assets – also 3D-Modellen, Audio-Inhalten und Animationen und so weiter – von „Metal Gear Solid 5.“ Das kommt für nicht wenige einem Verrat an der „Metal Gear“-Reihe gleich. Entsprechend viel Hass und Kritik schwappt dem Videospiel und Konami gerade entgegen. Wäre der Rosenkrieg zwischen Kojima und Konami ausgeblieben, würde das vielleicht etwas anders aussehen. Nichtsdestotrotz: Auch bei gewollt objektiver Betrachtung wird „Survive“ dem Titel „Metal Gear“ höchstens im homöopathischen Massstab gerecht. Denn was ist es eigentlich? Im Kern ist es ein Survival-Game, das sich ganz grob an die „Metal Gear“-Reihe kettet. Als Big Boss' Mother Base in „Ground Zeroes“ angegriffen wird, versinkt sie nicht, wie eigentlich geschehen, im Meer, sondern wird hier durch ein Wurmloch gesaugt. Als einer von Big Boss' Ex-Soldaten landet der Spieler daraufhin in einer weiten Ödnis namens Dite. Eine, wie es wenigstens am Anfang scheint, Parallelrealität, die verdächtig der afghanischen Wüste gleicht.

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