Die GAMES.CH-Kolumne #02-2022: N64 auf der NSW: Meine Rettung in der Not

Warum mir die Switch-Erweiterung besonders beim Reisen gefällt

Artikel Video Hans Diemer

Vertrautes neu entdecken

Das Nintendo 64 hat mich im Alter zwischen etwa neun und zwölf Jahren sehr geprägt und war fester Bestandteil meines Alltags, der neben Schule und einigen Hausaufgaben hauptsächlich aus Freizeit bestand. Noch nicht mit den mehr oder weniger dramatischen Sorgen der Pubertät konfrontiert, war dieser Lebensabschnitt für mich weitestgehend unbeschwert.

Diese Sorglosigkeit ist bei mir so tief im Unterbewusstsein verankert und mit den Spielen von damals verbunden, dass ich sie beim Ausleben meiner Nostalgie zumindest teilweise simulieren kann. Das kommt mir in meiner derzeitigen Reise-Unbeständigkeit sehr zugute und bietet mir einen Rückzugsort - nicht nur in andere, sondern in tief vertraute Welten.

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In den unsicheren Zeiten von Corona dürfte ich nicht der Einzige gewesen sein, der sich aus diesem Grund besonders über die N64-Erweiterung auf der Switch gefreut hatte.

Doch da ist mehr. Ich bin älter geworden. Trotz immer noch wohliger Gefühle beim Spielen betrachte ich die N64-Klassiker meiner Kindheit nun aus neuer Perspektive - sowohl aus der eines Erwachsenen als auch aus der eines Reisenden.

Das ist mir am stärksten bei den beiden "Zelda"-Spielen aufgefallen. Damals diente mir vor allem das Heldentum von Link als Vorbild, möglichst mutig und anderen helfend durch die Welt zu schreiten. Heute identifiziere ich mich auch mit den NPCs und ihren Problemen.

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Insbesondere "Majora's Mask" ist voll von dramatischen Geschichten, die ich als Kind nicht als solche wahrnahm, die mir heute als Erwachsenen aber das Herz zerreissen. Da ist beispielsweise das Mädchen Pamela, das scheinbar allein im gefährlichen Ikana-Canyon lebt. Es stellt sich heraus, dass sich ihr Vater in einen blindwütigen Gibdo verwandelt hat, den sie im Schrank versteckt und gleichzeitig versorgt. Selbstverständlich werden beide von Link gerettet. Aber die rührende Versöhnung der beiden ging mir erstaunlich nahe - während mich die Szene als Kind recht kaltliess.

Es sind hauptsächlich zeitlose Fragen nach Verantwortung, Vergebung, Lebenssinn und Loslassen, die sehr subtil in die NPCs der N64-"Zelda"-Spiele geschrieben wurden und mich heute besonders ansprechen. Das mag daran liegen, dass meine Reise auch meiner Selbstfindung dient und ich entweder Antworten zu diesen Themen suche oder möglicherweise unterbewusst vor ihnen weglaufe.

Auch rein technisch entdecke ich die Nintendo-Klassiker neu. Als Kind war ich durch den Zeitdruck beispielsweise kein grosser Fan von "Majora's Mask". Die neue Speicherfunktion durch den Emulator nimmt sehr viel von diesem Druck und lässt mich das Epos stärker geniessen und auch mehr ausprobieren.

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Andererseits bewahren mich das Schnellspeichern und -laden vor Frustmomenten, zum Beispiel in "Lylat Wars". Um etwa Sektor Z zu erreichen, muss auf dem Planeten davor jeder Scheinwerfer zerstört werden. Ein kleiner Fehler oder eine kurze Unachtsamkeit bedeutet, das Spiel von vorn anfangen zu müssen. Dank Speicherfunktion kann ich mir diese Spielzeit nun ersparen, wenn mir der Sinn eher nach Erinnerung statt Herausforderung steht.

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