AppleTV+: Mythic Quest - Raven’s Banquet - Special

Wie cool kann eine Schaufel sein?

Artikel Video Steffen Haubner

Mit Schnaps und Meetings gegen Nazis

Screenshot

"Gimme a break, man!" Producer David nervt mal wieder das Team.

Wichtigster Verbündeter Grimms ist der in die Jahre gekommene Autor C. W. Longbottom, der in einem stilechten 1970er-Jahre-Büro hockt und dort offenbar auch längst wohnt, was ebenso wie sein ständiger Alkoholkonsum ein offenes Geheimnis ist. Mit F. Murray Abraham haben die Produzenten für diese Rolle einen waschechten Oscar-Preisträger verpflichtet. Er erhielt ihn 1985 für seine Darstellung des intriganten Mozart-Rivalen Antonio Salieri in Milos Formans "Amadeus" und ist seitdem vor allem auf die Rolle von Bösewichten abonniert. Für "Mythic Quest" ist er ein wahrer Glücksgriff. So wie diesen stets mit hochtrabenden Vorträgen und angestaubtem Pathos auftretenden Charakterkopf hat man sich die Verfasser mythologisch-verschwurbelter Fantasy-Plots, die vermutlich nicht mal sie selbst ganz verstehen, schon immer vorgestellt. Entsprechend ist Longbottom mit einem Preis für seine Arbeit dekoriert, der den unschlagbar treffenden Namen "Nebula Award" trägt. (Ab sofort werden wir bei jedem schwülstigen Intro um sagenumwobene Reiche und finstere Mächte an Mr. Longbottom denken müssen!)

Screenshot

"Wie sagen wir den Leuten, dass wir keinerlei Idee haben, wer der geheimnisvolle maskierte Ritter wirklich ist?" Grimm und Longbottom bei der Arbeit

Auch nach der Veröffentlichung reisst der Stress für die "Mythic Quest"-Truppe nicht ab. Was ist beispielsweise zu tun, wenn sich in der schönen neuen Online-Spielewelt plötzlich Nazis breitmachen? Soll man sie ausschliessen? Ein Community-Event im Zeichen von Love and Peace veranstalten (keine gute Idee übrigens)? Oder den militanten Schwachköpfen stattdessen neuen, ihren hirnfreien Bedürfnissen angepassten Content liefern, mit dem sie sich beschäftigen können, um andere Spieler fortan in Ruhe zu lassen? Wie geht man mit Minderheiten um? Und was genau ist überhaupt eine Minderheit? Ist es politisch korrekt, eine Minderheit Minderheit zu nennen? Zum Glück gibt es für all das ein geeignetes Instrument: Meetings. Hier kann endlich jeder zur Sprache bringen, was ihm auf der Seele brennt, und wenn am Ende auch noch der Letzte ins Wachkoma gefallen ist, ohne dass eine einzige Frage auch nur ansatzweise geklärt ist, kann man beruhigt nach Hause gehen. Morgen ist schliesslich auch noch ein Tag.

Kommentare

Apple TV Artikel