Lost Judgment - Test / Review

Unter den Erwartungen

Test Benjamin Braun getestet auf Xbox Series X/S

Mit dem Serien-Ableger "Judgment" lieferte Entwickler Ryu Ga Gotoku Studio vor rund zwei Jahren einen der, wenn nicht sogar den bislang besten Teil der "Yakuza"-Reihe ab. Schon bald erscheint die Fortsetzung des actionlastigen Open-World-Krimi-Abenteuers. Im Test verraten wir euch vorab, ob uns das Sequel ähnlich begeistern konnte wie der Vorgänger oder ob es hinter dem Serienprimus zurückstecken muss.

Frauen zu begrapschen ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Besonders irritierend ist, wenn auch noch ein Polizist für eine solche Untat verantwortlich ist - und vor einem Gericht in Tokio zu Recht dafür verurteilt wird. Seinen Höhepunkt erreicht der Prozess allerdings nicht durch den Urteilsspruch, sondern durch das darauf folgende Statement des Angeklagten. Denn der gibt den Namen eines bis dahin noch nicht identifizierten Mordopfers preis, das durch Mobbing den Suizid des Sohnes des Beklagten herbeigeführt haben soll. Ein klarer Fall für Ex-Anwalt und Privatdetektiv Takayuki Yagami, der Hauptfigur in SEGAs neuestem Open-World-Spiel "Lost Judgment", das einmal mehr Krimi-Ermittlungen mit brachialer Prügelaction verbindet.

Mysteriöse Ausgangssituation

Für das, was wir eingangs relativ knapp zusammengefasst haben, lässt sich "Lost Judgment" serientypisch viel Zeit und stellt die Zusammenhänge zwischen dem besagten Mord und Takayuki "Tak" Yagamis neuem Auftrag an einer Schule erst sukzessiv her. Konkret soll Tak zwei aus dem Vorgänger "Judgment" bekannten Freunden dabei helfen, einem Mobbing-Fall an einer Highschool auf den Grund zu gehen, Beweise zu sammeln und die Täter zur Räson zu bringen. Nach und nach stellt sich heraus, dass ein Zusammenhang zwischen den Vorkommnissen an der Schule und der vermeintlich sexuell motivierten Grapscherei des Polizisten besteht. Denn der Cop ist der Vater eines Ex-Schülers jener Schule, der sich vier Jahre zuvor das Leben nahm. Das Mordopfer ist ein Lehrer, der für den Suizid verantwortlich sein soll. Die medienwirksam kolportierte Grapsch-Attacke in der U-Bahn wiederum fand anscheinend nicht zufällig zur Zeit des Mordes statt, sondern diente dem Cop womöglich nur dazu, ein unumstössliches Alibi für das schwerwiegendere Verbrechen zu haben. Aber da der Polizist dem Gericht die Identität der Leiche offenbaren kann, noch bevor die Gerichtsmediziner sie feststellen können, scheint eine Tatbeteiligung des Staatsdieners sehr wahrscheinlich. Die ganze Wahrheit aber müsst ihr zutage fördern!

Screenshot

Das klingt nicht nur spannend, sondern ist es auch. Allerdings lässt sich "Lost Judgment" eben extrem viel Zeit dabei. Auch nach drei oder vier Spielstunden wähnen wir uns eher noch irgendwo im Prolog und fragen uns, weshalb wir uns schliesslich rund eineinhalb Stunden mit dem aktuellen Mobbing-Fall in der Schule beschäftigen müssen, nur damit das Spiel diese Storybrücke endlich offenbart. Hinzu kommt, dass ihr euch dazwischen oft in nebensächlichen Handlungssträngen bewegt. Die sind zwar oft unterhaltsam, wenn Tak beispielsweise dem Voyeurismus-Vorwurf der Vorsitzenden des Detektivclubs der Schule entgegentreten und im Rahmen dessen sogar an einem spielmechanisch dezent an "Guitar Hero" angelehnten Vortanzen teilnehmen muss. Was, so wichtig das Thema Mobbing auch ist, "Lost Judgment" fehlt, ist Taks persönlicher Bezug zum Geschehen. Ja, viele bekannte Charaktere spielen erneut eine Rolle. Der eigentliche Auftrag, den wahren Hintergründen des Mordes nachzugehen, stammt erneut von seiner Ex-Anwaltskanzlei. Aber Tak muss sich eben, anders als im Vorgänger, nicht den Geistern seiner Vergangenheit stellen, wodurch der ganz grosse emotionale Bezug einfach fehlt, der "Judgment" trotz seiner erzählerischen Längen so herausragend machte.

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