Gynoug - Retro-Review

Keine Handlung, dafür viele Kugeln

Artikel Video Retro Game Level 1-1

"Gynoug" ist ein absolutes Juwel im Shoot-'em-up-Bereich. Ein kleiner Blick ins Handbuch klärt kurz auf, um was es in dem Videogame eigentlich geht. So wird das Land Iccus von bösen Dämonen angegriffen. Der Himmel schickt nun den Engel Wor aus, um die Feinde und den Zerstörer aufzuhalten. Im Spiel selbst erfährt man davon nichts, aber wirkliches Interesse dürfte sowieso keiner für die Geschichte aufbringen. Vielmehr gilt die gesamte Aufmerksamkeit dem schiesswütigen Titel und dem fliegenden Engel.

Wor zieht also aus, um die Dämonen zu vernichten. Der Engel fliegt in "Gynoug" durch insgesamt sechs Levels, die jeweils rund zehn Minuten dauern. Während er wild um sich schiesst, tun ihm die Gegner das gleich - und schon bald ist der Bildschirm übersät mit farbigen Geschossen. Ein Treffer, und es ist aus. Der Lebenszähler am Rand wird kleiner, noch drei Mal darf man getroffen werden, bevor es wieder an den Anfang des Levels geht. Die Continues sinken ebenfalls, und kurz darauf muss man das Spiel wieder von vorn beginnen. "Gynoug" ist wie viele andere Games und insbesondere Shoot-'em-up-Titel dieser Zeit absolut erbarmungslos!

Hilfreiche Power-ups

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Zum Glück steht man den zahlreichen Feinden nicht machtlos gegenüber. "Gynoug" bietet einige Fähigkeiten, um sich der Gegner zu erwehren. Mithilfe von blauen und roten Kugeln werden Wors Schüsse verstärkt als auch die Fläche vergrössert, in der die Schüsse abgefeuert werden. Somit kann der Engel schnell den gesamten Bildschirm mit seinen Kugeln abdecken. Ebenfalls hilfreich sind Federn, die stellenweise herumschweben. Damit lässt sich die Geschwindigkeit des tapferen Recken erhöhen, was überlebenswichtig ist, wenn man in späteren Gebieten erfolgreich dem Kugelhagel ausweichen möchte. Wichtig sind auch Gegenstände, welche die Art der Schüsse verändern. So ist es beispielsweise möglich, nach hinten zu feuern oder konzentrierter in eine Richtung. Je nach Umgebung muss man sich also dafür entscheiden, welche Schussart nun am sinnvollsten ist. Zu guter Letzt kann Wor auf magische Fähigkeiten wie Blitze, Schutzschilde, Bodenattacken oder andere Zauber zurückgreifen. Dazu muss er nur herumschwebende Schriftrollen einsammeln, die ihm jeweils eine dieser Fähigkeiten bescheren.

Die unterschiedlichen Welten

"Gynoug" mag nicht viele Levels bieten, die vorhandenen sind dafür äusserst abwechslungsreich und teilweise enorm wild gehalten. Anfangs fliegt man noch gemütlich durch eine Höhle, bevor man im zweiten Abschnitt in die Tiefen des Meeres abtaucht. Im Hintergrund gibt es Details wie versunkene Schiffe zu bestaunen. Level 3 indes spielt in einer Art altertümlichem Schloss, während man danach in einer mechanischen Anlage unterwegs ist. Level 5 übertreibt es komplett, denn man befindet sich plötzlich in einer Art Blutbahn samt wabernden, rosafarbenen Hintergründen. Zuletzt geht es hoch hinaus in die Lüfte. So kreativ und abwechslungsreich die Areale gestaltet sind, so sehr können sie einen manchmal überfordern. Objekte im Vordergrund verhindern stellenweise ein klares Sichtfeld, während der Blutbahn-Level einen mit seinem poppigen Hintergrund komplett um den Verstand bringt. Teilweise wird es zu einer wahren Herausforderung, die Kugeln im Vordergrund noch von den Hintergründen zu unterscheiden, was zu frustrierenden Toden führen kann.

H. R. Giger lässt grüssen

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Besonders hervorzuheben sind die kreativen Gegnerdesigns, die insbesondere bei den Bossen für Albträume sorgen. Von gewöhnlichen Vögeln und Fischen über fliegende Köpfe und steinerne Statuen bis hin zu Gehirnen und Föten ist hier alles vertreten, was man sich vorstellen kann. Die Bosse indes könnten direkt dem Kopf des schweizerischen Künstlers Hans Rudolf Giger (verantwortlich für das Design des "Aliens" von Ridley Scott) entsprungen sein. Mechanische Züge samt Kopf und riesigem Oberkörper, der mit mechanischen Teilen verbunden ist, inklusive eines herausstehenden Herzens - oder Wesen mit einem langen, abstehenden Etwas, das stark an ein Glied erinnert. "Gynoug" ist in seinen Bosskämpfen enorm kreativ und verstörend unterwegs, womit jeder einzelne Kampf im Gedächtnis bleibt. Insbesondere, da der letzte Level aus einer Aneinanderreihung dieser Gefechte besteht. Der parasitäre Alienbaby-Boss samt aufgeplatztem Brustkorb am Ende des Games entlässt einen mit einem weiteren Albtraum.

Fazit

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"Gynoug" ist ein verschollenes und begrabenes Juwel, das ursprünglich auf dem SEGA Mega Drive (bzw. Genesis) erschien, hier jedoch unter dem Namen "Wings of Wor". Zum Glück kann man sich das Spiel mittlerweile auch auf gängigen Konsolen in den E-Shops besorgen - und zwar weitaus günstiger als auf der originalen Hardware. Angenehm sind hierbei Rückspulfunktionen und Speicherpunkte, die man selber setzen kann. Ebenfalls schön sind unterschiedliche Filter, um das bestmögliche Spielerlebnis zu bieten. Um das Game noch zugänglicher zu machen, wurde der Version sogar ein Modus mit unendlich Leben beschert. Somit können auch Anfänger in diesem Genre ihren Spass damit haben. Spielt man "Gynoug" allerdings ohne den Zusatzkomfort, also wie im Original, kann es stellenweise etwas frustrierend sein. Trial & Error stehen an der Tagesordnung, und durch einige Passagen kommt man kaum hindurch, ohne den genauen Ablauf zu kennen. So heisst es sterben und das Ganze noch mal von vorn versuchen, bis man es endlich geschafft hat. Eben wie in den guten alten Zeiten.

Plattform: Mega Drive, Wii, Switch, PlayStation 4 & 5, Xbox One & Series X|S Entwickler: NCS Corporation Publisher: **SEGA (Europa) **Release: EU, 1991 Genre: Shoot 'em up/Bullet-Hell-Shooter

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