No More Heroes III - Test / Review

Neue Verrücktheiten aus Japan

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Gamer wissen: Gōichi Suda ist verrückt - im positiven Sinne! Die Spiele des Japaners sind kreativ, überdreht und schreiben die Action mindestens genauso gross wie die Atmosphäre. Das gilt auch für das neueste, Switch-exklusive Werk von Suda51, von dessen Stärken und Schwächen wir uns bereits überzeugen konnten.

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Als er jung war, hätte man Fu wohl für einen wolligen, an Land lebenden Kugelfisch gehalten. Das scheinbar putzige Wesen, dessen Vorgeschichte wir im Anime-Intro von "No More Heroes III" erleben, soll 20 Jahre nach seiner Flucht von der Erde in einer riesigen Rakete jedoch grosses Unheil bringen. Der Alien Fu ist nämlich in der Zwischenzeit zu einem menschenähnlichen Hünen herangewachsen, der mit seinen fiesen Weltraumschergen auf den blauen Planeten zurückkehrt, mal eben vor laufender TV-Kamera unschöne Dinge mit dem Schädel des Präsidenten anstellt und den unter den Aliens als Erde-512 bekannten Planeten unterjochen will. Doch eine Chance zum Überleben räumt Fu, der sich inzwischen Jess-Baptiste VI nennt, der Menschheit ein: Besiegt mich und meine Armee von selbsterkorenen Superhelden, und ihr seid frei. Dabei hat Fu jedoch nicht die Rechnung mit Travis Touchdown gemacht, der den insgesamt zehn Alien-Fieslingen den Kampf ansagt - und zwischendrin auch verstopfte Toiletten mit dem Pömpel freimacht.

Bekloppt und actionreich

Wer die Spiele von Suda51 oder die "No More Heroes"-Reihe kennt, ist in gewisser Weise schon darauf vorbereitet, was ihn in etwa erwartet. Nein, es ist kein billiger Abklatsch der Vorgänger, sondern einfach ein Titel, der im Wesentlichen keine Konventionen kennt - oder sich zumindest nicht davon einschränken lässt. Stattdessen lassen Suda und sein Team von Grasshopper Manufacture ("Lollipop Chainsaw", "Killer7" u. a.) ihrer Kreativität freien Lauf. Mit Travis' Laserkatana haut ihr also auf bisweilen monströse Widersacher ein oder verwandelt euch mitten im Weltraum in einen mächtigen Kampfbot, um dem Pack den Rest zu geben. Schwere Attacken, leichte Attacken, blutige Finisher oder auch ein fetter Fusstritt - die Kämpfe an sich steuern sich zwar genretypisch und haben trotz Aufschaltbutton gelegentlich gewisse Übersichtsprobleme. Aber sie fetzen ungemein, was womöglich auch an der für einen Nintendo-only-Titel ungewöhnlich expliziten Gewaltdarstellung liegt. Ein Spaziergang ist "No More Heroes III" dabei übrigens keineswegs. Bereits auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsgrade (im laufenden Spiel nicht (!) mehr anpassbar) hätten wir die meisten der Bosse ohne haufenweise heilendes oder stärkendes Sushi im Gepäck womöglich auch im x-ten Anlauf nicht geknackt.

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Es ist aber eben nicht nur die satte, von einem unfassbar grossartigen Soundtrack untermalte Action, die "No More Heroes III" spielens- und erlebenswert macht. Auch die vielen humorvoll inszenierten Cutscenes tragen dazu bei, die bisweilen so absurde Gesprächssituationen oder brutale Morde zeigen, dass Serieneinsteiger womöglich nicht sofort glauben würden, was sie gerade erleben. Das geht schon mit dem Intro los, in dem Travis etwas von einem japanischen Arcade-Spiel erzählt, in dem ihr natürlich später auch selbst Hand anlegen dürft, oder eben bei der sich direkt anschliessenden Zeichentricksequenz, in der Fus eingangs grob umrissene Vorgeschichte im bewusst klischeehafter gehaltenen Anime-Stil veranschaulicht wird. Und es geht weiter mit den Nebenaufgaben in den Open-World-Abschnitten, in denen ihr mit Travis in einem Minispiel etwa die Rasen der Kleinbürger mäht oder in einem anderen den Pömpel zückt, um eine verstopfte öffentliche Toilette wieder in Gang zu bringen. Kann Travis nämlich kein grosses Geschäft erledigen, ist ein Speichern des aktuellen Spielstands nicht möglich. Aber auch im Kern spielen die Abgedrehtheit und auch mal mehr, mal weniger lästerliche Bezüge zur japanischen oder westlichen Popkultur eine wichtige Rolle. Travis' Weg zur Rettung der Erde ist in einen Wettkampf eingewoben, bei dem er sich auf einer Computerspiel-ähnlichen Bestenliste den ersten Platz sichern muss. Wie in einer Spielshow werden die Teilnehmer vorgestellt - und von jedem davon rotiert eine Actionfigur auf dem Bildschirm. Wer muss da nicht an die Werbeunterbrechung im "Kinderfernsehen" denken?

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