Lucky Luke: Banditen Express - Retro-Review

Schneller als sein Schatten

Test Video Retro Game Level 1-1 getestet auf

1946 erblickte der berühmteste Comic-Cowboy das Licht der Welt: Lucky Luke. Gemeinsam mit seinem treuen Pferd Jolly Jumper und dem naiven Gefängniswachhund Rantanplan durchstreift er den Wilden Westen, um böse Buben hinter Gitter zu bringen. Zumeist sind die Bösewichte die Dalton-Brüder, genauer gesagt Joe, William, Jack und der etwas dümmliche Averell. Doch gegen den Mann, der schneller schiesst als sein Schatten, haben die Gangster keine Chance und landen immer wieder im Gefängnis - bis zu ihrem nächsten erfolgreichen Ausbruch.

Der kreative Kopf hinter diesen Geschichten ist der Zeichner Morris. Von 1946 bis 1955 zeichnete und schrieb er die Geschichten über den Cowboy mit dem gelben Oberteil und der schwarzen Weste. Danach übernahmen andere Autoren wie René Goscinny (bekannt für seine "Asterix und Obelix"-Comics) die Geschichten, während Morris noch bis 2001 die Zeichnungen anfertigte. "Lucky Luke" wird bis heute produziert und zählt damit zu den erfolgreichsten europäischen Comics. Zu weiterer Bekanntheit gelangte die Reihe durch die Zeichentrickfilme, die erstmals 1971 produziert wurden. Der vierte und bisher letzte Zeichentrickfilm erschien 2007. Selbstverständlich gibt es auch einige Videospiele über den einsamen Helden. Vom C64 über das SNES und die PlayStation 1 bis hin zum Game Boy Advance und Nintendo 3DS war Lucky Luke auf vielen Konsolen und Handhelds vertreten. In diesem Artikel widmen wir uns seinem Abenteuer auf dem Game Boy Color, das den Titel "Lucky Luke: Banditen Express" trägt.

Ein klassischer Platformer

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In "Lucky Luke: Banditen Express" schlüpft man in die Rolle des titelgebenden Cowboys. Bewaffnet mit einem Revolver, jagt man einem gestohlenen Zug hinterher. Dieser rast einmal quer durch Amerika, was den Spieler in die unterschiedlichsten Levels führt. Von einer Westernstadt über ein Dampfschiff bis hin zu einem Zirkus und verschneiten Bergen bietet das Spiel alles, was man von einem guten Western-Abenteuer erwartet. Dabei sind die Levels klassisch aufgebaut. Man läuft und springt herum, verschiebt Objekte, sammelt Gegenstände wie Herzen oder Dollar ein und erledigt gelegentlich einen Widersacher. Entwickler Infogrames lockert das Geschehen zwischen den Missionen mit kleinen Minispielen wie Hufeisenwerfen, Knochenwerfen oder Dalton-Zielscheibenschiessen auf. Ebenfalls gibt es Missionen, in denen man kurz Rantanplan übernehmen darf oder als Jolly Jumper unterwegs ist. Für weitere Abwechslung sorgen unterhaltsame Rhythmusspiele am Klavier oder Telegrafen. Auch mit einem Flussdampfer darf man kurzzeitig durch die Gegend schippern, um den gestohlenen Zug einzuholen. Und selbst die berühmten Loren-Levels aus "Donkey Kong Country" fanden ihren Weg ins Spiel, weshalb sich auch Lucky Luke in ein solches Gefährt begibt, um den Banditen hinterherzujagen. In seiner knapp einstündigen Spielzeit bietet der "Banditen Express" launige Unterhaltung für zwischendurch.

Bunte Klänge und Bilder

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Die grosse Stärke des Spiels liegt klar in seinen bunten und farbenfrohen Bildern. So ist Lucky Luke anhand seiner markanten Farben Gelb und Blau sofort zu erkennen. Währenddessen erstrahlt der Himmel in einem schönen Blau mit leichten Abstufungen hin zu den Wolken. Allgemein wurde der Umgebung mithilfe von kleinen, pixeligen Schattierungen eine schöne Greifbarkeit verliehen. "Lucky Luke: Banditen Express" wirkt dadurch dreidimensionaler als so manch anderer Vertreter auf dem Handheld.

Ebenfalls stark sind die piepsigen Töne, die allesamt Ohrwurmcharakter besitzen. Jeder einzelne Level kommt mit einem eigenen Stück daher, das sich durch die sich wiederholenden Passagen sofort in die Gehörgänge schleicht. Lediglich die etwas seltsamen Umgebungsgeräusche wie das Hüpfen oder Graben stören den Gesamteindruck ein wenig. Sie wirken oftmals arg dumpf.

Der zurückschiessende Schatten

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Im Wilden Westen ist jedoch nicht alles Gold, was glänzt. Insbesondere die Animationen kommen recht verhalten daher und werden auf einige wenige Bilder reduziert. Zwar sind Details wie das Flattern des Hutes im Wind bei der Lorenabfahrt schöne kleine Merkmale, doch gerade bei Standardanimationen fällt auf, wie hakelig das manchmal aussieht. Da hatte das zuvor erschienene "Lucky Luke"-Spiel auf dem Game Boy, ebenfalls von Infogrames entwickelt, deutlich die Nase vorn. Auch in Sachen Levelfülle fällt das Game etwas zu seinem Vorgänger ab. Stellenweise wirken die Abschnitte nämlich etwas zu leer und bieten damit dem Spieler kaum Herausforderungen. Somit mag "Lucky Luke" auf dem Game Boy das bessere Spiel sein, der "Banditen Express" stellt allerdings den grösseren Geheimtipp dar, da es wesentlich weniger bekannt ist.

Fazit

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Klar, "Lucky Luke: Banditen Express" ist beileibe kein vergessenes Meisterwerk, jedoch eine kleine, technisch saubere Perle, die auf dem Game Boy Color schlummert. Anstatt das 100. Mal "Super Mario Bros. Deluxe" zu spielen, kann man zwischendurch auch mal dieses Spiel einwerfen. Die kurze Spielzeit, die gelungenen Levelaufbauten, die vor sich her trällernde Musik und die kleinen Gameplay-Abwechslungen sorgen für ein kurzzeitiges Vergnügen voller fliegender Vögel, die getroffen als gerupftes Hähnchen vom Himmel fallen, und Leuten, die mit Fliegenklatschen aus dem Fenster schauen und versuchen, den Cowboy damit zu erwischen. Lediglich ein gelungener finaler Bosskampf fehlt dem Spiel. Stattdessen gilt es, den Zug innerhalb eines Bildes zu stoppen, was nach wenigen Sekunden schon gelingen sollte. Die Jagd bis dahin ist aber definitiv einen Blick wert! Ein "Lucky Luke"-Spiel aus den hinteren Reihen, das definitiv etwas mehr Aufmerksamkeit verdient hat.

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