Marvel's Midnight Suns - Test / Review

Stark als Superhelden-Abenteuer und Taktik-RPG

Test Video Benjamin Braun getestet auf PC

Umständliche Karten-Aufwertungen

Mit jeder Mission in "Marvel's Midnight Suns" erhaltet ihr verschiedene Belohnungen wie etwa geborgene Helix-Kanister, die Doctor Strange in der Abtei für euch analysieren kann. Im Rahmen dieser Analyse erhaltet ihr einerseits Zugriff auf neue Karten für eure Helden oder auch höherstufige Versionen bereits im Besitz befindlicher Skills. Nur wenn ihr mehrere Karten einer Sorte besitzt (und zusätzlich in den Missionen verdiente Ressourcen), könnt ihr sie sozusagen stapeln und verbessern. Obgleich das in der Abtei stattfindet, müsst ihr die Karten mitunter zwischen aktuellem Deck und eurer Reserve verschieben, um die Aufwertung vorzunehmen, was einfach unnötig umständlich ist. Das Ergebnis ist jedoch alles andere als zu verachten. Denn durch diese "Stapelung" verbessert ihr nicht nur den Grundschaden (oder besser gesagt die Grundstufe) der Karten, sondern verpasst ihnen auch verschiedene Bonuseffekte oder senkt die Anforderungen. Eine bestimmte Angriffskarte verursacht dann zum Beispiel mehr Schaden, wenn ihr mit einem anderen Charakter bereits einen Blutungseffekt beim damit attackierten Gegner erzeugt habt. Hunters Schattenpeitsche, mit der ihr ebenfalls die meisten Feinde (manche wie die mit einem Schild ausgestatteten Widersacher sind immun dagegen), allerdings über deutlich grössere Distanzen, wegschleudert, kostet normalerweise einen Heldenmut-Punkt. Mit einer Verbesserung senkt ihr den Bedarf daran jedoch auf null. Das Doofe daran: Welchen Effekt eine solche Kartenstapelung mitbringt, seht ihr erst, wenn ihr die Karten zur potenziellen Stapelung beisammenhabt. Da wäre uns ein simpleres System, bei dem man bestimmte Ressourcen einfach gezielt in die Aufwertung dieser oder jener Karte investiert, definitiv lieber gewesen. Immerhin könnt ihr über den Ausbau bestimmter Teile der sogenannten Schmiede später auch Karten selbst herstellen und müsst nicht darauf hoffen, Karten zur Stapelung über die Helix-Analyse zu erlangen.

Screenshot

Etwas zu sehr über Umwege laufen auch andere Heldenverbesserungen. In der Abtei, die einen zunehmend grösseren Hublevel darstellt, könnt ihr etwa auch die Beziehungen zu den anderen Helden verbessern. Im Rahmen dessen ist es euch dann möglich, im Dialog beispielsweise Angriff und Abwehr vom jeweiligen Helden jeweils leicht zu erhöhen oder auch den Angriff zu verstärken, wobei ihr dann einen kleinen Malus auf die Abwehr in Kauf nehmen müsst. Durch die Verbesserungen der Beziehung, die ihr auch über Sparing-Kämpfe in der Arena der Abtei vorantreibt, schaltet ihr zudem bestimmte Vorteile frei, also zum Beispiel, dass ihr mit einem Bonus wie einem aktiven Konter in eine Schlacht startet. Konter bedeutet hier, dass ein Held automatisch einen Gegenschlag ausführt, wenn er angegriffen wird. Aber wir wollen nicht kleinlich sein. Das hätte man anders, weniger aufwendig und mit gezielteren Optionen gestalten können. An der guten Spielbalance ändert das allerdings nichts, was aber auch daran liegt, dass ihr die Beziehungspflege über gemeinsame Aktivitäten etc. gar nicht komplett ignorieren könnt. Denn am Ende eines Tages dürft ihr euch meist erst dann schlafen legen, wenn ihr zumindest bestimmte Aktionen ausgeführt habt. Beziehungsweise dürft ihr nach einer Mission, da bereits Abend ist, erst am nächsten Morgen in die Schmiede zurückkehren, um dort etwa Helixes zu analysieren oder an einer anderen Einrichtung einen Helden auf eine Mission zu schicken, die kleinere Belohnungen bringt und zu deren Stufenaufstiegen beitragen kann.

Fazit

Screenshot

"Marvel's Midnight Suns" ist kein perfektes Taktik-RPG geworden, aber trotz kleinerer Schwächen eines, das nicht allzu weit an diesem Status vorbeischrammt. Das zufallsbasierte, jedoch weitreichend beeinflussbare Kartensystem bietet eine sehr hohe Spieltiefe und eine enorme Vielfalt an taktischen Optionen. Die effektreich inszenierten Rundenschlachten verfügen, ähnlich wie "XCOM", über ein vergleichsweise hohes Mass an Dynamik. "Marvel's Midnight Suns" ist aber eben nicht nur ein facettenreiches Rundentaktik-Spiel, sondern erzählt, anders als "XCOM", auch eine spannende Geschichte rund um interessante, exzellent charakterisierte Superhelden. Die Hauptfigur Hunter ist vielleicht kein Spider-Man, aber was ihr äusserlich an Tiefgang fehlen mag, gleichen wir als Spieler aus. Wir haben unseren weiblichen Hunter jedenfalls immer mitgenommen, auch in Missionen, in denen wir stattdessen Iron Man, Captain Marvel oder Blade hätten mitnehmen können. Das allein spricht für sich. Klar ist jedenfalls, dass "Marvel's Midnight Suns" gelingt, sowohl Freunde von Rundentaktik-Games anzusprechen als auch Spieler, die einfach nur auf Superhelden stehen. Diesen Spagat zu schaffen, ist eine hohe Kunst, die dem Game so schnell niemand nachmacht.

Kommentare

Marvel's Midnight Suns Artikel