Bevor es wieder warm wird, geht es ins Eis von Alaska. Hier wie bei mindestens einem weiteren unserer Streaming-Tipps braucht man vor allem eines: einen stabilen Magen!
Clarice on the Rocks
Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass sich ein derartiger Kult um diese Serie entwickeln würde? "True Detective" hat mit einer weiteren Ausnahmeserie namens "Fargo" gemeinsam, dass sie stark ihren jeweiligen Schauplätzen verpflichtet ist und sich ganz tief ins US-amerikanische Unterbewusstsein fräst. Dort warten dunkle Kulte (nein, damit ist nicht die MAGA-Bewegung gemeint!) und archaische Dämonen, also eigentlich das personifizierte schlechte Gewissen gegenüber der indigenen Bevölkerung. So direkt wie in "True Detective: Night Country" wurde das bislang aber noch nicht thematisiert. Es geht diesmal nach Alaska, wo wir eine beeindruckend schlecht gelaunte Jodie Foster in der Rolle der Polizistin Liz Danvers antreffen, die sich im Spannungsfeld aus eisiger Kälte, allumfassender Düsternis, Rassismus und Langweile eingerichtet hat. Dass sie die Rolle der resoluten Ermittlerin beherrscht, wissen wir seit "Das Schweigen der Lämmer" von 1991. Hier begegnen wir gewissermassen einer gereiften, desillusionierten Version von Clarice Starling. Ihr indigener Sidekick Evangeline Navarro (Kali Reis) hat mit dem Rest der spärlichen Bevölkerung am Gesäss des Universums eines gemeinsam: Sie kann Danvers nicht ausstehen, was auf herzlicher Gegenseitigkeit beruht.
Ob gewollt oder nicht: Die Handlung kann sich aus den Bezugspunkten "Silence of Lambs" und "The Thing" nur schwer lösen. Die Bleischwere, die auf allem liegt, und die tiefgekühlten Dialoge sorgen dafür, dass das Gesamtwerk durchaus seine Längen hat und die Aufnahmebereitschaft des Publikums mitunter doch stark strapaziert. Ein Meisterwerk der ewigen Düsternis ist "True Detective" gleichwohl, für das "True Detective"-Schöpfer Nic Pizzolatto den Stab an die mexikanische Regisseurin und Produzentin Issa López abgeben musste. Die erntete für ihren Spielfilm "Tigers Are Not Afraid" (2021) jede Menge Lorbeeren, unter anderem von Stephen King, Neil Gaiman und Guillermo del Toro. Und auch hier ist die Atmosphäre, die einen die Verlorenheit und das Eingeschlossensein inmitten der schwarzen Eiswüste, in der sehr, sehr merkwürdige Dinge vorgehen, hautnah spüren lässt, brillant inszeniert. Funfact: Was wir in der Serie sehen, ist nicht Alaska, sondern Island. Aber letztlich ist es ja auch egal, wo man sich den eigenen dunklen Abgründen stellt.
"True Detective: Night Country" (USA 2023), gestreamt auf WOW/Sky