Mindlock - The Apartment - Test / Review

Point-&-Click-Adventure mit viel schwarzem Humor

Test Video larissa.baiter getestet auf PC

Colin ist in seinen Zwanzigern und fristet ein tristes, monotones 08/15-Dasein. Eine eigene Wohnung, einen Job, den er hasst, und ein ewig gleicher, grauer Alltag. Als er sich eines Morgens zur Arbeit begeben will fehlt auf einmal die Wohnungstür, und gruselige Botschaften tauchen in seiner Wohnung auf, die seine Existenz und den Sinn des Lebens hinterfragen.

Das Abenteuer beginnt! Ab dem 26. November 2024 erscheint "Mindlock - The Apartment" auf Steam, programmiert und entwickelt von Roof Cut Media und publiziert von United Soft Media.

Wunderbarer Zeichenstil und herrliche Animationen

Die Grafiken des Spiels erinnern ein wenig an die alten Daedalic-Spiele. Handgezeichnet und liebevoll animiert führt uns Colin durch seine Wohnung. Dabei ist der desinteressierte, leicht depressive Dauerausdruck auf seinem Gesicht sein absolutes Markenzeichen. Die hagere Gestalt, mit angeranzten Klamotten und Dreitagebart, ist durch die übertriebenen Animationen und groteske Alltagskomik sehr charmant und nahbar. Die Details der Wohnung sind einfallsreich und die Nebencharaktere des Spiels fantasievoll gestaltet.

Alles kombinierbar und vertont

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Wie in jedem Point-&-Click-Adventure lassen sich verschiedene Gegenstände aufsammeln und miteinander oder mit Elementen aus einem Raum kombinieren. Das Besondere hierbei ist: Selbst wenn Dinge falsch miteinander kombiniert werden, lässt Colin einen flotten Spruch ab, der einen zum Schmunzeln bringt. So erfahren wir, dass Künstler besser bezahlt werden sollen, und wenn eine Waffe in die Nähe von Sparky (Colins Hamster) kommt, werden wir über die dritte Dimension entsetzt angeschaut und mit einem "Sicherlich nicht!" abgestraft. Dabei wiederholen sich die Sprüche verhältnismässig selten, und es macht sehr viel Spass, Colin alles miteinander kombinieren zu lassen. Zusätzlich sind sämtliche Nebencharaktere vertont, was zu deren Charaktertiefe positiv beiträgt und weitere Kombinationsmöglichkeiten zulässt. Die Hintergrundmusik passt sich der Szenerie des Spiels an und wird immer düsterer. Gut, dass es zwischendurch auch mal eine Rock-Einlage gibt, um die Stimmung wieder etwas aufzulockern.

Typische Steuerung und lustige Referenzen

Zum Glück ist nicht alles speziell und anders bei "Mindlock - The Apartment". Die Steuerung orientiert sich an klassischen Bedienelementen. Mausrad drehen, um das Inventar zu öffnen, Linksklick, um einen Gegenstand anzusehen, und Rechtsklick, um Objekte zu kombinieren. Dabei lohnt es sich, den Linksklick öfter mal auszuprobieren, denn in "Mindlock - The Apartment" sind einige Anspielungen und Referenzen zu anderen Franchises wie dem "Harry Potter"-Universum oder Monty Python versteckt. Allgemein ist es empfehlenswert, sich genauer umzusehen, denn auch nicht anklickbare Gegenstände lassen einen an zum Beispiel "Monkey Island" denken und nostalgisch werden.

Ein Spiegel der Gesellschaft

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"Mindlock - The Apartment" setzt sich mit viel schwarzem Humor mit den wichtigen Fragen, die sich ein junger Erwachsener stellen sollte, auseinander. Wohin will man im Leben? Was macht Colin wirklich aus? Und was macht ihn glücklich? Obwohl Colin sich nur widerwillig auf die Reise einlässt, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich seiner Vergangenheit, seinen Ängsten und Selbstzweifeln zu stellen. Das Spiel wirkt in gewissen Teilen recht autobiografisch und nahbar. Das vorgefertigte Leben, das sein Vater für ihn geplant hat, erfüllt Colin nicht, und es wird Zeit, seinen Wünschen und Träumen nachzugehen und sich mit seinem Vater und dessen Erwartungen auseinanderzusetzen. Auch die Erwartungshaltungen der Gesellschaft, seines Vorgesetzten und seiner Mitarbeiter werden kritisch beleuchtet und hinterfragt. Dass Colin mit seinem momentanen Leben unglücklich ist, wird von Anfang an offensichtlich, aber den Mut zu haben, zur Veränderung zu finden und sich klare Ziele zu setzen, ist dann eben doch nicht so leicht.

Puzzles, Rätsel, Kombinationen

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Um weiterzukommen, muss Colin diverse Puzzle und Rätsel lösen. Das kann mitunter ganz schön knifflig werden, denn es gibt keinerlei Hilfestellung im Spiel und auch keinen Story-Modus oder Ähnliches, der die Aufgaben einfacher machen würde. Mit etwas Geduld lassen sich aber alle Rätsel bewältigen, und das befriedigende Gefühl, etwas herausgetüftelt zu haben, tritt ein. Manchmal hilft es auch, sich noch weiter umzusehen, denn durch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten gibt Colin gelegentlich einen Hinweis, wie es weitergehen könnte oder was er als Nächstes braucht, um seine Reise fortzusetzen. Also alles, was das klassische Point-&-Click-Adventure-Herz begehrt.

Fazit

Ich konnte mich recht gut mit Colin identifizieren. Oftmals im Alltagshamsterrad gefangen, verliert man schnell aus den Augen, was einem Spass macht und wo die grosse Leidenschaft liegt. Zeitgleich wird einem aber auch nicht vorgegaukelt, dass nur weil man seiner Leidenschaft dann endlich nachgeht, es automatisch gut wird oder sich auszahlt. Nebst diesen philosophischen Gedanken hat mich "Mindlock - The Apartment" auch oft zum Lachen und Kichern gebracht. Der Humor, die Animationen und die Anspielungen treffen genau meinen Geschmack. Und obschon das Spiel an sich immer düsterer wird und sogar mit alten Kindheitstraumata auffährt, ist es am Ende recht versöhnlich und gar nicht so schlimm wie gedacht. Es hinterlässt ein positives, gutes Gefühl. Besonders beeindruckend finde ich auch, dass das Game von einem Entwickler konzipiert und umgesetzt wurde. Klar gibt es auch noch Sprecher und Hilfe bei der Musik, doch vieles entstammt wirklich aus der Gedankenwelt einer Einzelperson. Dass das Abenteuer sowohl vollvertont auf Deutsch als auch auf Englisch erscheint, ist ein weiterer Pluspunkt. So kann ich es auch meinen internationalen Freunden empfehlen. Der Entwickler gibt zwar an, dass das Spiel in vier Stunden durchgespielt werden kann - ich habe allerdings zehn Stunden gebraucht, und mein ganzes Wochenende war dahin. Aber es hat sich absolut gelohnt, und Colins Tanzeinlagen werden mich noch eine Weile in Gedanken begleiten.

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