Das historische Japan ist so in wie noch nie in den Medien. Vom mehrfachen Emmy-Gewinner "Shogun" über das aktuelle "Assassin's Creed: Shadows" bis zum kommenden "Ghost of Yōtei": Katana schwingende Samurai, verstohlene Shinobi und die Politik ziehen uns alle nur so an. Das aktuell für 2025 geplante Rollenspiel "Shadow of the Road" schlägt thematisch in eine ähnliche Kerbe, setzt aber auf ein rundenbasiertes Kampfsystem. Vor dem Release der ersten spielbaren Alpha hatten wir nicht nur die Chance, mehr über den Titel zu erfahren, sondern durften gleich selbst Hand anlegen.
Von Kaisern und Shoguns

Es ist das Jahr 1868, und in Japan braut ein Konflikt. Heute ist er bekannt als Meiji-Restauration. Ganz kurz und vereinfacht gesagt ist es die Zeit des letzten Shoguns, der seine Macht bewahren und verhindern will, dass das kaiserliche System wieder eingesetzt wird. "Shadow of the Road" nimmt diese echten Ereignisse, erzählt aber eine fiktive Geschichte. Hier wird das aufstrebende Kaisertum von der ENC, der East Nippon Company, unterstützt. Sie bringt nicht nur ihre Truppe mit in den Kampf, sondern auch ihre Technologie. In dieser Welt verfügen sie nicht einfach nur über ein riesiges Waffenarsenal. Dank grossem technologischen Fortschritt werden dampfbetriebene Mechanzüge in den Osten gebracht. Diese Fraktion repräsentiert die kommende Moderne, der das Shogunat gegenübersteht, das für Tradition steht. Tradition und selbstverständlich Magie, denn irgendwie muss man sich ja gegen eine Invasion westlicher Mechs wehren!

Entwickler Another Angle Games verzichtet dabei auf einen klassischen Hauptcharakter und gibt einem die Kontrolle über eine ganze Gruppe an Figuren. Zum Start des Spiels besteht sie aus lediglich zwei Ronin, Akira und Satoru, die eine grosse Schlacht überlebt haben. Doch im Verlauf der Geschichte wird die Truppe immer weiter wachsen. Wie gross sie schlussendlich wird, ist noch nicht bekannt, versprochen sind allerdings mehr als fünf spielbare Kämpfer. Wichtig sind neben der Hauptgeschichte auch die Beziehungen zwischen diesen Charakteren, die sich hauptsächlich durch Entscheidungen in Gesprächen weiterentwickeln. Wählt man einen ehrbaren Weg? Oder passt man sich der Situation an und tötet alles und jeden, dem man über den Weg läuft? Jeder Charakter hat dabei zwei Pfade, auf denen man sich bewegen kann, plus die Beziehung zu jedem anderen Partymitglied. All dies führt schlussendlich auch zu unterschiedlichen Enden, je nachdem, wie man sich im Spielverlauf verhalten hat. Wie sich das alles im fertigen Spiel anfühlen wird, ist natürlich komplett offen, es hat aber Potenzial für viel Tiefgang. Wie gut die Geschichte selbst ist, kann auch noch nicht gesagt werden. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Entwickler mit viel Liebe an dem Projekt arbeiten.
Timeline eines Kampfes
Gespielt wird mit einem klassisch anmutenden Rundenkampfsystem. Jeder Charakter hat seine eigenen Züge, die er ausführen kann und die in Bewegung und Aktionen aufgeteilt sind. Dabei läuft das Geschehen aber nicht immer gleich ab, denn am oberen Bildschirmrand ist stets die Timeline der nächsten Züge sichtbar. Manche Charaktere können schneller wieder angreifen als andere, während es Angriffe gibt, die einen sogenannten Shift verursachen, wodurch sie schneller bzw. langsamer zu ihrer nächsten Aktion kommen.

Das System weiss, selbst in der kurzen Spielzeit, die wir damit verbringen durften, schon jetzt zu gefallen. Man hat immer die komplette Übersicht, wer zu welchem Zeitpunkt drankommt, wodurch man ein gewisses Mass an Planung hat. Durch die Shifts können allerdings selbst die besten Pläne durcheinandergebracht werden, was für Spannung sorgt. Ausserdem ist "Shadow of the Road" vom Schwierigkeitsgrad her bereits jetzt ziemlich knackig. Es ist beispielsweise absolut möglich, im ersten Tutorialkampf zu versagen und eine der beiden Spielfiguren zu verlieren, selbst wenn man wie in unserem Fall schon eine Vorschau des ganzen Gefechtes gesehen hat. Es erfordert Planung und Geschick, was im späteren Spielverlauf bestimmt nur noch mehr zum Zug kommen wird. Neben normalen Angriffen mit Schwert und Bogen erhält man dann nämlich Zugang zu magischen Fähigkeiten und Yōkai-Verbündeten, die den Ausgang von jeder Auseinandersetzung massiv beeinflussen können.

Die europäischen Entwickler haben dabei viel Folklore studiert, um Kreaturen wie die verschiedenen Yōkai möglichst authentisch zu präsentieren. Wie in der Geschichte selbst, haben sie sich alle Freiheiten genommen, die es gibt, um das Ganze auch als Spiel möglichst unterhaltsam zu machen. Etwas befremdlich wirkt aktuell die Sprachausgabe. Sie ist in Japanisch und klingt gut, ist allerdings nur in wenigen Szenen zu hören. Meistens gibt es gar keine Sprachausgabe oder lediglich ein paar Grunzer zu hören, die den vielen Text ein wenig untermalen. Die Idee wäre, noch mehr vertonte Elemente einzubauen, damit beispielsweise die ausländischen Truppen der ENC mit portugiesischen Sprechern zum Leben erweckt werden. Doch mehr als ein Plan ist das aktuell noch nicht. Auch die Zwischensequenzen, die in der Engine selbst gemacht wurden, wirken etwas arg steif und undynamisch.
Ausblick
Für Fans des Genres und der Materie könnte "Shadow of the Road" ein ganz heisser Kandidat für ein Topspiel werden. Trotz einiger kleiner Schwächen in der von uns gespielten Alpha zeigt sich viel Potenzial. Das Gameplay verspricht schon jetzt einiges an Tiefe, und es könnte spannend werden, was die Entwickler daraus noch machen. Es fühlt sich zwar alles ein wenig nach "Was finden die Europäer cool am historischen Japan?" an, doch das Studio zeigt, dass es mit viel Herzblut am Projekt arbeitet - und das merkt man dem Game bereits an.
