Hochschule der Künste Bern: Gamen für den technologischen Fortschritt

Forschungsprojekt Confoederatio Ludens

News Roger

Eine Schweizer Game-Szene existierte bereits gegen Ende des letzten Jahrtausends, sie ist aber kaum dokumentiert. Das Forschungsprojekt "Confoederatio Ludens" der Hochschule der Künste Bern HKB und ihrer Partnern zeigt, dass Jugendliche und Spielwarenabteilungen wesentliche Treiber der Schweizer Gamekultur und damit der Digitalisierung der Schweiz waren.

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Arno Görgen (l.) und Eugen Pfister von der Hochschule der Künste Bern. Copyright: CH Ludens

Ob "Roblox", "Call of Duty" oder "Brawl Stars": Laut der Interessengemeinschaft elektronische Medien Schweiz IGEM spielen in der Schweiz 3.5 Millionen Personen (52% der Bevölkerung ab 15 Jahren) zumindest gelegentlich Computerspiele und fast ein Fünftel der Bevölkerung (19%) sogar täglich. Der Altersdurchschnitt liegt bei 47 Jahren, wie die IGEM-Studie von 2023 zeigt. Doch es waren neben den sogenannten Early Adopters, also Erwachsenen, die schon sehr früh in Kontakt mit Computern gekommen sind, vor allem Jugendliche, die die Schweizer Game-Szene massgeblich geprägt haben. Dies haben Forschende der HKB, Universität Bern, Universität Lausanne und der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK im Projekt "Confoederatio Ludens. Swiss History of Games, Play and Game Design 1968-2000" herausgefunden.

80er: Was tun mit einem Computer im Wohnzimmer?

Anfang der 80er gab es die ersten Computer für den Heimgebrauch. Die Geräte standen für den technologischen Fortschritt und fanden rasch Einzug in die Haushalte jener Schweizer*innen, die es sich leisten konnten und die neugierig auf die Möglichkeiten von IBM PC, Amiga, Commodore C64, Atari, Apple II oder des Schweizer PC-Modells Smaky waren. Aber was man nun konkret mit den aufregenden neuen Maschinen anfangen sollte, war vielen noch ziemlich unklar.

Erste Game-Communities in den Spielwarenabteilungen

Die Jugendlichen in diesen Haushalten erkannten schnell den Nutzen der Computer: zum Gamen. Dafür brauchte man sonst eine der frühen, sehr grossen Spielkonsolen oder musste eine Spielhalle aufsuchen. Dass sich auch im Zeitalter vor dem Internet Game-Communities entwickeln konnten, war zum Teil dem Zufall, zum Teil aber auch einem aufkeimenden Selbstverständnis als"Computer-Freaks" geschuldet. Die Kids haben sich an den Spielstationen im Franz Carl Weber und anderen Spielwarenabteilungen gefunden. Einige fingen schon während der Schulzeit an, ihre ersten eigenen Games zu programmieren oder tauschten sie innerhalb der entstehenden Communities. 1987 kam so beispielsweise "Ball Raider" als eines der ersten kommerziellen Schweizer Computerspiele auf den internationalen Markt. Andere Kids begannen, über die "Fundgrueb" Games zu verkaufen und professionalisierten dies später mit der Eröffnung der ersten Computerspiel-Läden. Der heute grösste Schweizer Online- Shop "World of Games" wurde so beispielsweise 1994 in Oberentfelden AG gegründet.

90er: Ruf der Killer-Games verändert sich

Dass Spiele als "Killer-Games" wahrgenommen wurden, war eigentlich ein Phänomen, dass sich erst in den späten 90er-Jahren entwickelte, sagt Arno Görgen von der HKB. Zuvor galten Computerspiele als Symbol des technologischen Fortschrittes. In den 70ern, 80ern und 90ern halfen sie dabei, die neusten Computer zu erkunden und waren so ein Motor für die Digitalisierung der Gesellschaft und damit auch für den Erfolg des Internets.

Über das Projekt «Confoederatio Ludens»

Das Schweizer Forschungsprojekt "Confoederatio Ludens" der Hochschule der Künste Bern HKB, Universität Bern, Universität Lausanne und der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK wird vom Schweizerischen Nationalfonds mit über 3 Mio. Franken unterstützt und ist damit eins der grössten Game-Forschungsprojekte der Welt. Das Projekt blickt auf eine lebendige, aber bisher unerforschte Gamedesign- und Entwicklungsszene im Vor-Internet-Zeitalter. Während Jahrzehnten wurden in der Schweiz digitale Spiele in Nischen programmiert, aber auch mit kommerziellem Erfolg. Das Team von "Confoederatio Ludens" erforscht diese weitgehend ignorierte Spieleindustrie von 1968 bis 2000 und unternimmt einen Schritt zur Bewahrung eines höchst flüchtigen kulturellen Erbes.

Unser Interview zu "CH Ludens" mit Arno Görgen und Eugen Pfister

Quelle: Pressemeldung

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