Bei "Duke Nukem Forever" lagen rund 14 Jahre zwischen Erstankündigung und finalem Launch - das bestenfalls mittelprächtige Ergebnis ist bekannt. Bei "S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl" ist die Zeitspanne vom Announcement bis zum Release ähnlich gross. Ob das Resultat beim Genremix aus der Ukraine ähnlich schwach oder besser ist, verrät unser Test.
Am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine und führt seitdem Krieg gegen die ehemalige Sowjetrepublik. Das hat nicht nur grossen Einfluss auf die weltweite Politik und besonders die in Europa, sondern wirkt sich auch auf etliche andere Bereiche aus. So nebensächlich der Sektor der Videospiele dabei erscheinen mag, waren die Auswirkungen auf Games-Produktionen ukrainischer Studios gravierend, darunter das von Fans seit geraumer Zeit herbeigesehnte "S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl". Wie genau sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine auf das Spiel ausgewirkt hat, was unter anderem zu einer Teilverlagerung des Entwicklerstudios von GSC Game World nach Prag führte, soll hier aber nicht das Thema sein. In diesem Test geht es wie immer nur darum, wie gut das Game geworden ist und ob sich die Anschaffung lohnt. Dafür haben wir die Mischung aus First-Person-Shooter, Open-World-Rollenspiel und Survival-Horror für euch auf Xbox Series X gespielt.
Ein linearer Beginn
Im Spiel landet ihr in der Rolle von Skif, einem der sogenannten Stalker, in der inneren Sperrzone rund um das ehemalige Atomkraftwerk Chornobyl, das in hiesigen Gefilden vor dem Krieg noch nach russischer Alliteration Tschernobyl geschrieben wurde. Eigentlich sollt ihr im Jahr 2011 in der Zone lediglich ein aussergewöhnliches Artefakt untersuchen. Das läuft aber natürlich schief, denn eine Gruppe von anderen Stalkern klaut euch sowohl besagtes Artefakt als auch einen mysteriösen Scanner, den ihr zur Untersuchung mit in die Zone genommen habt. Natürlich wollt ihr euch das Teil zurückholen, müsst euch dafür jedoch mit verschiedene Fraktionen arrangieren, die in der Zone ihre ganz eigenen Ziele verfolgen und wohl nicht nur aufgrund der Strahlenbelastung nicht mehr ganz sauber ticken.
Mitsamt einer fast schon pseudoreligiösen Gruppe entwickelt die Story von "S.T.A.L.K.E.R. 2" Ansätze von "Fallout"-Vibes. Da ihr immer wieder Entscheidungen treffen müsst, ob ihr bestimmte Personen tötet oder verschont, oder auch mal darüber, mit wem ihr eine bestimmte Erkenntnis teilt oder eben nicht, ist die Story auch nicht unbedingt trivial. Zu viel dürft ihr erzählerisch aber nicht erwarten, zumal die guten Seiten auch in diesem Bereich von den teils gravierenden Mängeln überdeckt werden.
Obgleich sich "S.T.A.L.K.E.R. 2" später immer stärker zu einem Open-World-Spiel entwickelt, könnt ihr euch nicht gänzlich frei in der Welt bewegen. Das ändert sich auch nach dem sehr linear angelegten Prolog nur begrenzt. Zum ehemaligen AKW, in dem sich im Jahr 1986 eine nukleare Katastrophe ereignete, oder zur nahe gelegenen Stadt Prypjat mitsamt der bei der Evakuierung zurückgelassenen Auto-Scooter eines damals geplanten Jahrmarkts gelangt ihr normalerweise also erst erheblich später in der mindestens 25 Stunden langen Solokampagne. Lediglich von einem Aussichtspunkt aus dürft ihr bereits nach ein paar wenigen Spielstunden aus der Ferne einen Blick darauf werfen.
Gute Ansätze mit RPG-Anleihen
Obwohl der Story nun etwas mehr Raum eingeräumt wird, ist "S.T.A.L.K.E.R. 2" seinen Vorgängern grundsätzlich ähnlich. Es handelt sich also um einen Genremix, der Elemente aus First-Person-Shootern samt ziemlich coolen Nachladeanimationen, Survival-Horror-Spielen und nicht zuletzt auch RPGs miteinander vermengt. So gibt es zig unterschiedliche Munitionstypen, die nur mit bestimmten Schiessprügeln kombinierbar sind. Da eure Belastungsfähigkeit relativ realistisch daherkommt, könnt ihr aber nur eine stark begrenzte Auswahl an Waffen, Munition und sonstigen Hilfsmitteln mitführen. Denn je stärker ihr belastet seid, desto höher ist euer Ausdauerverbrauch. Tragt ihr mehr, als ihr maximal könnt, kann Held Skif sich nicht mal mehr von der Stelle bewegen.
Ihr müsst zudem regelmässig etwas essen und gelegentlich sogar schlafen, um keine negativen Statuseffekte zu riskieren. Lootet ihr das Inventar eines besiegten Gegners, könnt ihr zwar komfortabel auf Knopfdruck auch alles mitnehmen, solltet allerdings besser eure Tragfähigkeit beachten. Waffen müsst ihr sogar manuell entladen, um nur die Munition mitnehmen zu können. Das ist an sich ein cooles System, auch wenn es am Ende mit seiner Kleinteiligkeit nicht unbedingt den Spielspass fördert. Gleiches gilt für die mitunter ziemlich langen und dabei meist eintönigen und ereignisarmen Laufwege zum nächsten Einsatzort. Denn abseits der Hotspots passiert in der Welt von "S.T.A.L.K.E.R. 2" meist herzlich wenig. Im Wesentlichen seit ihr beim Herumlaufen damit beschäftigt, irgendwelchen Anomalien aus dem Weg zu gehen, die euch bisweilen schweren Schaden zufügen können. Diese kann man aber zumindest bei Tageslicht direkt sehen. Zudem warnt euch das Piepsen eures Geigerzählers, wenn ihr euch einer solchen Anomalie nähert.