König der Löwen - Kino-Special

Filmkritik - natürlich ohne Spoiler

Artikel Video Nerdbeeren

Es gibt Bilder, die man automatisch mit dem passenden Klang verbindet. Wie einen roten Sonnenaufgang, der direkt "MAAAAAHZAWEEENJAAAAAWAWAWIZIWAWOOOOO" - so habe ich das mit neun Jahren auf jeden Fall verstanden - in unseren Ohren läuten lässt.

Oder wie es vermeintlich in Zulu wirklich geschrieben wird:
Nants ingonyama bagithi baba [Hier kommt ein Löwe, Vater]
Sithi uhm ingonyama [Oh ja, es ist ein Löwe])

Und zur grossen Erleichterung fängt auch die 2019er-Version von "Der König der Löwen" exakt so an und ist dabei in seiner Anfangssequenz so liebevoll nahe am Original gehalten, dass ein breites Lächeln und Gänsehaut mich erst mal zufrieden in den Kinosessel zurücksinken liessen.

Die Animationen sind warm und rauben einem mit ihren Details regelrecht den Atem. Insbesondere zu Beginn kann man sich kaum an den verschiedenen Tierarten und ihren Details sattsehen. Man kommt aus dem Staunen wirklich nicht heraus.

Screenshot

Und dann ist da natürlich "Baby Simba". Wer bei dem Anblick dieses Babykätzchens nicht zumindest einmal aufseufzt, ertränkt (vermutlich) auch kleine Kätzchen im Rhein.

Ich war zugegebenermassen bei der 1990er-Version niemals besonders angetan von Simba und seiner Niedlichkeit. 25 Jahre später kriege ich mich fast nicht mehr ein beim Anblick der putzigen Mimik - und erst dieses Niesen! Freunde von Tierkindern bekommen bei der animierten Version eine Extraportion Awww-Garantie, und es bleibt nicht nur bei den Löwen. Ich will euch nicht zu viel vorwegnehmen.

Liebhaber des Originals haben sicher mindestens einmal über die Tierpyramiden bei "Ich will jetzt gleich König sein" nachgegrübelt. Die Szene ist weder bunt noch albern, dafür aber sehr kreativ, lebendig und liebevoll umgesetzt. Die Quirligkeit der vielen tanzenden Tiere und Farben wird geschickt durch eine sehr lebendige Wasserlochszene ersetzt, die in ihrem Charme und ihrer Dynamik dem Original in nichts - ausser grellen Farben - nachsteht. Für mich ein absolutes Highlight.

Ebenfalls farblos ist allerdings der Elefantenfriedhof, der in den 1990ern für einen kleinen Atemstillstand sorgte, so aufregend und mysteriös wirkte das Szenario. Dem Realismus geschuldet, sieht das Ganze etwas langweiliger aus. Schmunzeln musste ich über die passenden Sound-Effekte, die mich in dem Moment sehr an die Serie "Dark" erinnerten, was jedoch durchaus passend ist.

Screenshot

Dafür ist der Auftritt der Hyänen umso einschüchternder. Statt eines idiotischen, sabbernden Eds bekommen wir 2019 einen ausgereifteren Sidekick zu sehen. Ich persönlich finde es eine sinnvolle Änderung, ihn dümmlich statt klischeehaft geisteskrank darzustellen. Lasst euch überraschen.

Der Charakter der weiblichen Hyäne Shenzi ist getreu den neuen Disney-Massstäben etwas selbstbewusster und eigenständiger ausgebaut.

Auch die Rolle von Nala, in ihrer älteren Version gesprochen von Beyoncé, wird - ohne dass es zu aufdringlich ist - etwas stärker herausgehoben. Ihr selbstbewusstes Wesen und ihr starker Charakter wurden mit einer zusätzlichen Szene, die sich gelungen einfügt, besonders schön herausgearbeitet.

Ich habe zwar in einer ihrer mutigen Ansprachen kurzzeitig gehofft, dass eine kleine "All the single Lions"-Nummer zwischengeschoben wird. Doch ich bin im Nachhinein dankbar, dass nicht wie bei "Aladdin" zwanghaft eine weitere Schmonzette auf der Agenda stand. Stattdessen gibt es eine wirklich spannende Szene, die geschickt an der Stelle überleitet, an der im Original etwas Hintergrund fehlt. Shenzi und Nala sind meiner Meinung nach sehr sinnvoll und gut herausgearbeitet worden.

Screenshot

Eine grosse Enttäuschung ist für mich eines meiner Lieblingslieder: "Seid bereit" Das kommt leider sehr dünn und undramatisch daher, wäre allerdings selbst in seiner supergroovigen Originalform zu märchenhaft und unpassend in diesem realistischen Szenario. Ich mag die deutsche Stimme von Scar tatsächlich noch etwas lieber als das Original.

Apropos Scar: Ich war ja schon von Dschafar in "Aladdin" sehr enttäuscht. Scar ist ein mindestens genauso starker und cooler Bösewicht und sieht für mich in der neuen Version leider einfach so aus, als wäre die Puppe zu lange gelagert worden. Er wirkt eher wie ein trauriges abgeranztes Stofftier, als wie ein geleckter "böser Onkel". Aber es ist vermutlich nicht einfach umzusetzen, wenn man möglichst bei authentischen Tier-Animationen bleiben möchte.

Während die jungen Simba-Jahre wirklich entzückend sind, ist bei den älteren Löwen die Mimik teilweise etwas schwer zu deuten. Es wirkt stellenweise ein wenig starr und kalt. Es gibt jedoch immer wieder sehr warme und rührende Momente, die einen erneut emotional abholen.

Timon und Pumbaa: Einfach fabelhaft. Wundervoll umgesetzt. Hakuna Matata. Statt Hula-Röckchen gibt es eine fast noch bessere Überraschung, besonders für Disney-Fans.

Insgesamt hält sich der Film, ähnlich wie "Aladdin", sehr nahe am Original. Es wurden nicht viele Sachen verändert und keine aufdringlichen Musikstücke hineingepresst.

Schade fand ich dennoch, dass die Credits nicht mit einem der Klassiker enden, sondern komplett von neuen Stücken durchzogen sind. Ich hätte gern noch mal eine Studioversion von "Can you feel the love tonight" oder "Hakuna Matata" gehört. Stattdessen gibt es relativ unspektakuläre neue Lieder, die zwar gut zum Film passen, aber mir nicht diesen letzten emotionalen Ruck verpasst haben, mit dem ich gern aus dem Kino gegangen wäre.

Kommentare

Filme Artikel