Videogames, die in Teilen "Dark Souls" nacheifern, kommen (fast) immer ziemlich düster daher. Im kommenden Action-RPG des Berliner Studios Point Blank Games ist das anders. Hier gibt es die Nahkampf-lastigen Duellkämpfe im knallbunten Comiclook und auch sonst einige Merkmale, die das Spiel angenehm vom Vorbild abheben.
Zugegeben: Bedrohlich wirkt die Spielwelt in "Stray Blade" auf den ersten Blick nicht. Denn im verwunschenen Tal von Acrea laufen wir über saftig grüne Wiesen, durch Wälder, hinter deren Bonbon-Look man nichts Böses erwarten würde, und selbst die feindlich gesinnten Ritter lassen uns in ihren Liebesherz-roten Rüstungen nicht unbedingt in eine Schockstarre verfallen. Aber ein Ort für Pazifisten ist Acrea deshalb noch lange nicht. Denn wer in den Schwertkämpfen nicht gezielt ausweicht und leichte und schwere Hiebe platziert, liegt rasch am Boden - und sieht nach der Wiederbelebung ähnlich wie in "Dark Souls" praktisch alle Gegner wieder zu neuem Leben erwacht. "Stray Blade" sieht mit seiner Cel-shading-Grafik aber nicht nur anders aus als ein typisches Soulslike, es bringt auch einige ganz eigene Ideen und Ansätze mit, die uns die Verwendung des negativ konnotierten Begriffs "Klon" verbieten. Während unserer Hands-on-Session verwendet der Produktmanager etwa immer wieder den Begriff Metroidvania. Was es damit und mit dem Spiel insgesamt auf sich hat, erfahrt ihr im Folgenden.
Spassige Singleplayer-Action
In "Stray Blade" übernehmt ihr die Rolle eines ritterlichen Helden (oder einer ritterlichen Heldin), der sich mit Schwert, Lanze oder zig anderen Waffentypen einen Weg durch die Spielwelt Acrea bahnt. Die besteht aus drei klimatisch und architektonisch unterschiedlichen Regionen, die ihr wohl auf dem Weg zum Ende in mehr oder weniger freier Reihenfolge besuchen werdet - dazu später mehr. Immer im Schlepptau habt ihr den Charakter Boji, den die Entwickler als Xhinnon-Wolf bezeichnen. Wir wissen nicht, was das genau sein soll, aber Boji, der unserem Helden ungefähr bis zur Hüfte reicht, sieht am ehesten wie die befellte Version eines Gremlins aus. Das sprachbegabte Vieh dient verschiedenen Zwecken: Boji ist es, der euch an den Rücksetzpunkten wiederbelebt. Zudem könnt ihr über einen gesonderten Skilltree auch für ihn verschiedene Kampffertigkeiten aktivieren, die ihr dann manuell auf Knopfdruck auslöst. Die richten nicht unbedingt viel Schaden an, helfen aber dabei, etwa die Ausdauerleiste der Feinde schneller zu leeren. Gelingt euch dies nämlich, was in unserer Anspielversion selbst bei stärkeren Feinden fast schon zu leicht durch eine Reihe schneller Schwerhiebe möglich ist, werden eure Widersacher sozusagen gestunnt, und ihr dürft einen besonders mächtigen Finisher ausführen. Der bringt zwar nicht alle Feinde automatisch zur Strecke, kostet aber auch den zäheren unter ihnen ziemlich grosse Mengen an Trefferpunkten.
Die Kämpfe selbst sind, von Bojis Skills abgesehen, stark auf kurze Distanz ausgelegt. Es gibt also keine Fernkampfwaffen wie Bögen. In Bezug auf die leichten und schweren Angriffe sowie aufgeladene Attacken ähnelt das System sehr dem von From-Software-Titeln. Allerdings habt ihr in "Stray Blade" keine direkte Möglichkeit zum Blocken, wohl auch nicht, wenn ihr Kurzschwert und Schild ausgerüstet habt. Hier steht also das Ausweichen im Zentrum, wobei ihr mit einer im richtigen Moment ausgelösten Parade Angriffe entsprechend mit einem mächtigen Gegenschlag kontern könnt. Im Zweifel ist das mitsamt Schild etwas zu leicht. Das Zeitfenster dafür ist allerdings generell sehr knapp bemessen, birgt also ein grösseres Risiko, falls ihr den Zeitpunkt verpasst. Als schwierig empfanden wir die bisherigen Kämpfe nicht. Das lag allerdings auch daran, dass der Schwierigkeitsgrad der Demo bewusst niedrig von den Entwicklern gewählt war. Spass hatten wir in den Kämpfen allerdings in jedem Fall. Tempo, Animationen und Wuchtigkeit passen. Schade eigentlich nur, dass lediglich an Runen geknüpfte Spezialattacken etwa Sprunghiebe erlauben. Wer also normal in die Luft springt (oder von einem höheren Punkt auf einen Gegner), führt bei ausgeführtem Schlag während der Airtime nicht etwa einen Groundsmash oder Ähnliches aus. Ein bisschen zurückhaltend müssen wir auch sein, da wir uns in der Demo fast nur normalen Gegnern und noch keinem der richtig grossen Brocken entgegenstellen durften. Einzige Ausnahme war eine Riesenspinne, die wir in ihrem Nest auf relativ engem Terrain bekämpfen mussten - die Höhle notfalls aber auch nach dem Start des Kampfes wieder verlassen konnten. Grösste Schwierigkeit in diesem Bossfight: die vielen kleinen Minispinnen, die parallel attackierten. Aber wie hart oder (wie in unserer Demo eher leicht) der Kampf am Ende wird, lässt sich aufgrund des niedrig angesetzten Schwierigkeitsgrads einfach nicht sagen. Hilfe von aussen gibt es in jedem Fall keine, denn "Stray Blade" ist ein reines Singleplayer-Spiel - von einer Koop-Variante oder Ähnlichem ist uns nichts bekannt. Als Spielzeit gibt Publisher 505 Games grob 20 Stunden als Minimum an, wobei Komplettierer auch mit deutlich mehr rechnen können sollen.
