Call of Duty: Modern Warfare II - Test / Review

Wie gut ist die diesjährige Solokampagne?

Test Video Sönke Siemens getestet auf Xbox Series X/S

Viel Altbewährtes in neuem Gewand

Neben erfreulich vielen, offen angelegten Szenarien mit Schleichschwerpunkt dürfen natürlich auch actionlastige Passagen mit Schlauchlevel-Charakter nicht fehlen. Infinity Ward erfindet das Rad hier sicherlich nicht neu und setzt vielmehr darauf, bewährte Konzepte aus früheren Serienteilen in anderer Form neu zu inszenieren. Die Mission "Luftnahunterstützung" etwa - bei der ihr als Bordschütze einer AC-130 Feindpack am Boden neutralisiert, um den in Bedrängnis geratenen Heldentrupp zu schützen - weckt unweigerlich Erinnerungen an den legendären Einsatz "Tod von oben" aus dem allerersten "Modern Warfare" (2007). Ärgerlich nur, dass man der an sich genialen Grundformel keine nennenswerten neuen Ideen oder Gameplay-Elemente hinzufügt.

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Egal ob ein Gewitter eine Ölbohrinsel heimsucht oder Container auf einem Frachter hin und her rutschen: Die Bildrate in der von uns getesteten XSX-Version war stets butterweich

"Dunkles Gewässer" hingegen - ein Auftrag rund um die Erstürmung einer Ölbohrinsel - scheint eindeutig inspiriert von "Oil Ring Operation" aus "Modern Warfare 2" (2009). Allerdings mit dem Unterschied, dass ihr hier per Schnell- und nicht per Mini-U-Boot anrückt und sich die Action im zweiten Teil der Mission komplett auf einen Container-Frachter verlagert. Geniales Detail in diesem Zusammenhang: Der nur leicht beladene Frachter ist starkem Seegang ausgesetzt, weshalb die nicht festgezurrten Container auf dem Oberdeck ständig hin und her rutschen und so als mobile Deckung genutzt werden können. Seid ihr unachtsam, können sie euch allerdings auch mit ihrem hohen Gewicht brutal zerquetschen.

Für die obligatorische Fahrzeugmission - hier "Gewalt und Timing" genannt - schielten die Macher derweil in Richtung "Uncharted 4". Als Tausendsassa Soap verfolgt ihr einen Militärkonvoi - immer mit dem Ziel vor Augen, die gekidnappte CIA-Agentin Laswall zu erreichen, die sich ganz vorn im Pulk an Bord eines gepanzerten Fahrzeugs befindet. Sie zu retten, ist jedoch kein Zuckerschlecken, denn zuvor müssen mehr als zwölf Gegnertrupps ausgeschaltet werden - inklusive eines Lkw, von dem die Widersacher im Dauertakt Minen abwerfen, und eines gepanzerten Truppentransporters, der euch massiv unter Feuer nimmt.

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Während der Fahrzeugmission in Mexiko jagt eine Trial-&-Error-Passage die nächste. Laune macht's irgendwie trotzdem

Die Mission ist im Kern cool gemacht, glänzt an einer Stelle mit einer ziemlich verrückten Kameraperspektive, krankt jedoch streckenweise an zu vielen Trial-&-Error-Passagen. Vor allem eine Sequenz, in der man Minen ausweichen muss, werdet ihr ziemlich sicher mehr als eine Handvoll Male spielen, bis ihr den Dreh heraushabt. Eine gewisse Frustresistenz schadet hier zweifelsohne nicht. Kleiner Tipp: Kapert ein anderes Fahrzeug, sobald der Schadensindikator am unteren Bildrand zu viele rote Bereiche aufweist.

Nicht unerwähnt bleiben soll darüber hinaus Mission 14: "Gefängnisausbruch". Um den Standardauftrag der Marke "Wir retten unseren Kollegen aus seiner Zelle" gebührend aufzulockern, implementierten die Entwickler eine Sequenz, in der ihr Ghost mithilfe von gehackten Kameras beobachtet und Schritt für Schritt an einer Vielzahl von Wachen vorbeilotst.

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Obwohl man Ghost in Mission 14 nur indirekt steuert, kommt viel Spannung auf

Eine ähnliche Passage gab es bereits in der Botschaftsmission aus "Modern Warfare". Hier funktioniert die Mechanik jedoch noch besser, da ihr Ghost auch befehlen könnt, Gegner mit dem Messer oder mit der schallgedämpften Waffe auszuschalten und Equipment zu manipulieren, das dann für Ablenkung sorgt.

Fazit

Die 17 Missionen umfassende Kampagne von "Call of Duty: Modern Warfare II" zaubert zwar nicht mehr ganz so viele WTF-Momente auf die Mattscheibe wie die des Vorgängerspiels und provoziert weniger, weiss aber dennoch von Anfang bis Ende bestens zu unterhalten. Das liegt zum einen an der famosen grafischen Inszenierung und der Vielfalt der Schauplätze, zum anderen aber auch an den zahlreichen, deutlich offener anlegten Passagen, die nicht unbedingt einen konkreten Lösungsweg vorgeben, sondern vielmehr zum Experimentieren einladen. Kombiniert mit der kompetenter agierenden Feind-KI, einem Rucksack voller praktischer Gadgets und dem eingängigen Crafting-System (das leider nur in einer Mission richtig glänzen kann), bleibt eine der interessantesten "CoD"-Kampagnen aus dem Hause Infinity Ward.

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Diese Problemlöser halten zusammen wie Pech und Schwefel

Schade nur, dass Farah nicht als spielbare Figur zur Verfügung steht, Trial-&-Error-Passagen streckenweise überhandnehmen (vor allem im Fahrzeugkonvoi-Level), der Plot etwas zu vorhersehbar konstruiert wurde, die Gegnervielfalt recht gering ausfällt, es trotz zahlreicher Mexiko-Abstecher keinen Urwald-Level gibt und sich die Kampagne abermals nicht im Koop-Modus angehen lässt. Wer sich mit all diesen Macken abfinden kann, wird hiermit aber dennoch sieben bis acht Stunden bleihaltigen Videospiel-Eskapismus erleben.

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