Die GAMES.CH Kolumne #05-2018

Kann „Metal Gear“ ohne Hideo Kojima funktionieren?

Kolumne Video Michael

Auf Stein und Bein

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Nach dem kruden Einstieg ist's dann die primäre Aufgabe, einfach zu überleben. Denn dort rennen jede Menge mit einem mysteriösen Kristall-Virus infizierte Zombie-Soldaten herum, die einem an die Uniform wollen. Wie in „Day Z“, „Ark Survival“ oder „Fortnite“ – dem Survival-Koop-Original – werden Ressourcen gesammelt, eine Basis aufgebaut, Verteidigungen hochgezogen, Waffen geschmiedet und der eigene Heroe mit Wasser und Nahrung am Leben gehalten. Nebenbei sind Missionen zu erledigen: Aus Einrichtungen müssen Datenbänder stibitzt, Überlebende gerettet und Boss-Kampf-artige Duelle ausgefochten werden. Das funktioniert im Kern sogar ganz okay. Jedoch wird all das auch unheimlich schnell ermüdend, öde und eintönig. Denn zu leer sind die Umgebungen, zu repetitiv die Aufgaben, zu wenig variabel die Möglichkeiten zur Missionsbewältigung, zu mager die … nun, nennen wir es Story. Die Verbindungen zu „Metal Gear“ sind lose dahin konstruiert und selbst für ein Spin-off arg spröde. Einzig der an Morpheus aus „Matrix“ erinnernde Charakter Goodluck, der KI-Kern Virgil AT-9, die korrumpierten Nano-Roboter und ein Verweis auf das Philadelphia Experiment lassen kurz Kojima-Flair aufblitzen. Aber sonst? Nichts.

Unter Hideo Kojima war jedes „Metal Gear“ eine abstrakte Aufarbeitung der weltpolitischen Lage und aktueller Ereignisse, die sich über die Jahre zu einem teils irrsinnigen aber in sich schlüssigen Geflecht aus Geschichten verwoben. Das ist angefüllt mit bizarren und erinnerungswürdigen Charakteren – die jeweils Ängste, philosophische Konzepte, kulturelle und popkulturelle Motive repräsentieren. Dazu spiegeln sich in jedem „Metal Gear“ auch stets Hideo Kojimas eigene Interessen, Vorlieben, Neigungen und Befürchtungen. Nicht nur in der Geschichte, sondern auch dem Spielfluss selbst, weswegen jedes „Metal Gear“ trotz kohärenter Grundprinzipien auch immer eine neue und überraschende Erfahrung darstellt, die selbst den Fans immer wieder eine Bereitschaft zum Lernen und Verstehen abverlangt. „Survive“ steht für nichts davon. Es ist ein mittelprächtiges Survival-Videospiel, das durchaus einige Zeit unterhalten kann aber eben kein „Metal Gear“. Das heisst aber nicht, dass es kein „Metal Gear“ ohne Kojima geben könnte.

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