Return to Monkey Island - Test / Review

Gelungener Fan-Service

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Mit Adventures wie "Maniac Mansion" und "The Secret of Monkey Island" sowie der von ihm entwickelten SCUMM-Engine schrieb der US-Programmierer Ron Gilbert Gaming-Geschichte. Mehr als 30 Jahre nach dem ersten Teil spendiert die Entwickler-Ikone der legendären "Monkey Island"-Reihe nun eine Fortsetzung. Ob das klassische Adventure um den Möchtegernpiraten Guybrush Threepwood den hohen Erwartungen der Fans gerecht wird, haben wir für euch herausgefunden.

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Ein bisschen was von einer beleidigten Leberwurst hatte es schon, als sich Ron Gilbert zu den Reaktionen der Spieler zur Grafik von "Return to Monkey Island" äusserte und angab, dass er nun am liebsten gar kein weiteres Material mehr vorab veröffentlichen wollen würde. Zu einem Teil hatten sich die Gamer negativ über den Stil und oft auch über die Qualität insgesamt geäussert - wie so oft im Internet nicht gerade konstruktiv und nicht selten mit harschen Worten. Verstehen kann man die Reaktionen beider Seiten: die von Gilbert, der unter anderem gemeinsam mit dem Autor und langjährigen LucasArts-Weggefährten Dave Grossman schon seit geraumer Zeit am Adventure-Sequel arbeitete. Aber eben auch die Fans, die, ob überzogen oder nicht, schlicht hohe Erwartungen an das neue Abenteuer von Guybrush Threepwood haben. Die Zeit der Erwartungen ist nun vorbei, denn schon am 19. September 2022 fällt für "Return to Monkey Island" der finale Startschuss auf PC und Nintendo Switch. Wir haben es durchgespielt und verraten euch im Folgenden, warum wir als Serien-Fans viele Glücksmomente erlebten, objektiv aber nicht in die höchsten Wertungssphären vordringen können.

Kontinuität statt Selbstgerechtigkeit

Schon seit etlichen Jahren gibt es den Ruf der Fans nach einem neuen "Monkey Island", bei dem Serienschöpfer Ron Gilbert, der massgeblich an der Entwicklung der beiden ersten, 1990 und 1991 veröffentlichten Teile als Autor und Programmierer beteiligt war, seine eigene Vision von "Monkey Island 3" verwirklicht. Denn gleich drei Fortsetzungen gab es seit "Monkey Island 2: LeChuck's Revenge" zwar, doch weder an "The Curse of Monkey Island" (1997) und "Flucht von Monkey Island" (2000) noch an Telltales Episoden-Abenteuer "Tales of Monkey Island" (2009) war Gilbert direkt beteiligt. Der Erfinder von Guybrush Threepwood, dessen Ziel in "The Secret of Monkey Island" noch war, Pirat zu werden, wischt in "Return to Monkey Island" aber nicht etwa alles vom Tisch, was sich andere Spiele-Entwickler ausgedacht haben, sondern sorgt fern jeglicher Arroganz für Kontinuität. Guybrush und Elaine, die in allen bisherigen Teilen Gouverneurin von Mêlée Island war, sind also wie seit dem Ende von "The Curse of Monkey Island" verheiratet. Bei bekannten Charakteren der Reihe greift "Return to Monkey Island" nicht nur auf Dauergäste wie den schon in Teil 1 auftretenden Händler Stan zurück, sondern auch auf den mit Teil 3 eingeführten sprechenden Totenschädel Murray. Gleichzeitig erfüllt Gilbert den Fans ihren Wunsch, die Handlung primär auf den Ereignissen in den ersten beiden Serienteilen aufzubauen. So gibt es etwa auffällig oft ein Wiedersehen mit Charakteren aus dem ersten Teil, darunter Schwertmeisterin Carla, die nun Gouverneurin von Mêlée Island ist, den "mächtig wichtigen Piraten", die dem Haupthelden einst die drei Prüfungen auferlegten und jetzt ein Fischgeschäft betreiben, oder auch dem mit Teil 2 eingeführten Kartenzeichner Wally, den Guybrush (mal wieder) mit seinem Tun in eine missliche Lage bringen wird. Referenzen gibt es indes massenweise. In der Scumm-Bar trefft ihr erneut auf den Piraten, den ihr über "Loom" befragen könnt. Otis sitzt wie schon zu Beginn von Teil 1 in einer Gefängniszelle und ist, laut eigener Wahrnehmung, wieder ein Opfer der Justiz - und wohl auch eines des Mundgeruchs. In einem Museum wird wiederum eines der Kartenteile ausgestellt, die zum Schatz Big Whoop führen, oder auch einer der beiden Haken von Guybrushs Ex-Crew-Mitglied Meathook.

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"Return to Monkey Island" führt jedoch auch eine Reihe neuer Figuren ein und erzählt eine im weitesten Sinn eigenständige Geschichte. So trefft ihr beispielsweise auf eine Schlosserin, die (typisch für den Serienhumor) Locke Smith heisst, oder auch auf die Königin der eiskalten karibischen Insel Brrrr Muda, deren Thron Guybrush später im Rahmen von drei manipulierten Wettstreits Adventure-typisch erobern muss. Warum die Story nur "weitgehend eigenständig" ist, kann man leicht erklären: Die Handlung an sich und auch ein nicht unerheblicher Teil der Gags lebt von Kenntnissen aus den Vorgängern. Das Spiel richtet sich also zwar nicht ausschliesslich, aber doch in erster Linie an Fans. Wer etwa "Monkey Island 2" nie gespielt hat, dürfte schon mit dem Prolog wenig anfangen können. Der beginnt nämlich auf Booty Island sozusagen mit dem Ende von Guybrushs zweitem Abenteuer - oder besser gesagt einer Anspielung darauf. Man kann an den ersten Aufgaben durchaus auch so seinen Spass haben. Aber wer den Platz des Spuckwettbewerbs, an dem Chucky und Guybrush als Kinder hier einen Wettlauf starten können, noch nicht kennt, auf den wirkt der Einstieg vermutlich fast schon sinnfrei. Genauso wie die Tatsache, dass die beiden Jungs kurz darauf auf den echten, erwachsenen Guybrush treffen, der hier nun offenbar deren Vater ist und seinem Sprössling die in einer grossen Rückblende spielbare Suche nach dem Geheimnis von Monkey Island erzählt - und es dabei vielleicht nicht immer ganz so genau mit der Wahrheit nimmt. Aber mehr als das möchten wir euch zur Handlung nicht vorwegnehmen. Klar ist, dass die Story deutlich auf die Serienfans zugeschnitten wurde und zumindest erheblich an Reiz verliert, wenn ihr ohne Vorkenntnisse einsteigt.

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