Game-Design Schweiz - Special

Trocknet das Schweizer Game-Design aus?

Kolumne moritz

Das vergangene Jahr hat viel Leid gebracht und die Wirtschaft weltweit durchgeschüttelt. Zu den wenigen erfreulichen Nachrichten gehörte aus Game-Entwickler-Sicht die erhöhte Akzeptanz von Computerspielen, die durch ihre Möglichkeiten der Vernetzung und des gemeinsamen Spielens eine Art Rettungsanker in Zeiten des Social Distancings boten. Doch wo stehen wir Schweizer Game-Designer und -Entwickler?

Moritz Zumbühl, CEO und Mitgründer der Blindflug Studios hat sich dazu ein paar Gedanken gemacht.

... und dann landete das Flugzeug ziemlich abrupt in der Wüste. Nach der Game Developers Conference 2019 in San Francisco, wo Blindflug Studios den bevorstehenden Bankrott abzuwenden versucht hatte, kam es zu einer Notlandung. Eigentlich wäre ein Meeting in Los Angeles vorgesehen gewesen, um unser Studio zu retten. Für mich und meinen langjährigen Weggefährten und Mitgründer des Studios, Jeremy Spillmann, hatte das Happening einen symbolischen Charakter: Blindflug in der Wüste abgestürzt. Game over. Doch dann ist es doch nicht so weit gekommen.

Vor knapp sieben Jahren wurde Blindflug Studios als Spin-off der Zürcher Kommunikationsagentur Feinheit gegründet. Das heisst, Jeremy, ein ehemaliger Feinheit-Mitarbeiter, und ich wagten den Alleingang. Finanziell wurden wir zwar anfangs von weiteren Bruchpiloten (die Bruchpiloten AG ist die Holding-Gesellschaft hinter Feinheit und Blindflug) unterstützt. Doch einzig Jeremy bezog einen bescheidenen Lohn. Mein Engagement war während der ersten drei Jahre nicht entlöhnt. Ein Hobby gewissermassen.

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Uns verband und verbindet bis heute eine Abenteuerbereitschaft. Wir wollten schauen, ob wir es schaffen, ein Game-Studio von internationalem Format in der Schweiz zum Fliegen zu bringen. Damals gab es nur ein paar wenige andere - ich sage mal - Pioniere. Dieser Umstand färbte sich auch auf die Namensgebung ab. Für uns war das Unterfangen ein Blindflug. Es gab niemanden, der uns bei der Hand nahm und uns zeigte, wie und wo es langgeht.

Jeremy und mein Ziel war es, mit Games etwas Positives zu erreichen, nicht nur schieres Entertainment. Wie kann man eine wichtige Message auf unterhaltsame Weise in ein Videospiel packen, ein komplexes Thema zugänglich machen? Wir erarbeiteten das Konzept von "First Strike", einem Strategiespiel um nukleare Aufrüstung. Während ich mich um Marketing und Produktion kümmerte, setzte sich Jeremy verschiedene Hüte auf: Game-Designer, Grafiker und Programmierer. Letzteres hat zwar funktioniert, denn Jeremy brachte "First Strike" (2014) zum Laufen, doch sein Spaghetti-Code hält heutigen Anforderungen nicht mehr stand. Und keine Angst: Jeremy hat inzwischen ein Verbot erhalten, Dinge zu programmieren. So kann er sich auf seine eigentliche Stärke, das Game-Design, konzentrieren, was weit mehr Sinn ergibt. Unterstützt wurden wir damals von Feinheit-Mitarbeitenden, die uns bei manchen Dingen unter die Arme griffen. Wir steckten all unsere Energie und Ressourcen in "First Strike" - und landeten einen Überraschungs-Hit.

Den stattlichen Gewinn reinvestierten Jeremy und ich in Blindflug Studios, statt uns ein Haus oder so zu kaufen, obschon wir uns das überlegt haben. Es kamen neue Mitarbeitende hinzu, und mit ihnen wuchs auch die Ambition, deren Resultat schliesslich den Namen "Cloud Chasers" (2015) trug und nicht - wie wohl viele erwartet hätten - "First Strike 2".

Ganz bewusst entschieden wir uns für neue Inhalte, denn uns beschäftigten Themen wie Migration und Wasserknappheit. Wir gingen ein Risiko ein und setzten künstlerische Freiheit über kommerzielle Sicherheit. "Cloud Chasers" erzählt die Geschichte eines Vaters, der sich zusammen mit seiner Tochter auf die Suche nach einer paradiesischen Wolkenstadt macht. Auf einer kritischen Ebene verfing das Game und wurde mehrfach im Rahmen von Festivals ausgezeichnet, doch kommerziell floppte es spektakulär. Ähnlich erging es "Airheart" (2018), einem farbenfrohen Flugzeugabenteuer, in das wir das Thema der globalen Überfischung eingearbeitet haben.

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