Fortschritt mit Metroidvania-Anleihen
Wir hatten den Begriff Metroidvania eingangs ja bereits erwähnt. Macht euch aber keine allzu grossen Hoffnungen, dass "Stray Blade" dabei flächendeckend typische Features der sogenannten Spielegattung aufgreift. Aber Ansätze davon gibt es zumindest. Um eine der drei Regionen abzuschliessen, gilt es unter anderem, zunächst einen Regionsboss zu besiegen, der euch ein, wie die Macher es nennen, Metroidvania-Objekt hinterlässt. Also wohl tatsächlich eine Art Gadget, ohne das ihr zum Beispiel einen Abgrund in den nächsten Abschnitt einer Region, in der dann irgendwann einer der drei echten Regionsbosse wartet, nicht überwinden könntet. Wirklich Metroidvania ist das für uns nicht. In einem anderen Punkt ist "Stray Blade" jedoch schon etwas näher dran. Zwar verändert sich nach dem Ableben nicht die Architektur oder besser gesagt die Konstellation der Gebiete, wohl aber die der Gegner. So haben die Feinde dann auch mal ein Lager in der Nähe aufgeschlagen, das vor eurem Tod nicht dort war. Es wird also nicht einfach nur jeder normale Feind wiederbelebt, denn ihr trefft gelegentlich auf andere oder zumindest mehr Widersacher im selben Gebiet. Dass dabei offenbar die Tageszeit wechselt, mag jetzt spielmechanisch ebenfalls keinen riesigen Unterschied machen, wohl aber atmosphärisch.
Der bis zur Wiederbelebung erzielte Fortschritt geht allerdings nicht flöten, also auch keine durch Kills erzielte Erfahrungspunkte. Hier greift also ebenfalls kein typisches Soulslike-Feature. Anders läuft es obendrein beim sonstigen Fortschritt oder bei der Auffrischung von Heil- oder Stärkungsmitteln. Euer Vorrat an Heiltränken ist zwar auf ein (vermutlich steigerbares) Maximum begrenzt. Ihr könnt es innerhalb der Levels aber wieder auffrischen, indem ihr bestimmte Beeren aufsammelt, die mit der Zeit automatisch nachwachsen. Auch bei Waffen und Skills läuft es anders. Ihr braucht zwar eine bestimmte Ressource, um die Prügel zu verbessern, zusätzlich greift jedoch eine Art Learning-by-doing-Prinzip. Das funktioniert nicht so wie in "The Elder Scrolls", dass sich einfach so durch Nutzung der Umgang etwa mit einem Zweihänder oder Kriegshammer verbessert. Aber durch die Verwendung legt ihr den Grundstein dafür, mit der genannten Ressource überhaupt eine Verbesserung an Schmiedepunkten durchführen zu können. Ausserdem braucht ihr bestimmte Rezepte beziehungsweise Blaupausen für die Herstellung an sich. Charakterverbesserungen sind darüber hinaus durch neue Rüstungen respektive Rüstungsteile möglich, die euch entsprechend passiv mehr Schutz gewähren. Und dann wäre da noch das Runensystem, über das wir euch aktuell aber noch nicht allzu viel erzählen können.
Ausblick
"Stray Blade" hinterlässt bei uns einen sehr ordentlichen Eindruck. Die Kämpfe machen uns Spass, der Look ist zwar nicht unbedingt besonders eigenständig, aber stimmig. Das Charaktersystem wirkt motivierend, und wir hätten gern noch ein paar mehr als nur 2 der insgesamt 30 Waffen im Spiel ausprobieren wollen. Das Game ist zudem eigenständig genug, um den Begriff "Souls"-Klon vermeiden zu können, wenn auch in vielen Bereichen nahe genug dran, um ihn dennoch bemühen zu können. Viel wird da auf die Bossfights ankommen, auf die anhand der Demo noch nicht einschätzbare Spielbalance und darauf, wie stark sich die einzelnen Regionen am Ende tatsächlich voneinander unterscheiden. Denn der genutzte Cel-shading-Look bringt immer die Gefahr mit, dass letztlich doch das Meiste ziemlich gleich aussieht. Deshalb bleiben wir trotz der insgesamt positiven Eindrücke vorsichtig optimistisch, freuen uns allerdings auf weitere Eindrücke. Spätestens mit der angekündigten Closed Beta auf PC werden wir euch mehr dazu sagen können, ob Vorfreude auf den rein digitalen Launch im kommenden Jahr angebracht ist.
Ersteindruck: Befriedigend