Troy Baker im Porträt

"Die Spielebranche hat sich revolutioniert, aber es gibt noch immer zu wenig starke Frauenrollen"

Interview Benjamin Kratsch

„Die Welt spielt sich in deinem Kopf ab“

„Theatre of Mind“ ist eine häufige Wortkonstellation, die Troy Baker gerne benutzt. Er meint damit die Vorstellungskraft, das Theater im Kopf. „Das wichtigste was du an der Schauspielschule lernst, ist dich in eine Rolle hineinzuversetzen. Das ist der Grund, warum Oskar-Gewinner sich mitunter in Nervenheilanstalten einweisen lassen oder drastisch abmagern, einfach um sich auf den Charakter voll einzustellen und praktisch er zu werden.“ Er müsse sich also immer die Frage stellen, was würde Joel in „The Last of Us“ jetzt tun. Oder Booker de Witt in „BioShock: Infinite“.

„Und vor allem musst du dich fragen, was würde er nicht tun. Was passt nicht zu ihm. Wobei auch das natürlich ein starkes Storytelling-Werkzeug sein kann, denn wenn du etwas tust, was keiner erwartet, änderst du die Wahrnehmung deines Charakters für den Spieler.“ Studios versuchten sich darauf einzustellen, doch häufig sei das Spiel noch in einer sehr frühen Phase. „Nehmen wir beispielsweise jene Szene, wo Joel und Ellie das erste Mal auf Sarah reffen. Sie haben uns Skizzen gemalt, wie das Haus aussehen soll, damit wir uns beim Performance Capturing die Räume ungefähr vorstellen konnten.

Das war glaube ich vor allem für Annie (Anm. d. Red.: Annie Wersching, spielte FBI Agent Renee Walker in 24 Staffel 8) super spannend, weil sie vorher ein Jahr an einem komplett ausgestatteten Multi-Millionen-Dollar teuren Set des Weissen Hauses oder der FBI-Zentrale von "24“ gearbeitet hatte“, erinnert sich Troy. "Aber so etwas macht dich als Schauspieler/in total an, weil es etwas Neues ist, eine frische Herausforderung. Für mich hingegen war vor allem die letzte Szene mit Sarah schauspielerisch extrem anspruchsvoll. ACHTUNG SPOILER: „Ich rede von jener Szene, als Sarah - meine Tochter im Spiel - stirbt. Joel war zu diesem Zeitpunkt quasi ein echter Mensch für mich geworden, Sarah genau so. Entsprechend emotional hat uns das alle mitgenommen, da sind hinterher sogar einige Tränen geflossen.“ Das wichtigste für mich persönlich ist aber eigentlich, das wir mittlerweile an einem Punkt angekommen sind, wo wir weibliche Rollen nicht mehr aus Marketingzwecken oder sexualisierten Gründen im Drehbuch haben, sondern sie wirklich starke Rollen spielen. Ich finde das hat sich gebessert, aber es gibt noch immer zu wenige exzellente Frauenrollen."

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