Kolumne: Von AAA bis Indie

Wie uns Games in ihren Bann ziehen

Artikel Beat Küttel

Kategorie 2: Die Mittelklasse

Bis Mitte der 90er-Jahre waren die sogenannten "Mid-Tier"-Entwickler und Publisher noch weit verbreitet, während heutzutage der Graben zwischen AAA und Indie immer grösser wird. Viele inzwischen verschwundene Namen wie Midway, Acclaim oder Accolade waren damals jedem Konsolenzocker ein Begriff und sorgten oft auch ohne riesige Budgets für tolle Unterhaltung. Da aufgrund der deutlich kleineren Budgets natürlich auch weniger Geld fürs Marketing zur Verfügung stand, gerieten viele Spiele schnell in Vergessenheit oder schafften es erst gar nicht ins Bewusstsein der Spieler. Doch findig wie manche Leute in der Videospiel-Industrie schon damals waren, kristallisierten sich schnell zwei gute Wege heraus, um dennoch Eindruck zu machen und es womöglich mit dem neuen Spiel auch auf die Titelblätter der Videospielmagazine zu schaffen: Maskottchen und Blut. Und so grinsten damals des öfteren Charaktere wie Bubsy, Plok oder das Getränke-Maskottchen Cool Spot in Hochglanz aus der Game-Ecke am Kiosk, und sorgten dafür, dass eben auch diese Spiele ihren Platz in den Herzen der Zocker fanden. Und auch wenn nicht sie qualitativ nicht unbedingt immer über alle Zweifel erhaben waren, so hatten sie wenigstens ihren ganz speziellen Charme, den in der heutigen 3D-Welt so viele Game-Veteranen etwas vermissen. Beim anderen genannten Attribut, dem Blut, brauchen gestandene Zocker nicht lange zu überlegen, um auf die Spielereihe zu kommen, die damals reihenweise Skandale auslöste: "Mortal Kombat". Zwar gab es auch schon zuvor (vor allem im Heimcomputer-Sektor) skandalträchtige Spiele, doch "Mortal Kombat" des inzwischen bankrott gegangenen Entwickler Midway war damals der Elternschreck schlechthin. Das Spiel (wie auch einige Sequels) wurden in Deutschland indiziert und sorgten in den USA fast schon im Alleingang dafür, dass gewissermassen zur Besänftigung empörter Eltern und Politiker ein Rating-Organ, namentlich das Entertainment Software Rating Board (ESRB) ins Leben gerufen wurde, welches dort auch heute noch für die Alterseinstufung von Spielen zuständig ist.

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Kurz und gut: die Mittelklasse-Entwickler mussten neben anständiger Qualität ihrer Spiele auch noch etwas besonderes, ausgefallenes oder schockierendes zu bieten haben, um genug Publicity zu erzeugen und die Investitionen wieder zurück in die Kassen zu schwemmen. Eine zeitlang ging es zwar auch ohne grosse Innovation oder Skandale, da man ja auch mit mittelmässigen Verkäufen das Geld bereits wieder reinholen konnte, doch inzwischen ist das "Mittelfeld" immer mehr am Verschwinden. Letztes prominentes Opfer dieses Entwicker- und Publisher-Sterbens war THQ. Eigentlich lange Zeit ein solider Mittelklasse-Publisher mit einigen guten, soliden IPs, die auch durchaus das Potenzial hatten, sich langfristig zu etablieren und zu wachsen. Aber mit einigen fragwürdigen Projekten und kolossalen Fehlschlägen geriet THQ plötzlich in einen Abwärtsstrudel, aus dem man sich nicht mehr befreien konnte. Schade um einige tolle Spielereihen (wie etwa "Darksiders"), deren Zukunft nun völlig ungewiss ist, auch wenn viele Projekte und Franchises zum Glück neue Besitzer fanden. Doch alles hat nun einmal ein Ende, und anstelle der Mittelklasse-Studios drängen sich immer mehr Kandidaten in unserer nächsten Kategorie, die die Gaming-Landschaft extrem bereichern.

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