Forspoken - Test / Review

Trotz guter Ansätze stolpert Luminous Productions über den eigenen hohen Anspruch

Test Steffen Haubner getestet auf PlayStation 5

Von einer trostlosen Existenz am Rande der Gesellschaft zu einer vor magischer Energie nur so strotzenden Heldin. Von den düsteren Seiten New Yorks in eine fantastische Fantasy-Welt voller Magie und Fabelwesen. Jugendlicher Leichtsinn und Kaltschnäuzigkeit in einer Geschichte voller Pathos und wundersamer Gestalten. "Forspoken" ist ein Game der Kontraste und mit dem gleich zu Anfang aufgerufenen literarischen Vorbild "Alice im Wunderland" verwandt. Die Story des Findelkindes Frey Holland, einer vom Pech verfolgten 20-jährigen Gelegenheitsdiebin, deren grosses Herz für Katzen nur von ihrer grossen Klappe übertroffen wird, ist ein modernes Märchen wie vom Reissbrett. Frey findet sich - warum genau, wissen wir anfangs nicht - im Reich Athia wieder, das von vier mächtigen bösen Hexen, den Tantas, unterjocht und von allerlei mutierten Zweibeinern und anderen gefährlichen Wesen bevölkert wird. Sie selbst ist gewissermassen Geisel eines sprechenden Armreifs, der gern "Armberge" genannt werden möchte und ihr übernatürliche - was immer das in einer solchen Welt heissen mag - Kräfte verleiht. Gleichzeitig erwarten er und die leidgeplagten Athianer von ihr, dass sie die alte, durch eine nur "Der Bruch" genannte magische Apokalypse zerstörte Ordnung wiederherstellt.

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Ungleicher Kampf: Entscheidend ist, die Schwachstellen des Gegners zu kennen und auszunutzen.

Die Geschichte lebt vor allem von den launigen Wortgeplänkeln zwischen Frey und "Mr. Armberge". Das hat mitunter durchaus Witz, läuft sich aber im Verlauf mehrerer Stunden irgendwann tot. In der deutschen Synchro muss man zudem über einige potenzielle Fremdschammomente, verursacht durch den eher Boomer-artigen Jugendsprech, hinwegsehen. "Schuhe" sind hier grundsätzlich "Treter", statt "egal" sagt Frey "gehupft wie gesprungen" und dergleichen mehr. Vor allem aber ist die Geschichte unfassbar hüftsteif erzählt, manche Passagen wie die in der Hauptstadt Cipal, die zugleich unser Basislager ist, sind sogar richtig quälend und voller Ungereimtheiten. Das geht schon gleich damit los, dass wir bei Nacht und Nebel aus dem Gefängnis ausbrechen, das hier natürlich "Knast" heisst, um kurz darauf, nur weil wir die Jeans gegen ein landesübliches Gewand getauscht haben, bei strahlendem Sonnenschein und mit einem beständig labernden Armreif am Handgelenk unbehelligt durch die Stadt wandern.

"Assassin's Creed" auf Speed

Die eingangs angesprochenen inhaltlichen Kontraste setzen sich leider in technischer Hinsicht fort. Da ist zum einen die teilweise durchaus ansehnliche Spielwelt, die auf den ersten Blick Eindruck macht, aber durch ihre seltsame Leblosigkeit konterkariert wird. Hier stechen vor allem die sehenswerten "versteckten Labyrinthe" hervor, die es optional zu erkunden und von Untieren zu befreien gilt, was wirklich Spass macht und dazu dient, an Freys Skills und Ausrüstung zu feilen - das ist angesichts einer recht steilen Lernkurve übrigens auch dringend zu empfehlen. Ansonsten ist die Landschaft vor allem eine blosse Auslauffläche für Frey, die sich dank eines Bewegungssystems namens "magischer Parkour" rasend schnell und über lange Distanzen und alle Hindernisse hinwegbewegen kann. Der Parkour gehört zu den Highlights des Spiels und wirkt ein bisschen wie "Assassin's Creed" auf Speed.

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Das Parkour-System ist rasant und macht einiges her.

Leider wird man auch hier immer wieder ausgebremst. Nach jedem Kampf und jeder Actionsequenz bleibt Frey erst einmal sekundenlang wie angewurzelt stehen und reagiert nicht auf die Bewegung des Steuersticks. Auch während Dialogen wird unsere Heldin zuverlässig am Boden festgetackert, sodass wir immer mal wieder eine bis drei Minuten Gelaber über uns ergehen lassen müssen, ohne uns dabei wenigstens mal die Beine vertreten zu können. Was hat die Entwickler hier geritten? Etwa die Sorge, dass wir einen brillanten Dialog verpassen könnten, weil wir nebenbei schon mal die nähere Umgebung in Augenschein nehmen? Okay, das sind immer nur Momente, aber sie tragen durchaus zu dem fatalen Gesamteindruck bei, dass man nie ganz die Kontrolle über Frey bekommt. So dauert es mehr als zwei Stunden, bis man überhaupt einmal richtig von der Leine gelassen wird. Davor ploppt, kaum dass man mal zwei selbstständige Schritte tut, ständig irgendein erklärendes Fenster auf, oder man wird zurückgepfiffen, weil man sich zu weit vom Ort des Geschehens entfernt hat.

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