Wir sehen es in unserer liebsten Industrie immer wieder: Ein Spiel bzw. ein spezielles Genre hat massiven Erfolg, und ein paar Jahre später gibt es ähnliche Vertreter wie Sand am Meer. Spannend wird es besonders, wenn ein erfolgreiches Grundgerüst genommen wird, die Entwickler aber ihre eigene Kunst drüberstülpen. "Star Overdrive" ist ganz klar von "The Legend of Zelda: Breath of the Wild" inspiriert, versetzt das Ganze aber auf einen ausserirdischen Planeten und gibt dem Protagonisten ein Hoverboard und eine Keytar mit aufs Abenteuer.
Erneut werfen wir einen Blick auf "Star Overdrive", das nun auf noch mehr Plattformen erhältlich ist. Wir haben es uns auf der Xbox Series X angeschaut.
Breath of the Hoverboard
Bios erhält in seinem Raumschiff ein Notfallsignal von seiner geliebten Nous, die vor mehreren Jahren auf dem Planeten Cebete gestrandet ist. Der Held, der er ist, macht sich sofort auf den Weg dorthin, um sie zu retten. Unglücklicherweise geht der Landeanflug schief, und sein Schiff crasht in den Planeten. Glücklicherweise trägt er keine grösseren Wunden davon, und auch seine praktische Keytar hat den Absturz überlebt.

Die Erzählung von “Star Overdrive” ist, abgesehen vom Intro, zum grössten Teil in seinen Sammelobjekten versteckt. Bios gibt ausser einigen Grunzern keinen Ton von sich, und man erfährt mehr über die Welt, wenn man alte Dateneinträge von Nous liest, die überall auf Cebete verteilt sind. Diese wiederum sind vollständig vertont und untermalen die ansonsten stille Spielwelt mit melancholischen Worten. Ist Nous Anfangszeit auf dem neuen Planeten noch voller Neugier, nimmt auch ihre Geschichte eine Wendung.

Wie in der Einleitung schon erwähnt, ist der Einfluss von Spielen wie "The Legend of Zelda: Breath of the Wild" schwer zu übersehen. Aus einer Third-Person-Ansicht steuert man den Protagonisten durch die Spielwelt, vermöbelt Gegner mit seiner Keytar, löst Rätsel und überwindet knifflige Sprungpassagen. Sowohl das Kampfsystem als auch das Platforming gehören nicht zur Spitzenklasse des Genres, sind aber solide genug, dass sie nicht frustrieren. Es braucht jedoch eine gewisse Eingewöhnungszeit, wenn man bereits mit anderen, ähnlichen Spielen Erfahrung hat. Bios lässt sich nicht so geschmeidig steuern wie seine Kolleginnen, und der Einsatz von den Booster-unterstützten Sprüngen und Dashes geht nicht so flüssig von der Hand. Hat man sich aber erst mal an das Gameplay gewöhnt, kann man zum grössten Teil problemlos selbst die härtesten Herausforderungen überstehen.
Tony Hawk im Weltall
Schon früh im ersten Akt des Spiels bekommt man Zugriff auf das futuristische Hoverboard von Nous. Das ist auch bitter nötig, denn die drei verschiedenen Biome von Cebete sind äusserst weitläufig. Dank des Hoverboards fährt man mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über Sanddünen, springt von ihnen dutzende Meter hoch in die Luft, führt Tricks aus und kann bei gelungener Landung mit Booster weiterfahren. Das Geschwindigkeitsgefühl ist exzellent, die Steuerung geht sehr gut von der Hand, und es macht einfach nur Spass, mit Vollgas den Planeten zu erkunden. Dieser ist optisch zwar gelungen, zum grössten Teil allerdings ziemlich leer. Es gibt abgesehen von einigen Sammelobjekten nicht allzu viel zu entdecken. Und Orte, an denen man einen Dungeon oder andere Belohnungen finden kann, sind einfach zu finden. Weil man aber wirklich schnell unterwegs ist, zieht diese leere Welt zum Glück schnell an einem vorbei.

Um in der Story voranzukommen und neue Teile des Planeten zu erreichen, muss man die erwähnten Dungeons mit Erfolg abschliessen. Jedes Gewölbe hat sein eigenes Gimmick oder Thema. Sie sind abwechslungsreich gestaltet, bieten Herausforderungen in Kämpfen, Platforming oder Rätseln und sind in der Regel eigentlich relativ kurz gehalten. Während Kämpfe und Platforming wie gesagt nur zweckdienlich ausfallen, machen die Rätsel-Dungeons deutlich mehr Spass. Immer wieder wird man mit einer neuen Mechanik konfrontiert, die man in sukzessiv komplexeren Puzzles einsetzen muss. Die Rätsel sind logisch aufgebaut, und herauszufinden, was zu tun ist, fühlt sich gut an. Im Laufe der Dungeons nutzt man zusätzlich die freischaltbaren Skills von Bios, etwa einen Fernkampfangriff, mit dem man auch Schalter betätigen kann, oder einen Gravitationshandschuh, mit dem man Gegner und schwere Objekte aufheben kann.
Weil Spiele ein Crafting- und Levelsystem haben müssen
Für den Abschluss eines Dungeons gibt es ausserdem einen Punkt, den man in seine Fähigkeiten investieren kann, und obwohl einige aktive Fertigkeiten vorhanden sind, die man dort verbessern kann, nutzt man die meisten Verbesserungen, um seine Werte wie Gesundheit und Batterien zu erhöhen. Deutlich interessanter und spannender sind die Bosskämpfe am Ende jedes Gebiets. So kämpft man im ersten Gebiet gegen einen riesigen Sandwurm, den man mit seinem Skill packen kann, wodurch man von ihm mitgezogen wird. Man weicht auf dem Hoverboard Hindernissen in der Spielwelt aus, während man ihn unter Beschuss nimmt. Hat man seinen Schild zerstört, geht er zu Boden, und man prügelt auf ihn ein. Wie der Rest des Gameplays ist das im Grunde genommen sehr simpel, allerdings dennoch spassig und cool gemacht.

Noch aufgesetzter wirkt hingegen das Crafting-System, mit dem man sein Hoverboard verbessern kann. Von ausserirdischen Pflanzen und Kreaturen, aber auch als Belohnung in Truhen erhält man jede Menge Material, das man in verbesserte Teile des Boards investieren kann. Das System ist dabei jedoch unnötig kompliziert, und während man die Illusion hat, sein Board ganz nach seinem eigenen Geschmack (etwa mit höherem Topspeed, aber schlechterer Kurvenlage) gestalten zu können, sieht es in der Tat dann nicht ganz so aus. Stattdessen baut man am besten die Teile mit den allgemein höchsten Werten ein. Zusätzlich kann man verschiedene Lackierungen freischalten und anwenden, die einen kleinen Werte-Bonus bieten, solange sie noch nicht zu arg verkratzt sind.
Fazit

Mit dem Hoverboard über einen schönen und einsamen Alien-Planeten zu fetzen, während man einem atmosphärischen Soundtrack lauscht, macht unglaublich viel Spass, fühlt sich toll an und wird nie langweilig. Der Rest von “Star Overdrive” kann damit leider nicht ganz mithalten. Die meisten Elemente des Gameplays wie die Kämpfe oder das Platforming sind nicht schlecht, können einen allerdings niemals auch nur annähernd vom Hocker hauen. Crafting und Leveling fühlen sich nur sehr oberflächlich an. Lässt man sich auf die Geschichte und die Welt ein, kann man trotzdem eine gute Zeit mit dem Titel haben.