Das heisst, die riesige Übersichtstabelle, in der alle diese Wege verzeichnet sind, wird der Spieler auch nie zu Gesicht bekommen? Und wo befindet sich diese Übersicht eigentlich? Bei dir im Büro?
Tatsächlich gibt es die gar nicht, weil sie unmöglich darzustellen wäre. Sie wäre gar nicht mehr lesbar. Es gibt Versuche, das für einzelne Quests zu machen. Aber diese sehen schon aus wie ein Topf voller Spaghetti. Für das ganze Spiel könnte man das nicht mehr darstellen. Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass die Questdesigner regelmässig miteinander sprechen. Unser Lead-Questdesigner Pavel sagt immer: Klar, Questdesigner müssen kreativ sein. Aber sie müssen auch grosse Bürokraten sein, weil man eben alles irgendwie organisieren muss.
In "Detroit: Become Human" von Entwickler Quantic Dream bekommt man ja eine Art Diagramm und hat nach dem Durchspielen die Möglichkeit, an bestimmten Stellen noch mal ins Spiel einzusteigen. Stand ein solches Feature bei euch mal zur Diskussion? Oder ist "Cyberpunk 2077" dafür viel zu komplex?
Ja genau, Letzteres ist bei uns genau das Problem. Wir haben Wahlmöglichkeiten auf dem Level von "Detroit: Become Human". Aber dann haben wir eben noch deutlich mehr Ebenen, die hinzukommen. Etwa die Gameplay-Ebene, also dass wir schleichen können, dass wir Herausforderungen auf verschiedene Arten lösen können. Oder dass Quests auch in verschiedener Reihenfolge erledigt werden können. Beispielsweise kann ich zwei Quests nehmen, die den gleichen Charakter haben, und je nachdem, welche wir zuerst machen, hat dies dann Einfluss auf die zweite Quest. Wir haben sogar Sidequests, die den Fluss der Hauptquest komplett ändern können. Unser Spiel ist so komplex, dass sich die Entscheidungsmöglichkeiten für den Spieler gar nicht vernünftig darstellen lassen. Damit ein Diagramm wie in "Detroit: Become Human" funktioniert, hätten wir ganz viele Wahlmöglichkeiten weglassen bzw. ignorieren müssen.