Vanquish - Retro-Special

Der vergessene Platinum-Kracher

Artikel Video Retro Game Level 1-1

PlatinumGames ist das Studio, das uns Spiele geliefert hat wie "Bayonetta", "NieR: Automata" oder "Metal Gear Rising: Revengeance". Ein Titel wird aber gern in ihrem Katalog übersehen, obwohl er 2017 auf dem PC neu und aufgehübscht erschienen ist und 2020 in einer 10-Jahres Edition gemeinsam mit "Bayonetta" neu veröffentlicht wurde. Die Rede ist von "Vanquish", dem Konsolen-Actionkracher aus dem Jahr 2010, der unter der Leitung von "Resident Evil" Veteran Shinji Mikami entstand. "Vanquish" wurde von der Presse gut aufgenommen, gewann sogar einige Preise und verkaufte sich ordentlich. Doch heute redet kaum noch jemand davon. Inhaltlich mag das Game wenig bieten, doch spielerisch hat es so einige Überraschungen auf Lager. Warum es sich auch heute noch lohnt, einen Blick darauf zu werfen, erfahrt ihr in den nachfolgenden Zeilen.

Die verworrene und offene Geschichte

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Einen Blumentopf gewinnt die Geschichte rund um den DARPA-Agenten Sam Gideon nicht (DARPA steht für "Defense Advanced Research Projects Agency"). Dieser wird nämlich zusammen mit dem Militär entsandt, den Orden des russischen Sterns aufzuhalten, der eine Kolonie samt Raumstation der Amerikaner übernommen hat und mithilfe der Solarenergie San Francisco zerstörte. Während der rund achtstündigen Kampagne schiesst man sich durch die besagte Station, um letztlich den vermeintlichen russischen Bösewicht zu schnappen. Dabei deckt man natürlich ein grösseres Komplott auf, das erst in einem Nachfolger eine wirkliche Rolle spielt. Dieser Nachfolger ist aber leider nie erschienen, und so sitzt man am Ende des Tages etwas unbefriedigt vor dem Bildschirm. Um diesen Frust zu unterdrücken, wird sofort wieder der Startknopf gedrückt, damit man einen neuen Highscore aufstellen kann. Denn die Stärke des Spiels liegt nicht in seiner Handlung, sondern in seiner Action.

Style over Substance

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In erster Linie ist "Vanquish" ein geradliniger Third-Person-Shooter. Man sucht Deckung und versucht sich mittels diverser Waffen zu behaupten. Die schlauchartigen Levels lassen nicht viel Platz für aussergewöhnliche Abzweigungen oder spielerische Herausforderungen. Darauf legt das Game jedoch ohnehin keinen Wert, stattdessen soll man die Gegner möglichst stylish über den Jordan befördern und dabei natürlich selbst nicht ins Gras beissen. Wie man das macht? Mithilfe von Sams Superanzug, der einen nicht nur blitzschnell über den Boden flitzen lässt, sondern auch durch spezielle Ausweichmanöver die Zeit verlangsamt. Kleines Beispiel gefällig? Sam sitzt hinter einer Deckung und checkt die Lage. Während er über die kleine Mauer springt, setzt er die Zeitlupe ein, um den Feind vor sich zu erledigen. Kaum auf dem Boden angekommen, nutzt er seinen Raketenantrieb, um schnell über den Boden zu gleiten. Beim nächsten Widersacher angekommen, tritt er ihn mit voller Wucht und führt in der Luft einen Rückwärtssalto aus, was abermals die Zeitlupe aktiviert. Schnell dreht er sich nach links, um zwei weitere Gegner zu erledigen. Da die Power des Anzugs zur Neige geht, rollt er sich sofort in Deckung, um die Batterien wieder aufzuladen. Währenddessen wirft er eine Granate in die Menge. Bereits Sekunden später ist der Anzug wieder einsatzbereit, und so düst Sam erneut auf das Schlachtfeld hinaus.

