Mitleiden gehört zum Konzept
Denn "Senua's Saga: Hellblade II" ist ein extrem storylastiges Spiel und legt den Fokus - wie schon sein Vorgänger - auf die Darstellung der Geschichte und die Inszenierung der Atmosphäre. Entwickler Ninja Theory reizt die Möglichkeiten der Unreal Engine 5 aus und erzeugt so unverwechselbare Momente, Szenerien und Charaktere. Eines sei an dieser Stelle gesagt: "Senua's Saga: Hellblade II" ist bisweilen harter Tobak. Die Gewalt, die Darstellung der mentalen Probleme, die Zerrissenheit, die Sorgen, Ängste und Emotionen: Das Game greift all das auf, und auch wenn der Grundtenor hoffnungsvoller als noch im ersten Teil ist, wird dennoch ein düsteres und bisweilen beklemmendes Erlebnis vermittelt.
Protagonistin Senua steht dabei immer wieder im Mittelpunkt. Durch Close-ups auf ihr Gesicht richtet das Spiel den Fokus auf ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Selten wurden reale Schauspieler derart detail- und facettenreich in ein Videospiel integriert. Jede kleinste Regung und Emotion sind in Senuas Gesicht erkennbar - von einem kurzen Lächeln bis zum Zittern ihrer Lippen. Sie wirkt dadurch ungemein natürlich und greifbar.
Das Sound-Design trägt seinen Teil zu dieser einzigartigen Atmosphäre bei. Wir raten dringend zum Tragen eines guten Surround-Kopfhörers, denn nur so werdet ihr jede Nuance hören und geniessen können. Weiterhin plagen Senua nämlich die Stimmen der Furien, die uns beim Spielen förmlich über die Schultern in die Ohren flüstern. Mal aufmunternd und positiv, mal wütend und zweifelnd - Senuas innere Stimmen geben Einblick in ihre Gefühlswelt und bilden so eine enorm wichtige erzählerische Ebene.
Und dann wäre da natürlich noch die Spielwelt selbst: Das Island des zehnten Jahrhunderts ist ein herrlich-schrecklicher Ort. Ninja Theory kombiniert geschickt die reale Natur mit ihrer schroffen Küste und den malerischen Landschaften mit düsteren Augenblicken, in denen man gar nicht so genau weiss, ob sich das Gesehene in Senuas Kopf abspielt oder man nicht plötzlich dort in die Sagenwelt abdriftet. Elemente aus Fantasy und Horror halten hier immer wieder Einzug und erschaffen gleichermassen beängstigende wie faszinierende Momente. Die Gefechte wiederum sind blutig, brutal und extrem hart geschnitten. Jede Konfrontation fühlt sich an wie ein Kampf um Leben und Tod - also mehr als passend für die nordische Welt von "Hellblade II".
"Senua's Saga: Hellblade II" ist ein inszenatorisches Meisterwerk und trifft in nahezu jeder Situation den richtigen Ton.