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Anfangs muss man sich an die Tatsache gewöhnen, dass die Zeitlupe nicht einfach auf Knopfdruck aktiviert werden kann, sondern dass daran immer Bedingungen geknüpft sind. Beispielsweise kann sie nach einer Ausweichrolle aktiviert werden - oder wenn man über eine Deckung springt. Ebenso wird sie aktiviert, wenn der Lebensbalken niedrig ist oder man sich gerade in der Luft befindet. Das mag zunächst zu Fingerverknotungen führen, geht einem aber nach einiger Zeit in Fleisch und Blut über. Mit einem Auge auf der Hitzeanzeige des Anzugs und mit dem anderen auf den Gegnern, flitzt man schon bald munter durch die Massen und vollführt einige coole Aktionen. Dennoch wird man immer wieder ins Gras beissen, da die Feinde ordentlich Schaden produzieren. Unvorsichtige Spieler sterben schneller, als ihnen lieb ist. Und so wird man doch öfter gezwungen, in der Deckung zu verharren, was ein wenig den Spielfluss ausbremst. Beherrscht man das Game jedoch auf Expertenniveau, muss man sich um solche Kleinigkeiten nicht mehr kümmern. Absolute Profis können einen Spielfluss entwickeln, der nicht mehr zu bremsen ist. Dies muss zwangsläufig in den Zusatzherausforderungen erreicht werden, die einem sonst ordentlich den Hintern versohlen!

Das Waffenarsenal

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Für noch mehr Abwechslung im Kampf sorgen die unterschiedlichen Waffen, die Science-Fiction-typisch stellenweise auch etwas spezieller sein dürfen. Anfangs muss man sich noch mit Schrotflinten und Maschinengewehren begnügen, während später Laserstrahlwaffen, Raketenwerfer oder panzerbrechende Pistolen ihren Weg ins Arsenal finden. Dabei dürfen immer drei Waffen gleichzeitig und zwei Granatentypen mitgeführt werden. Damit allerdings nicht genug, denn die Waffen können auch aufgewertet werden. So führt das Aufsammeln desselben Waffentyps bei voller Munition dazu, dass der Waffentyp aufgewertet wird. Dies kann ebenso durch Levelobjekte erreicht werden. Somit schiessen eure Lieblingswaffen mit der Zeit noch viel schneller, besitzen eine kürzere Nachladegeschwindigkeit oder können sogar öfter abgefeuert werden. Folglich lohnt es sich, stets zu überlegen, welche Waffe man einsetzen möchte, um durch die Aufwertung die maximale Effektivität aus der Wumme herauszuholen.

Fazit

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"Vanquish" ist ein rasantes Actionspiel, das mit einem abwechslungsreichen und einmaligen Gameplay überzeugen kann. Die Handlung lässt hingegen zu wünschen übrig, und der deutschen Synchronisation fehlt jedwede Lippensynchronität. Wie bei den Spielen von PlatinumGames üblich, lohnt es sich, mehr Zeit in das Game zu investieren als nur ein einmaliges Durchspielen. Denn das wahre Potenzial entfaltet der Titel erst bei der Meisterung des Kampfsystems. Der Mix aus schneller Action und Zeitlupenakrobatik sorgt alsbald für ein Gefühl der Übermacht. Lediglich in den Zusatzherausforderungen wird man wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, da die Wellen an Gegnern und das taktische Einsetzen der Ausrüstung alles andere als leicht sind. Mit seinem hohen Wiederspielwert und den zusätzlichen Herausforderungen kann "Vanquish" jedoch eine ordentliche Spielzeit an den Tag legen. Sollte man sich aber auf einen einmaligen Durchgang konzentrieren, kann der Shooter bereits an einem Nachmittag abgeschlossen werden. Mehr als acht Stunden wird man dann kaum mit der Actionorgie verbringen - ausser man hängt am letzten Bosskampf fest, der etwas knifflig sein kann. Allgemein stellt er allerdings kein Highlight dar, weshalb das Game mit einer etwas unbefriedigenden Note endet. Davor sorgen jedoch rasante Zuglevels und ausufernde Kriegsgefechte für eine Menge Spass. Trotz des grauen Einheitsbreis ist "Vanquish" optisch ansehnlich und soundtechnisch wuchtig. Fans des Entwicklerstudios sollten diesen Titel definitiv nachholen, falls sie ihn bisher verpasst haben. Für Actionfans gilt das Gleiche!

Plattform: PlayStation 3, Xbox 360, PC Entwickler: PlatinumGames Publisher: SEGA Release: EU - 26. Oktober 2010 Genre: Third-Person-Shooter, Action

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